17.57

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Liebe Zuschauerinnen und liebe Zuschauer! Bei allem Respekt, Herr Bundes­minister, das war schon patzweich – ich formuliere es hochdeutsch: patzweich –, was Sie hier gesagt haben! Wenn ich es richtig aufgeschrieben habe: Das Zurückdrängen der Parteipolitik ist so schwierig! – Meinen Sie das wirklich ernst? (Beifall bei den NEOS.)

Sie hätten sagen können: Ich will die Parteipolitik nicht zurückdrängen! Oder Sie hätten sagen können: Was soll ich sagen, meine Damen und Herren, ich erlebe es ja selber im Ministerium?! Die setzen mir da die Türkisen rein, die haben mir Leute ins Kabinett gesetzt, habe ich mir nicht aussuchen können! Ja, es ist schwierig! – Wenn Sie es so formulieren, dann glaube ich es Ihnen. (Beifall bei den NEOS.)

Und dann zu Herrn Generalsekretär Netzer: Ich habe ihn gesehen, „Bildungspolitik ist [...] Parteipolitik“, hat er gesagt. – Erklären Sie mir nicht, dass ihm das passiert ist! Alle diese Leute sind perfekt gecoacht bis zum Letzten, die sagen ja keinen Halbsatz mehr, der nicht von einer dieser Kommunikationstrainerinnen oder einem dieser Kom­munikationstrainer vorbereitet wurde. Er hat schon gewusst, was er sagt. Sie haben ei­nen Generalsekretär, der sagt, Bildungspolitik ist Parteipolitik. Damit zerstören Sie nichts, denn es ist ohnehin schon zerstört, aber Sie tun auch nichts dafür, dass es besser wird, und das ist wirklich mehr als bedauerlich. (Beifall bei den NEOS.)

Apropos perfekte Formulierungen, perfekte Inszenierungen: Sie können ja auch zuge­ben, dass da etwas schiefgelaufen ist. Da kommt eine Sozialdemokratin und schreibt ein Buch gegen die Sozialdemokraten. Na gut, bei den Türkisen sind sie ganz aufge­regt gewesen: Das werden wir verwenden, und da werden wir jetzt ein wunderbares Instrument haben, um auf die SPÖ loszugehen! – Das Blöde ist, dass diese Frau mit ihrem Kopf denkt und nicht mit ihrem Parteibuch, aber auch nicht mit Ihrem Parteibuch, und deswegen Dinge aufgeschrieben hat, betreffend die ich Sie schon fragen möchte, was denn daran falsch ist.

Seite 17: „Ob es ehemalige Gewerkschaftskollegen waren oder das Kabinett des Mi­nisters. Wenn man in Österreich politisch tätig ist“ – und dies ist man auch als Leiterin einer Ombudsstelle – „, muss man sich parteipolitisch irgendwo einordnen“ lassen. „Das Schlimmste, was passieren kann, ist, nirgendwo zugehörig zu sein.“

Wissen Sie, warum dieser Satz: „Das Schlimmste, was passieren kann, ist“, nicht da­zuzugehören!, meiner Meinung nach so entscheidend ist? – Es ist einfach so beleidi­gend und entwürdigend für viele gut ausgebildete Menschen in diesem Land, dass sie zu irgendeinem Parteihansl, zu irgendeinem Gewerkschaftssekretär, zu irgendjeman­dem gehen und sagen müssen: Ich habe eine super Ausbildung, habe im Ausland stu­diert, weiß alles Mögliche, aber ich verneige mich, wenn ich bei Ihnen einen Job be­komme! – Wenn wir so weitermachen, dann werden wir dieses Niveau des Wohl­stands, das wir in Österreich noch immer haben, bei Weitem nicht halten können.

Frau Kollegin Maurer sagt, das Bildungssystem sei gar nicht so schlecht. – Na ja, ein Viertel der 15-Jährigen kann nicht sinnerfassend lesen und schreiben. Greta Thunberg hat gesagt, das Haus brennt. – Die Schule brennt, ja! Sie können nicht lesen und schreiben, sie verstehen nicht, worum es geht. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Meinl-Reisinger: ... Bravo!)

Und Sie, was tun Sie? – Sie sagen, man muss den Türkisen beitreten, und dann wird alles wieder gut. Das ist doch das eigentliche Problem. Ich habe es ja selber erlebt. Ich habe es erlebt, als ich im ORF angefangen habe, ich habe es als Journalist erlebt: Freund, Feind – du gehörst zu uns, dann bist du dabei, du gehörst nicht zu uns, dann schau, wo du bleibst! Mit diesem politischen System werden Sie noch mehr zerstören, als Sie in dem Land schon zerstört haben. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Vielleicht noch einen Satz zum Thema Integration: Ich bin kein Experte, aber ich habe im Kurier-Lernhaus doch sehr viel erlebt. Was Frau Wiesinger schreibt, finde ich sehr interessant, und ich weiß, das liest die SPÖ nicht so gerne. Es kommen so viele junge Menschen zu uns, die wahnsinnig gescheit sind, die wahnsinnig wissbegierig sind, um die sich aber keiner kümmert. Es gibt einfach zu wenige Ganztagsschulen, deswegen haben wir das Kurier-Lernhaus aufgebaut, dessen wesentlicher Punkt ist, dass Eltern ihre Kinder bringen, wenn sie ihnen nicht helfen können. In Niederösterreich, sage ich jetzt einmal dazu, haben wir dafür sogar eine Subvention, Geld bekommen, um das aufbauen zu können. Die Gemeinde Wien hat sich immer geweigert, hat gesagt, das sei eine staatliche Aufgabe. – Ja, eh, aber dann macht es bitte! Man hat es aber nicht gemacht, und es geht so viel an Qualität und an Menschlichkeit verloren. Wenn ich in dieses Lernhaus komme und dort Kinder aus der ganzen Welt sehe, die Wienerisch reden, die Deutsch reden, die gescheit sind, die engagiert sind, dann ist das nur ein ganz kleiner Ausschnitt. Es wären so viele mehr, die wir ebenfalls integrieren müssten, einfach indem wir ihnen die Chance geben, zu lernen. Wir tun es nicht, sondern wir schauen, dass die Leute bei der richtigen Partei sind.

Bitte wachen Sie endlich auf! Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

18.02

Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Maria Theresia Niss. – Bitte.