15.57
Abgeordnete Dr. Elisabeth Götze (Grüne): Herr Präsident! Werte Ministerin! Liebes Hohes Haus! Geschätztes Publikum, auch vor den Bildschirmen! Das war jetzt ein ziemliches Bashing der Kammern. Es gibt dieses Bild vom Glas – Sie kennen es wahrscheinlich, das Glas, das halb voll oder halb leer ist. (Die Rednerin gießt Wasser in ein Trinkglas.) – Jetzt ist es sogar mehr als halb voll. Das Glas, das Sie jetzt gezeigt haben, ist halb leer, eigentlich haben Sie es aus meiner Sicht schon ausgeschüttet, auf den Boden geworfen. (Abg. Loacker: Zahlen müssen wir jedenfalls das volle! – Abg. Wurm: Wenn es billig ist!) Da bleibt von den Kammern und von der Sozialpartnerschaft und davon, was uns wichtig ist, nichts mehr über.
Für mich ist das Glas halb voll. Ich möchte auf das Gute schauen, was die Kammern bieten, was die Sozialpartnerschaft bietet und was sie in den letzten Jahrzehnten geleistet hat: Wiederaufbau in Österreich, wirtschaftlicher Aufbau, soziale Errungenschaften. Dafür waren die Kammern ganz entscheidend mit verantwortlich, und dafür möchte ich mich bedanken. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ.)
Kammern bedeuten Interessenvertretung der Arbeitnehmerschaft, der Arbeitgeberschaft und Ausgleich der Interessen, zu versuchen, einen Konsens in wirtschaftspolitischen und sozialpolitischen Angelegenheiten zu finden. Und darum geht es: Konsens und Mitsprache bei der Regierung. Das ist das Erste, was aus meiner Sicht im internationalen Vergleich wirklich gut läuft, und das wissen wir alle. Wir haben im Vergleich zu anderen Ländern relativ wenige Streiks. Was ist die Alternative, wenn wir keine Kammern haben, die demokratisch legitimiert mitarbeiten? – Dann gibt es die Mächtigen, die sich einbringen können, die Reichen, oder die Lobbyisten, Firmen, die das finanzieren können. (Abg. Loacker: So wie in Schweden und in Dänemark!) Das ist nicht das, was wir wollen. (Beifall bei den Grünen.)
Ein aktuelles Beispiel: Gestern wurde im Ministerrat beschlossen, dass Teile des Regierungsprogramms umgesetzt werden, und zwar insbesondere – was mir persönlich ein großes Anliegen ist – die Absetzmöglichkeit des Arbeitszimmers, des nicht definierten Arbeitsplatzes. Das war ein ganz großes Anliegen der Einpersonenunternehmen, die oft keinen Arbeitsplatz haben, die von zu Hause aus arbeiten. Sie haben sich in Form der Wirtschaftskammer, auch in Form der Grünen Wirtschaft, bei den Regierungsverhandlungen eingebracht. Sie haben keine Lobby. 60 Prozent der österreichischen Unternehmen sind Einpersonenunternehmen ohne Lobby, und die konnten sich auf diese Art und Weise einbringen und haben so beitragen können.
Ein dritter Punkt: Es wurde angesprochen, dass die Unternehmerinnen und Unternehmer als Mitglieder der Kammer so unzufrieden sind. – Die Zahlen zeichnen aber ein anderes Bild: Unternehmerinnen und Unternehmer sind mit den Leistungen der Kammer zufrieden. (Abg. Schellhorn: Darum gehen 30 Prozent zur Wahl!) Dazu gibt es Studien und diese zeigen, dass Unternehmerinnen und Unternehmer die Kammer in Schulnoten, nämlich auf einer Skala von 1 bis 5, durchschnittlich zwischen 1 und 2 bewertet haben. Sie sind also mit den Dienstleistungen der Kammer zufrieden. Junge Unternehmen sind besonders zufrieden, das zeigt eine Studie aus Vorarlberg. 97 Prozent der beratenen Unternehmen empfehlen die Beratungen weiter, weil sie so zufrieden sind. (Abg. Loacker: Studie oder Umfrage bei den eigenen ...?) Sie geben durchschnittlich die Note 1,2. Das heißt, die Unternehmen sind zufrieden und nehmen die Leistungen auch in Anspruch, nämlich mehr als 50 Prozent mehrmals im Jahr. (Zwischenruf des Abg. Leichtfried.)
Ich habe vorhin gesagt, das Glas ist für mich halb voll, aber es ist nicht ganz voll; und da gebe ich Ihnen recht: Es gibt Verbesserungsbedarf, aber Verbesserungen hinsichtlich Demokratisierung und Transparenz erreicht man nicht, indem man das ganze Glas ausschüttet, sondern man geht hin, man wählt (Zwischenrufe der Abgeordneten Wurm und Loacker – Ruf: Macht aber keiner!), man wählt Alternativen, die Verbesserungen anbieten, und gestaltet so demokratisch mit. Dazu rufe ich auf. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
16.02
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Kopf. – Bitte. (Abg. Wurm – erheitert –: ... der Arbeiterkammer, oder? Der Arbeiterkammer! – Zwischenrufe bei den NEOS.)