20.01

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminis­ter! Werte Kolleginnen und Kollegen! Im Antrag des Kollegen Norbert Hofer geht es um eine finanzielle Anerkennung vor allem der häuslichen Pflege. Wir alle wissen, dass das Thema Pflege seit vielen Jahren auf der Tagesordnung steht. Ich bin seit 2006 hier im Haus. Im Wahlkampf 2006 war es bereits das ganz große Thema. Damals war es das Thema der sogenannten illegalen Pfleger aus dem Osten. Man hat halt dann mit Tricks versucht, sie zu legalisieren – wir haben sie immer noch. In Wahrheit ist das Thema Pflege aber auch heute noch eine riesengroße Baustelle. Es gibt da mehrere Stellschrauben, an denen gedreht werden muss. (Präsident Hofer übernimmt den Vor­sitz.)

Zum einen bräuchte es dringend eine Ausbildungsoffensive; auch dagegen hat sich die ÖVP in Wahrheit immer gewehrt, sie ist für eine Pflegelehre eingetreten. Die ÖVP hat sich immer mit dem Argument geweigert: Na, die jungen Menschen, das geht alles nicht! – Jetzt plötzlich geht es doch, dass das 15-Jährige in einer Pflegeschule lernen. Also diesen Widerspruch kann ich nicht nachvollziehen, aber sei’s drum.

Jetzt haben wir einen Schulversuch. Jeder gelernte Österreicher weiß natürlich: In Ös­terreich laufen Schulversuche zehn, 15 Jahre, und das war es dann. Damit werden wir aber den Notstand an Pflegekräften auch nicht aufholen können. Wenn jetzt 30 oder 50 junge Menschen Pflege lernen, ist das zwar gut und schön, ich wünsche ihnen allen später viel Freude in ihrem Beruf, aber in Wahrheit werden wir damit in Österreich kei­ne weiten Sprünge machen. Wir wissen, es fehlen Hunderte Pflegekräfte und es wer­den immer mehr, die man braucht. Das ist natürlich auch dem geschuldet, dass wir im­mer älter werden, wir werden auch kränker. Das heißt, es braucht da wirklich viel mehr, dazu sehe ich aber, ehrlich gesagt, nicht viel im Regierungsprogramm.

Das Zweite ist die Finanzierungskomponente. Ich kann mich gut erinnern, es gab im Jahr 2017 Regierungsverhandlungen zwischen der ÖVP und der Freiheitlichen Partei. Damals kam vor allem vom jetzigen Finanzminister und auch aus den Kreisen des Fi­nanzministeriums schon die Idee einer Pflegeversicherung. Es waren die ÖVP-nahen Experten, die damals erklärt haben, wie großartig und toll das nicht wäre – wegen der Finanzierung.

Für uns war das keine Option. Wir wollten, dass die Pflege jedenfalls steuerfinanziert bleibt. Ich glaube, die Menschen in diesem Land haben es sich auch verdient, dass sie nicht noch mehr belastet werden. Es wurde dann wieder verworfen, vor allem auch deshalb, weil ja einer der ganz wesentlichen Punkte war, die Arbeitnehmer in Öster­reich zu entlasten. Das haben wir im Übrigen in diesen eineinhalb Jahren auch ge­schafft, wir haben die Lohnnebenkosten gesenkt, aber jetzt hat sich die ÖVP auch da­von wieder verabschiedet, jetzt will sie eine neue Pflegeversicherung einführen.

Dabei kennen wir noch gar nicht das Volumen. Woraus soll sie denn gespeist werden? Wir haben schon ein bisschen gehört, dass sie im Bereich der Sozialversicherung an­gesiedelt werden soll, das heißt, es wird wieder eine zusätzliche Sozialversicherung gegründet werden müssen. Das ist gut für die ÖVP, dann kann sie wieder ein paar Jobs besetzen, aber in Wahrheit ist es eine zusätzliche Belastung für die Bürgerinnen und Bürger in diesem Lande. Wir wollen diese Pflegeversicherung nicht, da wir sie auch gar nicht brauchen.

Es braucht Effizienz im gesamten System. Was da passiert, ist immer ein Trennen von Gesundheit und Pflege. Die beiden sind aber verschränkt, die gehen Hand in Hand, die kann man nicht einfach trennen. Wir haben in Österreich auch eine extrem hohe Zahl an Akutbetten. Es ist schon viele Jahre her, damals hat der Rechnungshof schon ge­sagt: Würden wir diese Akutbetten, die mit Pflegepatienten belegt werden, endlich in Pflegebetten umwandeln, dann könnten wir uns über 3,5 Milliarden Euro sparen.

Das ist Jahre her. Wenn man die Zahlen hochrechnet, könnten wir uns in der Zwi­schenzeit noch mehr sparen, aber nichts passiert. Es wird nichts reformiert, wir schau­en dem Treiben zu, solange das Werkel irgendwie läuft, bis es irgendwann zum großen Versagen kommen wird. Daher ist es so dringend notwendig, dass man dieses Pro­blem jetzt endlich angeht und dass wir uns auch endlich einmal ehrlich damit aus­einandersetzen, wo wir denn im Gesundheitsbereich Einsparungspotenziale haben, wie wir auf der einen Seite Akutbetten in Pflegebetten, die ja viel billiger sind, umwan­deln können und wie wir auf der anderen Seite den Menschen möglichst lange die Möglichkeiten geben, dass sie zu Hause gepflegt werden. Das wollen nämlich viele Menschen.

80 Prozent aller in Österreich zu Pflegenden werden zu Hause gepflegt, aber die Be­lastungen für die Angehörigen sind unvorstellbar. Da braucht es endlich auch Maß­nahmen, damit es nicht passiert, dass wir unsere Pflegebedürftigen zwar daheim pfle­gen, aber die Angehörigen irgendwann nicht mehr können und im Burn-out landen oder vielleicht andere Erkrankungen bekommen. Das kann doch nicht unser Ziel sein! Daher ist es so notwendig, endlich Maßnahmen zu setzen. Genau darauf zielt dieser Antrag von Norbert Hofer ab. Ich kann nicht verstehen, warum Sie von der ÖVP sich von diesem Weg komplett verabschiedet haben und heute nur noch das Wort Pflege­versicherung hier überall herumgeistert – und die wird kommen.

Meine Damen und Herren, der Herr Bundesminister hat angekündigt, er möchte eine Taskforce oder eine Gesprächsrunde zum Thema Pflege machen. – Ich befürchte nur, Herr Bundesminister, wenn Sie im März oder April damit anfangen werden, wird es zu spät sein, denn wir wissen, dass diese Pflegeversicherung im Budgetbegleitgesetz – wahrscheinlich – schon drinnen sein wird. Das hören wir jetzt immer verdichteter aus dem Finanzministerium, das soll auf den Weg gebracht werden, und zwar schon ganz, ganz bald, nämlich in wenigen Wochen. Da werden Sie mit Ihrer Gesprächsrunde, fürchte ich, zu spät sein. Wir werden Sie aber unterstützen.

Wir wollen jedenfalls eine steuerfinanzierte Pflege. Wir wollen keine weitere Belastung für Arbeitnehmer. Wir wollen auch keine neue Sozialversicherung einführen, aber wir wollen, dass die Effizienz im System endlich gesteigert wird. Das ist unser Weg. (Bei­fall bei der FPÖ.)

20.07

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Bedrana Ribo. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.