8.45

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Rendi-Wagner, das kann bestenfalls noch die Redeunterlage vom Parteivorstand der SPÖ gewesen sein (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen – Oh-Rufe und weitere Zwischenrufe bei der SPÖ), als Sie mit 71 Prozent von den eigenen Mit­gliedern, also von Eisenbahnerwitwen bis hin zu Mitgliedern des Pensionisten­ver­ban­des, noch gewählt wurden. (Abg. Meinl-Reisinger: August, das wäre sogar mir zu ...!) Ansonsten entbehrt es jeglicher politischen Vernunft, was Sie hier gesagt haben, Frau Kollegin Rendi-Wagner. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Leichtfried: ...! Danke, Herr Bundeskanzler! – Weitere Zwischenrufe bei SPÖ und NEOS.)

Stellen Sie sich her und reden Sie einmal darüber, warum wir heute überhaupt hier sind! (Abg. Meinl-Reisinger: ... demokratisches Recht! – Abg. Vogl: Weil wir demo­kratische ... haben! – Weitere Zwischenrufe bei SPÖ, FPÖ und NEOS.) Stellen Sie sich her und nehmen Sie wenigstens diesen politischen Mut noch zusammen! Stellen Sie sich hierher und sagen Sie, warum wir heute da sind, nämlich weil der Nationalrat nach mittlerweile über 14 Jahren (Abg. Matznetter: Das ist ein demokratisches ...!) wieder Beharrungsbeschlüsse zu fassen hat (Abg. Meinl-Reisinger: Wenn ich so schlecht ... vorlesen ...! – Zwischenrufe bei SPÖ, FPÖ und NEOS), in einer Zeit einer Pandemie, in der es darum geht - - (Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.) – Ja, das ist die Opposition (weitere Zwischenrufe bei SPÖ, FPÖ und NEOS), das ist unsere Oppo­sition! Das haben sich die Menschen in Österreich nicht verdient, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei SPÖ, FPÖ und NEOS.)

Wir sind heute da, weil das Epidemiegesetz abgeändert wurde. Es hat ein ganzes Wochenende lang eine politische Diskussion darüber gegeben (Abg. Loacker: Ohne Parlament!), dann haben wir diese Änderungen aufgenommen (Abg. Loacker: Orbánisten! Grausig! ...!) – alle Änderungen wurden aufgenommen –, und dann geht man im Bundesrat her und sagt: Nein, wir beeinspruchen dieses Gesetz. (Abg. Meinl-Reisinger: Unerhört! – Weitere Zwischenrufe bei NEOS und FPÖ.) – Na, ihr seid ja auch nicht im Bundesrat, also habt ihr es auch nicht beeinspruchen können. (Beifall bei der ÖVP. – Heiterkeit bei FPÖ und NEOS.)

Anerkannte Verfassungsjuristen des Landes sagen anderes (Abg. Kickl: Die großen Föderalisten ÖVP! ... Länderkammer!); ich zitiere Funk, der normalerweise von der linken Seite des Hauses zitiert wird: Die Novellierung zum Epidemiegesetz entspricht „den verfassungsrechtlichen Erfordernissen“. Auf Bewegungsfreiheit, Privatleben, freie Religionsausübung, Meinungsfreiheit, Vereins- und Versammlungsfreiheit wird Rücksicht genommen. (Ruf bei der SPÖ: Ja! – Abg. Kickl: Rücksicht! Rücksicht!) – Ja, super, was willst du jetzt? Ja, super, passt es jetzt oder nicht, wenn das ein Ver­fassungsjurist sagt? Kollege Leichtfried sagt aber: Nein, er liegt leider falsch, das ist nicht richtig!? – Okay, Funk liegt nicht richtig; das ist auch einmal interessant, dass man das von der SPÖ hört. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Scherak: Der Leichtfried ist ...!)

