14.45

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! 100 Jahre Arbeiterkammer – na schön, aber leider arbeitet die AK immer noch wie vor 100 Jahren, nämlich im Wesentlichen im Dunkeln. Sucht das Zwangsmitglied auf dem Lohnzettel, wie hoch seine Zwangsbeiträge sind, dann sucht dieses Mitglied im Dunkeln, weil das irgendwo bei den Sozialversiche­rungsbeiträgen versteckt ist.

Will dieses Mitglied wissen, was mit seinen Zwangsbeiträgen gemacht wird, geht es vielleicht auf die Homepage der AK und will den Rechnungsabschluss sehen und wis­sen, wie viel für Wertpapiere ausgegeben wird, wie viel für Pensionsaufwand ausge­geben wird und an welchen GmbHs die AK eigentlich beteiligt ist, dann bleibt das alles im Dunkeln. (Abg. Martin Graf: Da kann er zum Oktoberfest die Jazz Gitti engagieren!) Wollen Sie es genauer wissen, dann dürfen Sie als Mitglied natürlich persönlich vorbei­kommen und Einblick in den Rechnungsabschluss nehmen – wie vor 100 Jahren, als die AK gegründet worden ist.

Die Zuschauer werden sich jetzt vielleicht denken: Na, dafür schaut sich der Rech­nungshof die Arbeiterkammer an! Leider aber nur ein bisschen, denn bei einer Kam­mer darf der Rechnungshof, der die Grundsätze der Sparsamkeit, der Wirtschaftlichkeit und der Zweckmäßigkeit prüft, die Zweckmäßigkeit nicht prüfen. Sie haben ein mil­lionenschweres Inseratenvolumen, und der Rechnungshof könnte fragen: Warum gebt ihr als Zwangsorganisation so viel Geld für Inserate aus? Dann werden die sagen: Das ist eine Frage der Zweckmäßigkeit, die dürfen Sie nicht stellen! – Prüfen Sie einmal die Sparsamkeit, wenn Sie die Zweckmäßigkeit nicht prüfen dürfen! Auch da bleibt alles im Dunkeln.

Wer prüft, ist das interne Kontrollorgan der Kammer. – Super! Vorgesetzt ist der Kam­meramtsdirektor, und dessen Mitarbeiter geben nachher dem eigenen Direktor einen Bericht ab; dieser Bericht, Sie haben es schon erraten, bleibt im Übrigen im Dunkeln.

Um etwas Licht in die Sache zu bringen, stelle ich folgenden Entschließungsantrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Offenle­gung der vollständigen Kammerrechnungsabschlüsse“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage vor­zulegen, die zum Ziel hat, alle Kammern zu verpflichten, ihre Rechnungsabschlüsse nach der Genehmigung durch die Aufsicht vollständig auf ihren Webseiten zu veröf­fentlichen.“

*****

Die Einnahmen der Arbeiterkammer steigen im Schnitt um die doppelte Inflationsrate. Stellen Sie sich das für sich privat oder für Ihr Unternehmen vor: nächstes Jahr einfach mit der doppelten Inflationsrate hinauf! Mit diesem vielen Geld, das da beim Fenster hereinkommt, muss man etwas machen, also beteiligt man sich an GmbHs, kauft Wertpapiere – 129 Millionen Euro liegen da zum Teil in Aktieneinzeltiteln herum. Sonst haben es die Supersozis von der AK ja nicht so mit dem Kapitalmarkt, aber mit den Zwangsbeiträgen der Zwangsmitglieder kann man durchaus ein paar Aktien kaufen – alles nur im Interesse der Arbeitnehmer. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Schellhorn: Da schau her!) In Österreich gibt es, anders als in Deutschland, keine Rücklagengrenze für solche Vermögensanhäufungen der AK. Wir beantragen daher eine solche Ober­grenze.

Eigentlich gäbe es den Auftrag, alle Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen zu vertreten, aber man beschränkt sich auf die SPÖ und man haut in eigenen AK-Zeitschriften ordentlich auf die ÖVP, die FPÖ und die NEOS drauf, weil die alle ganz böse sind. Ein Verein mit freiwilliger Mitgliedschaft könnte das alles machen, dann kann nämlich das Mitglied entscheiden, ob es das mitträgt oder nicht. Bei einer Organisation aber, bei der sich niemand aussuchen kann, ob er dabei ist oder nicht, da geht das nicht. Da ist Objektivität gefordert, sonst gehört dieser Zwang weg.

