14.03

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Bundeskanzler! Geschätzte Bundesregierung! Ich freue mich, dass Sie zu­rückgekommen sind, Herr Bundeskanzler, denn so kann ich Ihnen von einem Ö1-Interview erzählen. (Bundeskanzler Kurz blickt nicht in Richtung des Redners.) – Herr Bundeskanzler, ich wollte Ihnen von einem Ö1-Interview erzählen (Bundeskanzler Kurz blickt noch immer nicht in Richtung des Redners – Heiterkeit bei NEOS, SPÖ und FPÖ) – es muss aber auch nicht sein. (Bundeskanzler Kurz: Ich kann auch von der Seite hören! – Abg. Gabriela Schwarz: Er hört Ihnen eh zu! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Also für diejenigen, die sich dafür interessieren: Es gab ein Ö1-Interview mit Herrn Norbert Zimmermann, einem ganz hervorragenden österreichischen Unternehmer. Er war gestern im „Mittagsjournal“ und hat gesagt, dass er natürlich viele Maßnahmen richtig findet, andere wiederum nicht, und auch, dass die Bundesregierung mehr zuhören muss. – Wenn das ein bekannter Unternehmer sagt, der in seinem Leben viel geleistet hat, dann, glaube ich, sollten Sie das ernst nehmen. Deswegen habe ich auch nicht das Buch mitgebracht, das ich einmal geschrieben habe, „Hör. Mir. Zu.“ – ist auch ein gescheites Buch –, sondern ich habe ein anderes gescheites Buch mit (ein Buch in die Höhe haltend): „Factfulness“, Hans Rosling – der Vizekanzler kennt das –, ich kann es nur empfehlen.

Warum habe ich das mitgebracht? – Erstens, weil es sehr viele interessante Daten über die Entwicklung der Erde im Zuge der Globalisierung enthält. Vor allem steht aber auch drinnen, dass wir normalen Menschen mit unserem Gehirn, das sehr stark emo­tional geprägt ist, viele Daten nicht richtig einordnen können. Das heißt, wir müssen uns sehr genau mit Daten beschäftigen, damit wir sie auch verstehen. (Zwischenruf der Abg. Steinacker.)

Der Vorwurf ist ja, dass das nicht stattgefunden hat, und dieser Vorwurf kommt nicht von mir, sondern von jemandem, der sich ja viel besser auskennt, Professor Sprenger, der, glaube ich, eine Zeit lang Berater war und der heute in einem ORF-Interview gesagt hat: „Aus anderen Ländern seien Informationen aus jeder Intensivstation auch für österreichische Forscher auf Knopfdruck verfügbar, sagt Sprenger. In Österreich gebe es hingegen keine zugänglichen Daten, selbst für die renommiertesten For­schungsinstitutionen. Alles sei unter Verschluss – und es sei auch nicht erklärt worden, auf Basis welcher Daten und Studien Entscheidungen wie die lange Beibehaltung der Schulschließungen und die Einführung der Maskenpflicht getroffen worden seien.“

Das sagt einer der führenden Wissenschafter des Landes: dass es keine aus­reichen­den Daten gibt und dass sie die Forschungsinstitute auch nicht bekommen. Ich bitte Herrn Sprenger und Herrn Zimmermann zuzuhören und darüber nachzudenken.

Jetzt möchte ich zum Thema Europa kommen. Ich finde es enttäuschend, dass Sie nicht einen Satz zu dem morgigen Gipfel gesagt haben, denn das wird sehr wesentlich werden. In der neuen Ausgabe des „Spiegels“ sagt Ihr Parteichef, wenn ich das so sagen darf, der Chef der Europäischen Volkspartei, Donald Tusk: Das ist möglicher­weise der letzte Warnschuss für Europa, wenn wir diese Krise nicht gemeinsam bewältigen werden.

Nicht wieder sagen: Wir sind die Besten, wir sind eh super!, denn so super können wir gar nicht sein, wenn wir als Exportnation nicht verstehen, dass sich ganz Europa erholen muss. Das wird nur gemeinsam gehen, zum Teil auch mit neuen Maß­nahmen – da gibt es auch sehr interessante Vorschläge, bis zu George Soros, der eine Form von ewigen Anleihen vorgeschlagen hat. Darüber müssen wir reden.

Ich habe bis jetzt nicht verstanden, wie die Haltung der Bundesregierung ist. (Abg. Gabriela Schwarz: Haben Sie gestern den „Report“ gesehen, mit Kollegin Edtstadler?) – Ich höre vom Herrn Vizekanzler sehr viel von Solidarität, von Frau Edtstadler habe ich gestern nichts von Solidarität gehört (Oh-Rufe bei der ÖVP – Abg. Gabriela Schwarz: Zuhören! Zuhören!), sondern sie hat wieder gesagt: Nein, das wollen wir nicht und das wollen wir nicht! Der Herr Vizekanzler hat es völlig anders gesagt. Mich würde interessieren, wie es wirklich ist. (Bundeskanzler Kurz: Mehr zuhören! – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Damit komme ich zum nächsten Punkt, den ich auch für wichtig halte – und das ist ganz ernst –: Jetzt geht es um die Verfassung. (Bundeskanzler Kurz: Mehr zuhören!) – Jetzt geht es um die Verfassung und das ist ein ganz ernstes Thema. Ich möchte Ihnen schon etwas sagen: Der Verfassungsgerichtshof ist kein Staubsauger, der die Späne aufsaugt, die gefallen sind, wenn an einem Gesetz oder gar an der Verfassung gehobelt wurde. Der Verfassungsgerichtshof ist kein Staubsauger, und er ist auch keine Entsorgungsanstalt, in die man halt Gesetze schickt und sagt: Na ja, sie halten nicht!

