15.37

Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Gestern hat die Arbeiterkammer, wie bereits erwähnt worden ist, ihren 100. Geburtstag gefeiert. Manchmal hat man den Eindruck, dass manche hier in diesem Haus durchaus ganz froh wären, wenn es der letzte Geburtstag gewesen wäre. Ich befürchte nur – für Sie –, dass es nicht so sein wird, und das ist gut so. Das ist sogar sehr gut so. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Muchitsch.)

Wenn die selbsternannten Kammerjäger und die selbsternannten sozialen Heimat­schützer gemeinsam ausreiten, dann geht es in der Regel bekanntlich fast immer ge­gen die Kammern. Man hat das Gefühl, täglich grüßt das Murmeltier. (Abg. Belako­witsch: Die Kammern sind auch kein Selbstzweck!) Faktum ist es, dass es auch relativ egal ist, was gerade ganz konkret gefordert wird, ob es die Begrenzung der Rücklagen ist, ob es ein Opt-out betreffend eine bestimmte Arbeiterkammer ist oder ob es das En­de der gesetzlichen Mitgliedschaft überhaupt ist. Es geht im Prinzip immer um das eine, und das eine ist: Wie kann man die Arbeiterkammer finanziell schwächen?

Die finanzielle Schwächung der Arbeiterkammer hat logischerweise zur Folge, dass sie die Leistungen, das Serviceangebot, das sie derzeit in den Bereichen Beratung, Rechts­beratung, Vertretung vor dem Arbeits- und Sozialgericht, KonsumentInnenschutz, Steu­erberatung bietet, nicht mehr bieten kann (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch), dass sie das reduzieren muss. Das geht natürlich ganz klar zulasten der unselbstständig Beschäftigten, der ArbeitnehmerInnen, die sie zu vertreten hat, denn bekanntlich geht es nicht nur darum, möglichst gute Rechte zu haben, sondern man muss diese Rechte auch durchsetzen können. Dazu braucht es eben Institutionen, und die Arbeiterkam­mer ist genau eine jener Institutionen, die ArbeitnehmerInnen dabei unterstützen, diese Rechte durchzusetzen.

Die Zahlen sind ja bekannt – beziehungsweise sie wären bekannt, wenn man sich für sie interessierte. Faktum ist: Das Aufkommen aus der AK-Umlage beträgt derzeit ins­gesamt 476 Millionen Euro, das wurde schon erwähnt. Das, was die AK insgesamt für ihre Mitglieder im Rahmen von Prozessen herausholt, sind über 530 Millionen Euro, sie macht zwei Millionen Beratungen pro Jahr, 86 000 Rechtsvertretungen. Jedes fünfte AK-Mitglied – das heißt, 20 Prozent aller AK-Mitglieder, nämlich jene, die arbeitslos, geringfügig beschäftigt oder in Karenz sind  zahlt keine AK-Umlage. Auch sie werden von der AK vertreten – Mitglieder, die sich nie eine private Rechtsvertretung leisten könnten, da ihnen schlichtweg das Geld fehlt.

Die AK-Umlage und das solidarische Finanzierungssystem der AK garantieren genau diesen Gruppen aufgrund der gesetzlichen Mitgliedschaft, dass sie eine entsprechende Vertretung und eine starke Interessenvertretung haben. Sie garantiert prekär Beschäf­tigten, sie garantiert schlecht Qualifizierten, sie garantiert Menschen, die besonders häufig von Arbeitslosigkeit betroffen sind, Menschen, die ein niedriges Einkommen ha­ben, eine entsprechende Vertretung und eine entsprechende Unterstützung, Beratung und Hilfe bei Prozessen.

Von der FPÖ erwarte ich mir nicht besonders viel, aber wenn eine Partei, die sich im­mer wieder als einzige Wahrerin und wirkliche Wahrerin von liberalen und bürgerlichen Freiheitsrechten bezeichnet und auch immer gern in alle Richtungen austeilt, wenn es darum geht, dass andere das nicht so sind, wenn ausgerechnet diese Partei  ich spre­che jetzt von den NEOS – der Arbeiterkammer, die ein Selbstverwaltungskörper ist, deren Gremien – ich betone es noch einmal – demokratisch gewählt sind, unter dem Titel eines Objektivierungsgebots und unter Androhung der Kürzung von Mitteln, finan­ziellen Mitteln, einen Maulkorb verpassen will, dann finde ich das schon relativ eigen­artig.

Es ist überhaupt keine Frage, dass die AK auch politisch zu kritisieren ist und kritisiert werden kann. Wir machen das oft genug, wenn es um ökologische Fragen geht, wenn es um die Vertretung von atypisch Beschäftigten oder was auch immer gegangen ist. Ja, auch wir haben die AK teilweise für unserer Meinung nach falsche politische In­halte, oder wenn sie etwas Falsches vertreten hat, kritisiert, aber: Kritik ist das eine, Strafmaßnahmen setzen das andere.

Kritik werden sich alle gefallen lassen müssen: die AK, die Kammern, aber genauso die politischen Parteien, von ÖVP über SPÖ, Grüne, FPÖ und auch die NEOS. Auch wenn diese Kritik von den Arbeiterkammern kommt, wird man sich das gefallen lassen müssen.

Zum Abschluss noch: Wir Grüne wünschen der Arbeiterkammer alles Gute zu ihrem 100. Geburtstag. Wir Grüne wünschen der Arbeiterkammer für die nächsten 100 Jahre alles Gute für ihren Kampf und Einsatz für soziale Gerechtigkeit, für Mitbestimmung und Gleichstellung. Für uns ist die Arbeiterkammer ein Partner, wenn es darum geht, den notwendigen ökologischen Wandel sozial gerecht zu gestalten.

In diesem Sinne: Von uns ein klares Ja zur Arbeiterkammer, für immer! (Beifall bei den Grünen.)

15.43

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Schellhorn. – Bitte.