17.00

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Zuerst möchte ich ein Danke aussprechen – ein Danke für die vorbereitenden Arbeiten im Umweltausschuss und auch für die hoffentlich breite Unterstützung für den Antrag zum Klimacheck heute hier im Hohen Haus, denn das ist ein ganz, ganz wichtiger Schritt in einem sehr sensiblen und sehr wichtigen Bereich, nämlich dem Bereich der Klimagovernance.

Es geht um die Frage, wie institutionelle, politische und strukturelle Rahmen­bedingun­gen sicherstellen können, dass die Maßnahmen, die wir hier beschließen, die wir als Bundesregierung vorschlagen, auf den Klimaschutz ausgerichtet sind. In diesem Sinn ist der Klimacheck, der im Umweltausschuss breit unterstützt wurde, wirklich ein wichtiger Meilenstein, und ich danke Ihnen, wenn Sie ihn heute auf den Weg bringen, denn wir sehen – und das leitet zum zweiten Thema, dem Klimaschutzgesetz, über –, wir haben auch im Bereich der Klimagovernance Aufholbedarf und Handlungsbedarf.

Wir haben heute den Bericht laut Klimaschutzgesetz veröffentlicht. Worum geht es darin? – Die Treibhausgasemissionen jener Verursacher, die nicht vom Emissions­han­del erfasst sind, lagen in Österreich 2017 und 2018 über dem Zielpfad gemäß EU-Recht und auch über dem Zielpfad gemäß Klimaschutzgesetz – das ist klar. Das hat einen Mechanismus in Gang gesetzt: Die Übergangsregierung hat als Folge der Über­schreitung im Jahr 2017 in Entsprechung der gesetzlichen Vorgaben einen Prozess zur Erarbeitung und auch Erfassung zusätzlicher Maßnahmen gestartet.

Ich habe diesen laufenden Prozess übernommen, habe ihn dann im Hinblick auf eine Diskussion im Umweltausschuss gestrafft, das Jahr 2018 dazugenommen, und dieser gemeinsame Prozess, dieser Prozess gemäß Klimaschutzgesetz, wurde jetzt abge­schlossen. Die Maßnahmen und die Tabelle mit den gemeldeten Maßnahmen wurden heute auf der Website des BMK veröffentlicht und auch an das Nationale Klimaschutz­komitee übermittelt. Dieses wird, sobald es wieder möglich ist, zusammentreten, um diesen Bericht zu diskutieren, denn ja, wir müssen ihn diskutieren, und ja, wir haben Handlungsbedarf, und zwar auf zwei Ebenen.

Einerseits pflichte ich all jenen bei, die sagen, der im geltenden Klimaschutzgesetz vor­gesehene Verhandlungsprozess bei Zielwertüberschreitung ist verbesserungswürdig. Das haben auch wir erkannt und arbeiten deswegen im Bundesministerium jetzt schon an der Umsetzung jenes Passus im Regierungsprogramm, der vorsieht, in einem neuen Klimaschutzgesetz einen verbesserten „Mechanismus zum Ergreifen von zu­sätzlichen Maßnahmen bei Zielverfehlung“ zu etablieren. Warum ist das so wichtig? – Wir müssen auch die institutionellen Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass wir alle, von der Gemeindeebene über die Länderebene bis hin zur Bundesebene, an einem Strang ziehen, um diese wirklich ambitionierten Ziele zu erreichen.

Der zweite Punkt: Ja, wir haben viel zu tun, auch das zeigt diese Maßnahmentabelle. Das ist völlig klar. Die Maßnahmen bilden den Status quo vor Erstellung des Regie­rungsprogramms ab, das heißt, insbesondere alle zusätzlichen Maßnahmen aus dem Regierungsprogramm sind da noch nicht abgebildet, ohne Zweifel – das zeigen uns die Treibhausgasbilanzen, das zeigt uns die Historie, das zeigt uns auch der Forecast für 2019/2020 – haben wir aber viel zu tun.

