11.56

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Österreich hat rasch und richtig gehandelt – das zeigen und belegen uns die Zahlen, wenn es jetzt ständig weniger als 100 Neuinfektionen pro Tag gibt –, und nur deshalb kommen wir besser durch diese Krise als viele andere Länder. Die Maß­nahmen, die gesetzt wurden, zeigen ihre Wirkung: zum einen bei den Zahlen in der Statistik, zum anderen auch bei der Unterstützung der betroffenen Menschen, seien es die Unternehmerinnen und Unternehmer, seien es die Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmer, die durch diese Krise jetzt zum Teil sehr stark betroffen sind, was Einkom­mensverluste anbelangt.

Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass wir die bisherigen Entscheidungen – und diese waren sehr, sehr wichtig und notwendig! – zum überwiegenden Teil gemein­sam hier im Hohen Haus getroffen haben. Das war letzten Endes auch ein sehr gutes und positives Signal an die gesamte österreichische Bevölkerung, denn gerade in einer derartigen Krisensituation ist es wichtig, diesen Zusammenhalt zu demonstrieren. Ich stehe nicht an, mich dafür zu bedanken, dass das im Parlament alles in allem sehr gut funktioniert hat! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir müssen aber auch offen und ehrlich sein, und ich möchte dazu ein paar Zahlen bringen: Es gibt derzeit rund 80 000 Anträge auf Kurzarbeit; in der letzten Krise waren es wenige Hundert. Für Mittel aus dem Härtefallfonds gab es 144 000 Anträge in Phase eins. Seit Montag läuft Phase zwei, und mittlerweile sind bereits wieder 60 000 Anträge eingelangt.

Rund eine Million Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind aktuell von Kurzarbeit betroffen, und es gibt natürlich eine sehr hohe Zahl an Arbeitslosen. Diesen gilt selbst­verständlich ebenfalls unser Augenmerk und unsere Unterstützung, sowohl im Bereich der Unternehmerschaft als auch im Bereich der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Was ich damit ausdrücken möchte: Es handelt sich um eine absolute Ausnahme­situation, und in den einzelnen Ministerien, beim AMS, in der Wirtschaftskammer sowie in vielen Ämtern und Behörden wie etwa bei den Sicherheitsorganen wird mit Hoch­druck daran gearbeitet, die getroffenen Maßnahmen umzusetzen, sodass die Men­schen schlussendlich ihre Unterstützung bekommen und die Gelder fließen.

Ich bitte um Verständnis, dass angesichts dieser enormen Zahlen nicht alles sofort er­ledigt werden kann und bedanke mich gleichzeitig bei all jenen, die fast rund um die Uhr daran arbeiten, dass diese Gelder, diese insgesamt 38 Milliarden Euro, zur Aus­zahlung an die betroffenen Menschen kommen; das ist die bestmögliche Unterstüt­zung. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Man kann wahrscheinlich im Nachhinein sagen: Hätten wir da noch etwas getan!, oder: Hätten wir das vielleicht noch besser gemacht! – In einer derartigen Situation, glaube ich, kann man nur das eine tun: sehr viele Mittel zur Verfügung stellen und schauen, dass die Betroffenen in einem angemessenen Ausmaß unterstützt werden. Das bedarf insgesamt enormer Anstrengungen dahin gehend, wie diese Mittel letzten Endes verteilt werden.

