15.43

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Frau Minister! Ich möchte noch ein bisschen auf die Ausführungen von Kollegen Keck und von Herrn Kollegen Stöger, der der Zahlen offensichtlich nicht so mächtig ist, eingehen.

Von den 500 Millionen Euro, die Sie erstritten haben, haben Sie in der Tat 132 Mil­lionen Euro für Ihre Mitglieder erstritten. Fakt ist, dass Sie 200 Millionen Euro gegen sich selbst für Ihre Arbeiterkammerpensionen erstreiten. Das ist der Punkt. Also Sie ar­beiten eher für sich selbst und streiten gegen sich selbst als für Ihre Mitglieder. Das sollte man auch nicht außer Acht lassen, wenn es darum geht; wenn Sie große Sum­men in den Raum stellen, dann muss man diese Summen auch transparent behan­deln. (Zwischenruf des Abg. Leichtfried.)

Mit den Sozialpartnern hat es schon seine Bewandtnis, denn die Arbeiterkammer und die Wirtschaftskammer sind halt nicht im 21. Jahrhundert angekommen. Das ist auch mein Punkt. Geht es um Freiwilligkeit, geht es darum, dass man um die Mitglieder kämpft, muss ich der Arbeiterkammer ja zugestehen, dass sie um ihre Mitglieder kämpft, was man bei der Wirtschaftskammer nicht so merkt.

Ich glaube, jeder hat im Kopf, wie es damals bei 9/11 war. Wir alle wissen, was wir da­mals getan haben. Jeder weiß, wenn er jetzt die Augen schließt, was er zu dem Zeit­punkt getan hat. Ich glaube, der 9/11-Tag der Unternehmer war der Opernball letzte Woche (Zwischenrufe bei der ÖVP), denn dort, meine Herrschaften Unternehmer, hat dieser Harald In-allen-Gassen Mahrer gesagt: Wir gehen sparsam mit den Beiträgen unserer Mitglieder um! Mir ist es wurscht, was jemand trinkt, isst, wo er tanzt – das soll­ten sie alles auf ihre eigene Rechnung machen –, aber es ist mir nicht egal, wenn je­mand zynisch und vielleicht auch satirisch sagt: Wir gehen sparsam mit den Beiträgen unserer Mitglieder um! Zu diesem Zeitpunkt, als er das gesagt hat, war ich in meiner Küche und habe darunter gelitten, dass wir einen Fachkräftemangel haben, habe da­runter gelitten, dass wir keinen Koch haben. Das ist ein Punkt.

Was hast du dir gedacht, Kollege Hörl, als Herr Mahrer das gesagt hat? (Zwischenruf des Abg. Hörl.) Axel Kassegger wird sich als Unternehmer auch etwas gedacht haben, der Vizepräsident der Wirtschaftskammer, Herr Matznetter, wird sich etwas gedacht haben; bei den Grünen weiß ich es nicht, da kenne ich keinen Unternehmer, die den­ken auch nicht so unternehmerisch. Der Punkt ist aber schon: Es gibt genügend Tischler, die sich gedacht haben: Wo ist meine Entlastung? Welche Rechnung kann ich bezahlen? Kann ich meine Aufträge ausführen, abhandeln, abarbeiten, habe ich genügend Mitarbeiter?

Zu diesem Zeitpunkt, als Präsident Mahrer gesagt hat: Wir gehen sparsam mit den Mit­gliedsbeiträgen um!, hat sich wahrscheinlich der eine oder andere Installateur auch gedacht: Der Faktor Arbeit ist ziemlich stark belastet – was hat die Wirtschaftskammer für mich getan? Zu diesem Zeitpunkt hat sich ein anderer wahrscheinlich gedacht: Ent­lastung? Oje! 30 Jahre lang ist die ÖVP in der Regierung, die Wirtschaftskammer war immer unter ihrem Einfluss, und weitergegangen ist gar nichts!

Das, was sich hier abgespielt hat, ist 9/11 für jeden Unternehmer. Ich bin überzeugt da­von, da draußen sind lauter solche Unternehmer, die sich gedacht haben: Der sagt mir, man geht sparsam mit meinen Mitgliedsbeiträgen um – mit Sicherheit nicht! (Beifall bei den NEOS. – Heiterkeit des Abg. Scherak.)

Mit Sicherheit nicht! Jetzt komme ich nämlich zu den Zahlen, und das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Es gibt eine Bundeskammer, neun Landeskammern, 70 Spartenorganisationen und 857 Fachorganisationen. Da braucht es natürlich, Kolle­ge Matznetter, auch 41 Vizepräsidenten. Das sind Buffetpräsidenten, nichts anderes (Heiterkeit des Abg. Kickl), die sind bei Buffeteröffnungen vom Neusiedler See bis zum Bodensee, von Litschau bis Hermagor verstreut, und das ist es.

Jetzt nenne ich noch ein paar Zahlen: Die Wirtschaftskammer macht sicher gute Arbeit, die Mitarbeiter machen gute Arbeit, aber warum braucht es 5 000 Vollzeitangestellte, die Einnahmen von 1,9 Milliarden Euro verwalten, immerhin Werbeausgaben von 15 Mil­lionen Euro jährlich verwalten, einen Werbeetat haben, der weitaus höher als die Me­dienförderung ist? Nebenbei gibt es noch eine großzügige Förderung beim Wirt­schaftsparlament, da kassiert der Wirtschaftsbund 13,5 Millionen Euro. Wofür braucht er das? Wofür brauchen wir das? Für einen Wahlkampf oder wofür? (Zwischenruf des Abg. Hauser.)

