10.21

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Herr Präsident! Frau Minister! Herr Minister! Geschätzte Frau Minister, aus meinen Whatsapp-Nachrichten kann ich schließen, dass sich viele Unternehmer gefragt haben: Was soll diese Aktuelle Stunde? Wir haben schon 61 Politpressekonferenzen hinter uns – was will uns die ÖVP oder die Wirt­schaftsministerin jetzt damit sagen?

Peter Haubner hat erwähnt, dass die Leistungsfähigkeit der Unternehmen in der Ver­gangenheit sehr groß war. Das stimmt, aber die Leidensfähigkeit ist viel größer, und ihr setzt sie auch noch aufs Spiel, wenn ich mir vergegenwärtige, wie da in der Vergan­genheit mit Zahlen herumgeschmissen worden ist, mit denen man versucht hat, den Unternehmen Zuversicht zu geben. Der Finanzminister hat gesagt, 10 Milliarden Euro, ein paar Tage später hat der Bundeskanzler gesagt, 14 Milliarden Euro wurden schon überwiesen; beide haben gesagt: wurden schon überwiesen. Herr Finanzminister Blü­mel hat gesagt, 400 Millionen Euro an die Wirtschaftskammer wurden schon akkor­diert. (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Schramböck.) Die Frau Wirtschafts­minister hat von 38 Milliarden Euro gesprochen, aber nicht dazugesagt, wie das gehen wird. Zusammen mit Bankensprecher Treichl und Minister Blümel hat sie gesagt: Ihr braucht euch keine Sorgen zu machen, liebe Unternehmer; 100 Prozent Haftungen, das funktioniert ganz unbürokratisch!

Ich habe am Freitag einen Aufruf an die Unternehmer gemacht und sie ersucht, zu schildern, was sie denn so für Probleme haben, und ich kann Ihnen sagen, die Hälfte davon (einen dicken Packen Papier in die Höhe haltend) – das sind über 500 Antwor­ten – beklagt Liquiditätsprobleme. Keiner meiner Vorredner hat irgendetwas von den Basel-III-Kriterien gesagt, an die sich die Banken halten müssen! Diese Liquiditäts­probleme habe ich auch, und sie werden mir wahrscheinlich das Kreuz brechen, weil ich in die Kurzarbeitsfalle geraten bin. So wie mir geht es wahnsinnig vielen Unterneh­mern.

Ich muss Ihnen sagen, es ist schon eine besondere Herausforderung, hier heraußen zu stehen und daran denken zu müssen: Wie lange werde ich das mit meinem Betrieb noch überleben? – Und das alles, weil Sie schon sieben Wochen lang versprechen, was Sie alles tun, und bei den Unternehmern und Unternehmerinnen kommt nichts an! Das ist das Dramatische! Das ist das wirklich Dramatische. (Beifall bei NEOS, SPÖ und FPÖ.)

Ich frage mich: Was will die Wirtschaftsministerin mir als Unternehmer sagen, wenn sie sagt, soundso viele Milliarden wurden überwiesen – und bei den einzelnen Unterneh­men kommt nichts an? Es ist wirklich dramatisch, wie man auch den Stellungnahmen von Sonja Lauterbach, die faktisch die EPUs in den sozialen Medien vertritt, entneh­men kann: Die sind alle vor dem Sterben!

Jetzt zur Gastronomie: Es ist wirklich dramatisch, wenn ein findiger Unternehmer, einer der besten Köche in Wien, in Österreich sich Gedanken darüber macht, wie er das überleben kann, wie er Liquidität herbeischaffen kann – nicht Rentabilität, sondern es geht einfach um das Lukrieren von Umsätzen –, und dann das Marktamt seinen Be­trieb schließt. Der ist nicht unsauber, der hat einfach nur eine findige Idee gehabt. Das ist Bürokratie! Sie erzählen uns immer irgendetwas von Entbürokratisierung, aber es passiert gar nichts! Das ist das Traurige. Das macht mich echt traurig. (Beifall bei den NEOS.)