Ich möchte jetzt einen Aspekt in die Debatte einbringen, weil wir diesen seit Tagen diskutieren, und zwar geht es um den Cofag-Beirat. Das ist die Corona-Finanzierungs-GmbH (Zwischenruf des Abg. Schellhorn), die wir hier gemeinsam verabschiedet haben, und zwar geht es darum, dass alle im Parlament vertretenen Fraktionen Mitglieder in diesen Beirat entsenden. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Frau Kollegin Rendi-Wagner, Sie haben richtigerweise die Gemeinsamkeit und sozu­sagen die ehrliche Zusammenarbeit angesprochen. Das ist aber sowohl eine Bring­schuld als auch eine Holschuld. (Zwischenruf des Abg. Schellhorn.) Wenn auf der einen Seite von uns verlangt wird, dass wir den Informationsfluss zeitnah zur Verfü­gung stellen, dann verstehe ich nicht, warum die Oppositionsparteien nicht Mitglieder in diesen Beirat entsenden, in dem direkt über Haftungen, Kredite, Garantien und Zu­schüsse an die betroffenen Unternehmerinnen und Unternehmer entschieden wird. Das verstehe ich nicht, meine Damen und Herren, und ich bitte Sie wirklich, Ihre Mitglieder namhaft zu machen und zu entsenden! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Dann können wir natürlich auch über die begleitende Kontrolle im Parlament reden. Ich verweise aber schon darauf, dass wir in etlichen Gesetzen Berichtspflichten an den Budgetausschuss beschlossen und vereinbart haben – das ist ohnedies notwendig. Der Fall liegt ganz klar so, dass diese begleitende Kontrolle hier im Parlament in aus­reichendem Umfang gewährleistet und gegeben ist. Wir können gerne darüber diskutieren, einen zusätzlichen Ausschuss einzurichten, in dem alle Corona- oder Covidmaßnahmen zusammengefasst sind und dort im Rahmen von Berichten abgearbeitet werden, damit diese Kontrolle durch das Parlament funktioniert. Ich bitte Sie aber noch einmal: Entsenden Sie Ihre Mitglieder auch in den Cofag-Beirat! Auch das gehört zu einer funktionierenden Zusammenarbeit dazu. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Jetzt geht es darum, die Systeme wieder hochzufahren, schrittweise wieder zurück­zukehren zu einer gewissen Normalität, die aber eine andere sein wird. Wie wir es nennen sei jetzt einmal eher hintangestellt, eines aber ist klar: Es wird in den nächsten Monaten nicht so sein, wie es war. Solange wir keine Medikamente haben, solange es keinen Impfstoff gibt, werden wir, was Hygienemaßnahmen anbelangt, was Abstand­halten anbelangt, alle miteinander aufgefordert sein, diese Maßnahmen auch weiterhin zu befolgen. (Zwischenruf des Abg. Deimek.)

Ich möchte noch einmal den Vizekanzler zitieren, weil es mir sehr gut gefallen hat, als er gesagt hat: „beobachten, sich informieren, analysieren, [...] abwägen und ent­schei­den“. – Ja, genau das ist es, meine Damen und Herren! Genau das ist es, was wir und die Bundesregierung seit Wochen tun – unter einer ganz sorgfältigen Bedachtnahme und mit einem behutsamen Vorgehen bezüglich der Lockerungsmaßnahmen, was ein schrittweises Zurück zu einer gewissen, aber anderen Normalität mit sich bringt. Darum geht es! Weil es die Zahlen hergeben, meine Damen und Herren, und nur deshalb – nur deshalb! – können wir Anfang Mai schrittweise weitere Lockerungsmaß­nahmen durchführen und die Geschäfte wieder öffnen – nur deshalb, das möchte ich betonen.