Dabei rede ich noch gar nicht von den untergelagerten Vereinen. Würde das jedes Mitglied wissen, dann würden ihnen die Kabel reißen, das garantiere ich Ihnen. Und ich rede noch gar nicht von externen Verträgen wie mit Pantarhei oder sonst irgendetwas. Da wird einem ganz schwindelig. Passen Sie nur auf, das kommt alles!

Darum haben wir sechs Anträge vorbereitet und werden diese sechs Anträge noch einbringen, weil es genauso um Freiwilligkeit geht. Wir werden einen Antrag – Sie werden es erraten – auf Abschaffung der Wirtschaftskammerpflichtmitgliedschaft ein­bringen. Ihr habt einmal propagiert: Mutig in neue Zeiten! – Wo ist euer Mut? Wenn ihr so gut seid, braucht ihr keine Pflichtmitgliedschaft, wenn ihr so gut seid, dann rennen euch die Mitglieder zu, weil ihr um die Mitglieder rennt. Das macht ihr nicht. – Punkt eins.

Punkt zwei ist die sofortige Streichung der Kammerumlage 2. Das wäre eine Entlas­tung. Das wäre eine klare Entlastung für jeden Unternehmer, für jeden Kleinstun­ternehmer, der sich vielleicht auch an diesem Abend – an dem 9/11-Abend der Un­ternehmer, beim Opernball – gedacht hat: Sie wollen mich entlasten, sie haben es wirklich vor, mich zu entlasten und sparsam mit meinem Geld umzugehen! Diesen An­trag bringen wir ein, da das eine temporäre Geschichte war, seit Präsident Sallinger damals gesagt hat: Wir brauchen eine Hilfe für notleidende Kleinstunternehmen! Dieser Kammerumlage-2-Kleinstunternehmerbeitrag ist ja gerade die Belastung, die Kleinun­ternehmer schwitzen lässt, ob sie ihre Zahlen noch liefern können oder nicht.

Wir bringen drittens einen Antrag zum Thema Rücklagen ein: 1,7 Milliarden Euro hortet die Wirtschaftskammer – 1,7 Milliarden Euro aus dem Jahr 2018! Für jeden Unterneh­mer in diesem Land wurden Rücklagen von 2 500 Euro hinterlegt. Warum braucht man das? – 500 Euro reichen auch! Geben Sie 2 000 Euro je Mitglied zurück, streichen Sie das!

Wir werden weiters einen Antrag betreffend eine Obergrenze für Inserate für die Wirt­schaftskammer einbringen. 118 Millionen Euro an Werbeaufwendungen schmeißt die Wirtschaftskammer hinaus, um sich die Medien gefügig zu machen. So ehrlich müssen wir doch sein! Es ist doch so! Oder was wollen Sie mir sagen? Heute lese ich ein großes Inserat in den „Salzburger Nachrichten“, dass jetzt Wirtschaftskammerwahl ist. – Das wissen wir doch! Da braucht ihr mich nicht zu informieren, dass ich zur Wahl gehen muss. Das ist ja völlig absurd!

Wir brauchen weiters Transparenz in der Wirtschaftskammer. Die Wirtschaftskammer schafft sich nämlich per Hausordnung ihre eigenen Regeln und kontrolliert sich auch selbst. Ich hätte mir nie gedacht, dass ich einmal Herrn Pilz mit der Knackwurst und dem Dackel zitieren würde: Sie haben das alles noch im Griff, der Dackel kontrolliert selber seine Knackwurst. (Abg. Wöginger: Wenn du eine gscheite hast!) Das ist so wie bei Ihnen, Sie kontrollieren sich selber, daher brauchen wir eine Ausweitung der Prüfungskompetenzen des Rechnungshofes. Da habe ich recht, ja!

Wir brauchen auch eine Demokratiereform in der Wirtschaftskammer, das ist der letzte Antrag, den wir liefern: eine Entschlackung der Kammerorganisationen, eine Aufteilung der Interessenvertretungen in Branchen und eine Novellierung des Wahlrechts.

Damit die Bürger draußen wissen, wie eine Kammerwahl funktioniert: Wir wählen fak­tisch den Gemeinderat, und das Ergebnis dieser Wahl bestimmt, wer Präsident wird. (Zwischenruf des Abg. Hörl.) So absurd ist das, das geht über Schichten hinauf – Kas­kadensystem nennt man das! Das ist Selbstbetrug, den Sie da betreiben! (Abg. Wö­ginger: Um Gottes willen!) Dann höre ich aus der Wirtschaftskammer Wien noch: Digi­tale Wahlkarten oder digitales Wahlrecht machen wir sowieso nicht, denn sonst fahren uns die anderen Fraktionen um die Ohren! So geht das nicht!

Wir brauchen Freiwilligkeit, seien Sie mutig! Seid stolz darauf, was ihr geleistet habt, liebe Vertreter der Wirtschaftskammer! Wenn ihr so gut seid, dann laufen euch die Mit­glieder zu und nicht davon. (Beifall bei den NEOS.)

15.52

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu einer tatsächlichen Berichtigung gelangt Herr Abgeordneter Muchitsch zu Wort. (Abg. Wöginger: Beppo, was gibt’s?)