14.55

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Es dürfte Sie wenig überraschen, dass wir als Freiheitliche, wie der Name schon sagt, ganz grundsätzlich gegen Zwangsmitgliedschaften und Pflichtmitgliedschaften sind. Im Übrigen gilt das zum Beispiel auch für den ORF; da gibt es eine ähnliche Thematik. Sehr viele Öster­reicher würden sich wahrscheinlich wünschen, dass es die Pflichtmitgliedschaft nicht mehr gäbe. Auch das ist ein Zwang, der unserer Meinung nach weggehört.

Sprechen wir aber noch einmal über die Kammern! Heute sprechen wir aktuell über die Arbeiterkammer, aber es geht natürlich auch um die Landwirtschaftskammer und die Wirtschaftskammer. Es geht heute nicht darum, dass wir ein Bashing machen, was die Kammern betrifft, das muss ich einmal grundsätzlich sagen. Ich möchte auch aus­drücklich darauf hinweisen, dass sowohl in der Arbeiterkammer als auch in der Wirt­schaftskammer von den Mitarbeitern sehr, sehr gute Arbeit geleistet wird. Das will ich jetzt gar nicht in Abrede stellen. Es gibt aber einen massiven Reformbedarf bei allen Kammern. Natürlich ist der Widerstand – in diesem Fall von der SPÖ und von der ÖVP –, was die Kammern betrifft, seit Jahren und Jahrzehnten ganz massiv.

Man muss die politischen Realitäten auch zur Kenntnis nehmen. Wir alle wissen: Die Kammern wurden von Rot und Schwarz in den Verfassungsrang gehoben. Das heißt, die Abschaffung wird es wahrscheinlich zu meinen Lebzeiten nicht geben, außer die ÖVP und die SPÖ tendieren irgendwann in Richtung 10 Prozent, was man ja hoffen kann, was aber vielleicht nicht unmittelbar zu erwarten ist.

Was es schon gibt, das muss man auch ganz klar sagen: Es gibt eine rote Allmacht bei der Arbeiterkammer, es gibt eine schwarze Allmacht bei der Wirtschaftskammer. Das kann nicht im Sinne des Erfinders sein. Da würde ich SPÖ und ÖVP auffordern, ein bisschen in sich zu gehen und wirklich als Interessenvertretung zu agieren.

Natürlich macht die Arbeiterkammer Politik der Sozialdemokratie. Das fällt vor allem dann auf, wenn die SPÖ in der Regierung ist; dann ist die Arbeiterkammer in der Regel sehr zahm. Im umgekehrten Fall muss man sagen, immer dann, wenn die ÖVP in der Regierung ist (Abg. Schellhorn: Das ist sie aber schon lang!) – das war die meiste Zeit so –, dann ist auch die Wirtschaftskammer der ÖVP gegenüber sehr zahm. Die Kam­mern sollten aber eine Interessenvertretung sein und Dinge, die die Wirtschaft be­treffen oder in diesem Fall die Arbeitnehmer betreffen, unabhängig von der Regie­rungsbeteiligung entsprechend kritisieren. (Abg. Schellhorn: Die Millionen bei der Kam­merförderung!)

Was es bei der Arbeiterkammer auch gibt: eine Zweigleisigkeit, was die Gewerkschaft betrifft. Das heißt, die Gewerkschaft macht die Lohnverhandlungen. Also auch da, muss man sagen, gibt es Doppelgleisigkeiten. Ich glaube, die sollte und könnte man, Herr Kollege Vogl, zumindest einmal diskutieren oder im Idealfall auch abschaffen.

Dass die Transparenz nicht gegeben ist, brauchen wir, glaube ich, auch nicht zu dis­kutieren; diese fehlt bei den Kammern ganz grundsätzlich. Ich sage es noch einmal: Ir­gendwann wird der Druck der Straße vielleicht so groß werden, dass sich die Kammern bewegen müssen. Man sieht es leider Gottes an der Wahlbeteiligung: Da haben ja Wirtschaftskammer und Arbeiterkammer ein Problem. Wenn man irgendwann 70 Pro­zent der Mitglieder nicht einmal zu einer Wahl, die teilweise sehr einfach vonstatten­geht, bewegen kann (Abg. Schellhorn: Die Wirtschaftskammerwahl ist nicht einfach!), dann wird es problematisch.

Also wir lehnen diese politische Kampfgruppe der Kammern natürlich ab. Wir sind für eine überparteiliche Lösung, die auch transparent vonstattengeht. Ich möchte einen pragmatischen Vorschlag ins Spiel bringen. Ich frage, ob man bei den Kammern nicht eine Opt-out-Lösung nach fünf Jahren Zwangsmitgliedschaft diskutieren könnte. Dann kann man als Unternehmer nach fünf Jahren sagen: Okay, jetzt habe ich es fünf Jahre erlebt! Hat es für mich als Unternehmer etwas gebracht? Kann ich aussteigen? Das­selbe gilt für die Arbeiterkammer. Wenn man fünf Jahre lang Zwangsmitglied bei der Arbeiterkammer war, dann sollte vielleicht irgendwann der Zeitpunkt da sein, zu dem man als Arbeitnehmer sagen kann: Bitte, danke, diese 30 Euro pro Monat – es sind in Wahrheit ja 30 Euro pro Monat, nicht 3 Euro; bleiben wir bei der Wahrheit! – erspare ich mir lieber, da möchte ich aussteigen!

Das heißt, Vorschlag unsererseits: Denken wir darüber nach, eine Opt-out-Version bei Zwangsmitgliedschaften zumindest nach fünf Jahren vorzusehen! Ansonsten würde ich mir mehr Veränderung bei ÖVP und SPÖ wünschen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

15.00

Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich unterbreche nunmehr die Verhandlungen über die Tagesordnungspunkte 6 bis 8 zur Durchführung einer kurzen Debatte.