10.06

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident! Werte Mitglieder der Regierung! Werte Kollegen und Kolleginnen und liebe Zuschauer und Zuschauerinnen, zu Hause und auf der Galerie! Der ausufernde Transitverkehr in Tirol belastet Mensch und Umwelt. Die Millionen Lkw, die jährlich über den Brenner rollen, verstopfen unsere Autobahnen und sämtliche Nebenstraßen. Die Situation am Brenner ist akut, wenn dort ganze Dörfer wortwörtlich im Verkehr ersticken. Man weiß dort, dass man am Wochenende besser zu Hause bleibt, weil es ganz einfach sein kann, dass man, wenn man sich ins Auto setzt, auf dem Weg in die Nachbargemeinde Stunden im Stau steckt, und man muss sich Sorgen machen, ob sich die Rettung, soll­te man sie rufen müssen, überhaupt durch ein Stauchaos durchdrängen kann.

Ich denke, wir sind uns alle einig, dass diese Situation nicht so bleiben kann (Zwi­schenruf des Abg. Loacker), und ich denke, wir sind uns auch einig, dass alle gesetz­ten Maßnahmen, die den Lkw-Verkehr ein wenig zurückdrängen sollen, entgegen der Meinung der EU-Kommissarin natürlich aufrechtbleiben müssen.

Wie ich feststelle, sind wir uns anscheinend auch einig, dass der Verkehr, der derzeit europaweit mit umweltschädlichen Lkws stattfindet, in Zukunft auf der umweltfreundli­chen Schiene stattfinden soll, und da sage ich: Sehr gut. (Beifall bei der SPÖ.)

Dann bauen wir aber den öffentlichen Verkehr, bauen wir die Schiene doch endlich aus! Richten wir diese Schieflage zwischen Zug und Lkw gerade! Denn: Während ich mit dem Lkw durch den gesamten EU-Binnenmarkt kurven kann, ist das auf der Schie­ne ganz einfach nicht möglich. Ein Unternehmen, das seine Waren von A nach B brin­gen will, aber einfach keinen Bahnhof in der Nähe hat, hat ja derzeit keine Alternative. Das heißt, es braucht die Alternativen, es braucht den Ausbau und es braucht natürlich auch die Vereinheitlichung. Noch immer sind die EU-weiten Schienennetze nicht ver­einheitlicht, was Signalgebung, aber auch Bahnstrom betrifft. (Zwischenrufe der Abge­ordneten Hörl, Krainer, Stögmüller und Schellhorn. Abg. Leichtfried: Wer hat denn die Eisenbahn ...?)

Wem wird das etwas bringen? – Vor allem Österreich, denn wir wissen: Gerade der Warentransport in Österreich ist zu 80 Prozent ein grenzüberschreitender Warenver­kehr. Warum sage ich das? – Weil gerade jetzt ja auch ein EU-Budget verhandelt wird. Jetzt gibt es die Möglichkeiten für diesen Ausbau und seine Finanzierung.

Seit Tagen redet in Österreich der Bundeskanzler, der da den starken Mann spielen will, über sein Veto gegen das EU-Budget. Wie wäre es denn, wenn wir etwas fordern würden, statt einfach nur zu blockieren, nämlich eben diese zusätzlichen finanziellen Mittel für den Ausbau der Schiene in Europa? (Beifall bei der SPÖ.) – Das wäre doch einmal ein gutes Signal von Österreich in Richtung EU‑Kommission, anstatt sinnloser Blockadehaltungen! (Abg. Ragger: ... neu verhandeln ...!)

Wenn wir hier in dieser Aktuellen Stunde über den Transitverkehr und über die Belas­tungen reden, dann müssen wir auch über die Belastungen der Lkw-Fahrer und -Fah­rerinnen, die täglich ausgebeutet werden, um den Lkw-Verkehr überhaupt so billig ma­chen zu können, reden. Wir hören, dass Lkw-FahrerInnen 16 Stunden lang unterwegs sind, keine Pausen machen, im Lkw kochen. Ja, da hat man auf EU-Ebene große Fort­schritte erzielt, wir werden aber – und es ist wichtig, dass wir uns immer wieder daran erinnern – diese Probleme erst lösen, wenn man innerhalb der EU für gleiche Arbeit am gleichen Ort auch gleich viel Geld bezahlt bekommt. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir können aber nicht nur auf EU-Ebene Sofortmaßnahmen setzen, um die Bahn zur wirklichen Alternative zu machen, nein, auch wir hier können das eigentlich schon heute tun. Ein erster Schritt dazu wäre auch schnell und leicht umgesetzt, beispiels­weise die Energieabgabe auf Ökostrom im Bahnverkehr – und da reden wir im Übrigen von Ökostrom, den die ÖBB selbst erzeugen –, diese teure Abgabe, endlich zu strei­chen. Wir müssen die Bahn finanziell entlasten. Dazu bringt Greenpeace gerade eine Klage ein, und auch wir haben zu diesem Thema schon einen Antrag eingebracht, aber da hat die Einigkeit dann schnell geendet. Ich fasse zusammen: Senken wir die Ener­gieabgabe für die Bahn, führen wir endlich eine flächendeckende Lkw-Maut ein! (Beifall bei der SPÖ.) – Danke schön.

Das sind im Übrigen auch zwei Maßnahmen, von denen die eine zur Finanzierung der anderen beiträgt, und damit sind wir schon beim Punkt der Finanzierung. Ich komme zum Schluss meiner Rede (Abg. Hörl: Gott sei Dank!), aber nicht zum Schluss dieses Themas, denn wir werden Sie, liebe Regierung, und wie ernst dieses Thema von Ihnen tatsächlich genommen wird, nicht an der Empörung hier in den Redebeiträgen, son­dern an den konkreten Zahlen im Budget messen. Wir fordern – wie zahlreiche Klima­schutzorganisationen auch – eine jährliche Klimamilliarde, wovon mindestens die Hälf­te der Gelder in den öffentlichen Verkehr fließen muss. (Beifall bei der SPÖ.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Den Schlusssatz bitte!

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (fortsetzend): Anders wird es ganz einfach nicht gehen. Deshalb: Stellen wir endlich Budget bereit, machen wir die Schiene zur Alterna­tive! Danke schön für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

10.11

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Rauch. – Bitte.