Ein Ende des Kammerzwangs würde auf einmal die Zwangsmitglieder zu Kunden ma­chen. Das wäre ein völliger Systemwechsel, das hätten wir gerne: eine serviceorien­tierte Arbeiterkammer anstelle eines roten Geldspeichers. Ihnen geht es aber nicht um Service, Ihnen geht es nicht um die Mitglieder, Ihnen geht es einzig und allein um Macht. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der FPÖ.)

14.49

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Offenlegung der vollständigen Kammerrechnungsabschlüsse

eingebracht im Zuge der Debatte in der 12. Sitzung des Nationalrats über den Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 240/A der Abgeordneten Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeiterkammer-Gesetz geändert wird (47 d.B.) – TOP 6

Die Kontrolle der Kammern durch den Rechnungshof ist stark eingeschränkt, weil der Rechnungshof von den Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweck­mäßigkeit nur zwei prüfen darf, den Grundsatz der Zweckmäßigkeit nämlich nicht. Am Beispiel von Großinseraten durch eine Kammer mit Zwangsmitgliedschaft ist gut er­kennbar, dass der Grundsatz der Sparsamkeit nicht geprüft werden kann, wenn solche Ausgaben unter dem Titel der Zweckmäßigkeit außerhalb der RH-Kontrolle gebracht werden.

Die Aufsicht durch die Ministerien ist oft auch bestenfalls ein Papiertiger. So weiß bei­spielsweise das Sozialministerium, wie hoch die Pensionsrückstellung einer Arbeiter­kammer ist. Das Ministerium weiß aber nicht, für wie viele Pensionsberechtigte oder Anwartschaftsberechtigte dieser Betrag zurückgestellt ist. Eine sinnvolle Aufsicht ist damit nicht möglich.

Zur fehlenden Kontrolle der Kammern tritt noch die fehlende Transparenz, sodass dem Manipulieren mit Zwangsbeiträgen im Dunkeln Tür und Tor geöffnet ist.

Die Intransparenz der Kammern erschwert beispielsweise die parlamentarische Kon­trolle enorm. So müssen die detaillierten Finanzzahlen der Kammern jedes Jahr über den parlamentarischen Anfrageweg abgefragt werden. Das verursacht unnötige Büro­kratie in den Kammern, den Ministerien, in der Parlamentsverwaltung und in den Parla­mentsklubs. Diese Bürokratie könnte deutlich reduziert werden, wenn die Kammern sämtliche Rechnungsabschlüsse gemäß den Kammergesetzen offenlegen würden. Speziell an die Arbeiterkammern und Wirtschaftskammern, die zwei größten Kammern unter den zahlreichen Kammern, hat der NEOS-Parlamentsklub in den letzten zwei Jahren knapp 100 Anfragen schreiben müssen, um die parlamentarische Kontrolle ent­sprechend wahrzunehmen.

Schwerer wiegt jedoch die Zumutung gegenüber den Zwangsmitgliedern, die über die Verwendung ihrer Zwangsbeiträge möglichst in Unkenntnis gehalten werden. Es ist de­finitiv unzeitgemäß, dass die Zwangsmitglieder für die Einsicht in die Rechnungsab­schlüsse direkt vor Ort bei ihrer Kammer persönlich erscheinen müssen. Die von den Kammern besetzten Sozialversicherungsträger sind diesbezüglich ein Stück weiter, in­dem diese ihre umfassenden Jahresberichte jährlich auf ihren Webseiten veröffentli­chen.

Konkret offengelegt werden sollen jene Rechnungsabschlüsse, welche die Kammern der Aufsicht zur Genehmigung gemäß den jeweiligen Kammergesetzen vor-legen müs­sen. Die Offenlegung soll unmittelbar nach der Genehmigung der Auf-sicht auf den Webseiten der Kammern erfolgen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage vor­zulegen, die zum Ziel hat, alle Kammern zu verpflichten, ihre Rechnungsabschlüsse nach der Genehmigung durch die Aufsicht vollständig auf ihren Webseiten zu veröf­fentlichen."

*****

Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Antrag ist ausreichend unterstützt und ordnungsgemäß eingebracht, er steht auch in Verhandlung.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Alois Stöger zu Wort gemeldet. – Sie kennen die sehr klaren Bestimmungen der Geschäftsordnung dazu. Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Hörl: Stöger, die Zweite!)