Und ich sage es noch einmal: Das ist kein Horrorszenario, und ich verwehre mich gegen den Vorwurf, dass da Angst geschürt wird! (Abg. Belakowitsch: Nein, nein, nein!) – Frau Kollegin, was wir wirklich nicht wollen – mir sind diese Bilder in die Knochen gefahren, auf denen ich das sehen musste –, ist, dass Särge in Kirchen gestapelt werden oder dass wie in Amerika auf unbewohnten Inseln Massengräber ausgehoben werden, in denen dann die Särge gestapelt werden. (Abg. Belakowitsch: Danke für diese aufbauende ...! – Abg. Kickl: ... die Särge!) Da ist die Politik massiv gefordert, alles zu tun, damit eine derartige Situation in einem Land nicht eintritt, und das machen wir, meine Damen und Herren! Ich bin froh und dankbar, dass ich in diesem Land leben darf! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Ab 2. Mai werden alle Geschäfte wieder aufgesperrt, inklusive des Dienstleistungs­sektors in diesem Bereich, Mitte Mai dann Gastronomie, Tourismus und auch die Schulen – diese natürlich schrittweise. Minister Faßmann arbeitet rund um die Uhr an einem Plan, wie man das mit den Schulen bewerkstelligen kann. Warum? – Weil Schulen in Bezug auf Schülerzahlen unterschiedlich groß sind und weil die Situation dort natürlich die ist, dass die Kinder in einer Klasse, in der 25 Schülerinnen und Schüler sind, unmittelbar nebeneinandersitzen. Dazu brauche ich, wie ich meine, nichts studiert zu haben, sondern das ist eine Hausverstandssache, dass der schulische Be­trieb einfach wirklich eine ganz große Herausforderung ist.

Ich bin ein Praktiker und ich kenne meine Wirtshäuser daheim auch: Natürlich wird es dort auch notwendig sein, gewisse - - (Heiterkeit der Abgeordneten Belakowitsch und Kassegger. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) – Na ja, wir sind Regionalpolitiker und wir reden mit den Menschen. Ich weiß nicht, wie es bei Ihnen ist – wir sind bei den Leuten, wenn wir können! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Stammler.)

Letzten Endes geht es um diese schrittweise Öffnung, bis hin zu den Kirchen und Gotteshäusern, sodass auch dort der Betrieb wieder aufgenommen werden kann.

Die Zahlen beobachten und schrittweise wieder öffnen – das ist das Gebot der Stunde. Natürlich wollen wir den Menschen die Freiheit so schnell wie möglich zurückgeben, aber mit den Einschränkungen, die nach wie vor notwendig sind.

Abschließend, meine Damen und Herren, möchte ich eine Bitte an die SPÖ richten, weil zu Recht auch eingefordert wird, dass für die Arbeitnehmerschaft insgesamt die notwendigen Mittel zur Verfügung gestellt werden. Ich glaube, da haben wir mit der Kurzarbeitslösung sehr viel erreicht: Das Wichtigste ist einmal das Einkommen, und da zwischen 80 und 90 Prozent für rund eine Million Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sicherzustellen, das ist eine großartige Leistung! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Ernst-Dziedzic und Maurer.)

Die Zurverfügungstellung von Mitteln für den Familienhärteausgleich gehört genau zu jenen Maßnahmen, die Familien, insbesondere mit Kindern, zugutekommen, genauso wie eine Vielzahl weiterer Unterstützungsmaßnahmen, bis hin zu Mietstundungen et cetera.

Eines aber möchte ich Ihnen mit auf den Weg geben – das halte ich für ganz ent­scheidend –: Die Arbeiterkammern in Tirol und Vorarlberg haben vorgezeigt, dass man den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern jetzt auch Mittel aus den Arbeiterkammern wieder zur Verfügung stellen kann. Das sind Gelder der Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmer, die sie dort Monat für Monat einzahlen. (Zwischenruf des Abg. Kassegger.) Jetzt sind viele von ihnen in einer Krisensituation, in einer wirklich schwierigen Situ­ation. Durch die Kontrollausschüsse kennen wir auch die Finanzstände der einzelnen Arbeiterkammern.

Ich bitte Sie – und erwarte mir das auch –, dass Sie Kontakt mit Ihrem sozialdemo­kratischen Präsidenten und den restlichen sieben Bundesländern aufnehmen. Ob mit oder ohne Länderbeteiligung, das ist mir eigentlich ziemlich egal, aber ich erwarte mir, dass die gesetzliche Interessenvertretung der Arbeitnehmer (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP) Mittel für jene Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zur Verfügung stellt, die jetzt durch diese Krise wirklich gebeutelt sind. Das ist ein Gebot der Stunde! Setzen Sie das um! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

12.07

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Herbert Kickl. –Bitte.