Es macht mich traurig, wenn selbst Max Buzanich, der Rauchfangkehrer ist – da könn­te man noch sagen, okay, Rauchfangkehrer –, sagt, er wisse nicht, wie er es schaffen werde, weil in wahnsinnig vielen Häusern in den Ferienregionen nichts mehr zu putzen ist. Es macht mich traurig, wenn ich dem kleinen Gabriel, der jetzt wahrscheinlich vor dem Fernseher sitzt und uns zuschaut, weil er nicht in der Schule ist und er sich für Politik interessiert, der mir einmal gesagt hat, er will Unternehmer werden, sagen muss: Da bist ganz schön deppert, wenn du das tust!

Die APA hat gestern eine Umfrage veröffentlicht, wonach 48 Prozent aller Haushalte in Österreich mit weniger Einkommen rechnen. In Tirol und in Salzburg ist die Zahl sogar noch viel größer, da sprechen 78 Prozent von Einnahmeneinbußen. Das ist drama­tisch, das schwächt unsere Kaufkraft. Frau Minister Aschbacher kann uns noch immer keine aktuellen Arbeitslosenzahlen melden. Es ist so, wie Beate Meinl-Reisinger ge­sagt hat: Die Hälfte aller in Österreich Beschäftigten sind im Moment nicht in der Arbeit. Sie können keiner Arbeit nachgehen, sie können kein Einkommen erwirtschaften – und das ist dramatisch. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Stefan.)

Die Frage ist jetzt auch: Was würde ich als Unternehmer brauchen, was würden wir hier herinnen brauchen? – Wir würden eine Datenqualität brauchen, nicht nur bei den Arbeitslosenzahlen, eine Datenqualität, die sich gewaschen hat; da müssten wir die Besten sein. Es geht nicht um die meisten Pressekonferenzen, sondern um die besten Daten, die transparent zur Verfügung gestellt werden (Beifall bei den NEOS sowie der Abgeordneten Schnedlitz und Wurm), mit einem Monitoring und einem Fahrplan. Es hilft der beste Fahrplan nichts, wenn man ihn nicht aushängen kann. Darüber sprechen ist ganz nett und schön, aber ihr müsst den Fahrplan aushängen.

Der Tourismus, die Unternehmer müssen wissen, wohin die Reise geht, wenn die In­fektionskurve nach unten geht, welche Erleichterungen es gibt, welche Erleichterungen der Reisebeschränkungen es in einem Europa der Regionen geben kann. Stattdessen halten Sie 14 Tage die Hoffnung aufrecht, dass am 15. Mai nicht nur die Gastronomie, sondern auch die Hotellerie aufsperren darf, um ihnen dann zu sagen: Nein, die Hotel­lerie sperrt erst zwei Wochen später auf! – Was heißt das?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Den Schlusssatz bitte, Herr Abgeordneter! Sie sind schon weit darüber.

Abgeordneter Josef Schellhorn (fortsetzend): Herr Präsident, heute gibt es eine Zu­gabe wie im Opernhaus, heute dauert es ein bisschen länger! (Allgemeine Heiterkeit.)

Das sind die Themen, um die es jetzt geht. Wir brauchen Fahrpläne, wir brauchen Perspektiven und wir brauchen Wirtschaftsexperten, die vom Unternehmertum, von dieser Branche und Sparte etwas verstehen, und es braucht eben einen Masterplan. Genauso wie im Kulturbereich braucht es im wirtschaftlichen Bereich einen Fahrplan. Sprecht nicht darüber, hängt ihn aus! (Abg. Deimek: Sie wissen nicht, was sie tun! Leider!)

Zuletzt möchte ich Ihnen noch ein paar Schmankerl vorlesen.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter, Sie sind weit über der Zeit.

Abgeordneter Josef Schellhorn (fortsetzend): Eines! Eines nur!

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ein Schmankerl, okay. (Abg. Martin Graf – drei Finger in die Höhe streckend –: Drei hab ich noch!)

Abgeordneter Josef Schellhorn (fortsetzend): Ein Jungunternehmer kriegt keine För­derung, die Wirtschaftskammer teilt ihm mit: Du bist noch nicht länger als zwei Jahre Mitglied bei der Wirtschaftskammer! – Schöne gute Nacht, Österreich! (Beifall bei den NEOS.)

10.28

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.