Was haben wir deswegen getan? – Es geht ja bei diesen Maßnahmen vor allem um Maßnahmen, die unmittelbar für die Bilanz 2020 wirksam sind. Sie werden in der Budgetdebatte nächste Woche hören beziehungsweise in den Unterlagen zum Budget schon gesehen haben, dass die Mittel für den Klimaschutz und für ganz zentrale Fördermaßnahmen in diesem Budget deutlich erhöht werden, sei es zum Beispiel im Zusammenhang mit dem Raus-aus-dem-Öl-Bonus, der deutlich gesteigert wurde, oder der thermischen Sanierung. Das ist, wie ich glaube, gerade zum jetzigen Zeitpunkt ein ganz, ganz wichtiges Signal, weil das einer jener Bereiche ist, in dem Klimaschutz ganz besonders zu einem positiven Weg aus der aktuellen Krise werden kann, denn das induziert lokale Beschäftigung und lokale Wertschöpfung. Thermische Sanie­rungen machen die Baubetriebe in Österreich, das hilft somit einer Branche, die gerade besonders unter Druck ist. Den Ölkessel tauscht der Installateur, die Installateurin aus dem Ort, auch das führt zu lokaler Beschäftigung, lokaler Wertschöpfung, ist also ein klassischer Win-win. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Des Weiteren sind wir sehr intensiv am Erarbeiten der Maßnahmen, die einen legis­tischen Rahmen brauchen, die daher ab 2021 wirken. Zum einen betrifft das – das wurde bereits von Abgeordnetem Schmuckenschlager angesprochen – den Ausbau der Erneuerbaren. Wir sind intensiv am Arbeiten, was das EAG, den Öffiausbau, das 1-2-3-Ticket betrifft, viele Projekte, die Sie kennen; wir arbeiten aber auch – und da repliziere ich auf die Anmerkung betreffend Bodenschutz – an einer Novelle zum Alt­lastensanierungsgesetz, die auch ein neues Förderinstrument zum Brachflächen­recycling beinhalten wird. Bereits versiegelte Flächen nachzunutzen, neu zu nutzen, ist ein Baustein, nicht die Lösung für alles, aber ein wichtiger Baustein, und damit wollen wir in dieser Novelle einen Beitrag liefern, einen Schritt im Zusammenhang mit diesem umfassenden Bodenschutzpaket machen, das im Umweltausschuss beschlossen wurde.

Es ist vollkommen klar, dass wir im Bereich Klimaschutz viel zu tun haben, wir haben uns ambitionierte Ziele gesetzt, aber ich möchte meine Klimaschutzpolitik auf Basis der Wissenschaft machen. Es ist völlig unzweifelhaft, dass der Verkehr in den letzten Jahren und Jahrzehnten diesbezüglich einen beziehungsweise den substanziellen Beitrag geleistet hat und sich von allen Sektoren auch am nachteiligsten entwickelt hat. Dass es sich natürlich auch auf die Emissionen auswirkt, wenn es eine Zeit lang sehr viel weniger Verkehr gibt, auch sehr viel weniger produziert wird, ist anzunehmen, dazu liegen aber noch keine fundierten Daten vor; das ist dann erst in ein paar Monaten abzulesen. Was schon vorliegt, sind Daten betreffend die unmittelbare Auswirkung auf die Luftgüte; auch das möchte ich Ihnen nicht vorenthalten, weil es hier zitiert wurde.

Ich habe Daten von zwei Messstellen in Oberösterreich, anhand derer man auch sehen kann, dass sich die österreichische Bevölkerung wirklich sehr vorbildlich an die Maß­nahmen zur Verkehrsbeschränkung und zur Eindämmung der Coronakrise hält. Die Belastung mit Stickstoffdioxid ist an der Messstelle beim Römerbergtunnel auf rund 15 Prozent zurückgegangen, in Enns auf rund 10 Prozent. Das heißt, man sieht natürlich einen unmittelbaren Effekt. Ist das eine Lösung? – Nein, natürlich nicht. Das ist auch nicht etwas, worüber ich mich freuen kann, weil eine Krise Klimapolitik nicht ersetzt.

Unsere Aufgabe, unsere gemeinsame Aufgabe wird es sein, dass wir am Weg aus der Krise mit ambitionierter Klimapolitik zwei Probleme auf einen Schlag lösen, nämlich indem wir uns einem dräuenden Wirtschafts- und Arbeitsmarktproblem mit voller Kraft entgegenstellen und indem wir für einen lebenswerten Planeten sorgen. In diesem Sinn freue ich mich auf die Zusammenarbeit. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

17.08

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Jeitler-Cincelli. – Bitte.