In der Zeit der türkis-blauen Regierung sind mindestens drei Gesetze beschlossen worden, die der Verfassungsgerichtshof zumindest teilweise aufgehoben hat. Daraus hätten Sie doch lernen können, dass man mit der Verfassung ein bisschen vorsichtiger, anständiger umgeht, weil das Zerstören auch nur eines Teiles davon, selbst das Flapsig-darüber-Reden ein Stück Demokratie in diesem Land beschädigt, und davor möchte ich warnen. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

Damit komme ich zum nächsten Punkt betreffend Demokratie: Die Demokratie besteht natürlich auch aus den Kontrolloren – das sind einerseits die Opposition, aber das sind andererseits auch die Medien. Wenn wir inzwischen in einem Land leben, in dem es eine Quasizensuraufsichtsbehörde mit 59 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Kanz­leramt gibt, die nichts anderes machen – das haben mir einige erzählt – als aufzupas­sen, wo etwas gegen die ÖVP geschrieben wird, und sofort in den Redaktionen anzu­rufen, wenn mit Anrufen, mit Geld Druck ausgeübt wird et cetera, dann ist unsere De­mokratie ein Stück gefährdet. Und ich sage Ihnen: Geben Sie Pressefreiheit! Das sage ich nicht dem König von Spanien – diese Möglichkeiten haben Sie ja Gott sei Dank nicht –, aber das sage ich jemandem, der unsere Medien so behandelt, als wären sie ein Teil der Regierung. – Das sind sie eben nicht, und das ist auch der ORF nicht; das sollten Sie auch wissen. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

Ich komme zurück zum Thema Bildung und Wissenschaft und bringe folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Wissenschaftliche Begleitung von e-Learning an Hochschulen (aufgrund der Schließungen im Zuge der Maßnahmen gegen die Verbreitung von Covid-19)“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, wird aufgefordert, eine verpflichtende externe wissenschaftliche Be­gleitung inklusive repräsentativer Datenerhebung von Lehrpersonal und Studierenden an den österreichischen Universitäten, Fachhochschulen und Privatuniversitäten einzu­richten, mit der Erfolge und Verbesserungspotenzial insbesondere hinsichtlich e-Learning, e-Teaching und Prüfungen im Onlineformat in regelmäßigen Abständen abgefragt werden sollen.“

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Ich danke schön. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

14.09

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Wissenschaftliche Begleitung von e-Learning an Hochschulen (auf-grund der Schließungen im Zuge der Maßnahmen gegen die Verbreitung von Covid-19)

eingebracht im Zuge der Debatte in der 24. Sitzung des Nationalrats über TOP 2

Die Schließungen der Hochschulen im Zuge der Maßnahmen gegen die Verbreitung von SARS-CoV-2 stellen Lehrpersonal und Studierende mitunter vor große Heraus­forderungen. Die Ausnahmesituation erfordert von allen Beteiligten, neue, digitale Wege für die Abhaltung von Lehrveranstaltungen und Prüfungen zu erproben. Dies bietet eine Chance, Lektionen aus den positiven und negativen Erfahrungen mit e-Learning, e-Teaching und Prüfungen im Onlineformat für die Zukunft zu ziehen. Regelmäßige begleitende Datenerhebungen in dieser Phase des Lockdowns, in der Lehrpersonal und Studierende auf digitales Unterrichten und Lernen absolut ange­wiesen sind, können einen wesentlichen Beitrag für eine effiziente Digitalisierung der Lehre an den Hochschulen in der Zukunft leisten. Analog zum Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen (71/UEA), der in der 22. Nationalratssitzung einstimmig angenommen wurde, wäre eine wissen­schaftliche Begleitung inklusive stichprobenartiger Datenerhebung also auch im Falle der Hochschulen sinnvoll.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, wird aufgefordert, eine verpflichtende externe wissenschaftliche Be­gleitung inklusive repräsentativer Datenerhebung von Lehrpersonal und Studierenden an den österreichischen Universitäten, Fachhochschulen und Privatuniversitäten ein-zurichten, mit der Erfolge und Verbesserungspotenzial insbesondere hinsichtlich e-Learning, e-Teaching und Prüfungen im Onlineformat in regelmäßigen Abständen abgefragt werden sollen.“

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Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Antrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Frau Mag.a Sibylle Hamann gelangt nun zu Wort. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.