Jabloner, immerhin der ehemalige Justizminister, zeigt sich „grundsätzlich zustimmend und einverstanden“. (Die Abgeordneten Belakowitsch und Leichtfried: Grundsätz­lich!) Kopetzki, Leiter der Abteilung für Medizinrecht an der Uni Wien: „Gegen die beschlossene Fassung des § 15 Epidemiegesetz“ – und darum handelt es sich – „habe ich keine Einwände, weder aus rechtspolitischer noch aus verfassungsrechtlicher Sicht.“

So, meine Damen und Herren, und das soll die Bevölkerung schon auch wissen. (Zwischenruf des Abg. Leichtfried. – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wir be­mühen uns hier, das Epidemiegesetz so abzuändern, damit die Umsetzung der Locke­rungsmaßnahmen, die jetzt Schritt für Schritt erfolgt, auch ordentlich begleitet werden kann. Dazu braucht der Sozialminister diesen abgeänderten § 15 im Epidemiegesetz. (Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.)

Was machen Sie? – Sie gehen im Bundesrat her und beeinspruchen dieses Gesetz, denn das brauchen wir nicht, Corona findet ja anscheinend nicht statt. (Abg. Kickl: Wir könnten uns eigentlich den Bundesrat sparen, oder, Kollege Wöginger?) Da gibt es ja anscheinend diese berühmte Glaskuppel, die wir über Österreich gestülpt haben. Meine Damen und Herren, das ist unverständlich! Das ist unverständlich und es entbehrt auch jeglicher politischen Logik, warum Sie diese Gesetze beeinsprucht haben. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Leichtfried: August, das ist eine sehr schlechte Rede! Das ist eine ausgesprochen schlechte Rede! ... die Welt gerettet!)

Es geht auch gar nicht um Land gegen Bund, denn der Bundesrat ist ja die Län­derkammer. Es geht aber gar nicht darum, es sind nämlich auch Gesetze betroffen, die von den Bundesländern gekommen sind. Wenn man sich nur die Verwaltungs­ver­fahren anschaut, die wir heute haben: Bei uns warten Hunderte Gemeinden darauf, dass endlich die Bauverhandlungen stattfinden können (Abg. Leichtfried: Ja, die war­ten auf ...!), damit die Projekte vorangetrieben werden können. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich frage mich nur, was die roten und blauen Bürgermeister sich eigentlich dabei denken, wenn ihre Parteien im Bundesrat verhindern, dass dieses Gesetz früher in Kraft treten kann. Das versteht niemand. (Ruf bei der FPÖ: Warum keine Bauver­handlungen? – Zwischenruf des Abg. Kassegger.) Wir brauchen diese Regelungen, damit diese Verhandlungen unter anderen Maßstäben durchgeführt werden können (Zwischenruf des Abg. Matznetter), damit es da letzten Endes zu keinen Verzö­ge­rungen kommt, zum Beispiel auch bei den Bauvorhaben auf der kommunalen Ebene. Wir brauchen das, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Grünen.)

Oder: Warum das Freiwilligengesetz?! Das ist überhaupt der Superknüller, würde ich sagen, bei den heutigen vier Vorlagen: 600 000 Euro kommen für das Freiwillige Soziale Jahr in einen Fördertopf – ein Gesetz, das wir 2012 beschlossen haben, mit dem wir jungen Menschen in diesem Bereich eigentlich eine sehr gute Perspektive gegeben haben. Jetzt geht man her und sagt: Nein, das wird beeinsprucht, wir wollen das nicht. – Was ist denn daran bitte schlecht?!

Wir wurden auch bezichtigt, da Geld irgendwo hinschieben zu wollen, zu einer Orga­nisation. (Abg. Scherak: Das würdet ihr nie machen! – Heiterkeit bei den NEOS.) Das ist doch völlig absurd. Es geht um die jungen Menschen, die sich diesem Freiwilligen Sozialen Jahr widmen, und in dieser Zeit brauchen wir das besonders; deshalb stocken wir diese Mittel auf. Warum man das beeinsprucht, das verstehe, wer will; ich kann es nicht verstehen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Kickl: Du verstehst vieles nicht! – Ruf bei den NEOS: Das kann andere Gründe haben!)

Das Letzte, was hier auch beeinsprucht wurde, ist ein Finanzpaket, bei dem es um die Umsatzsteuerbefreiung von Masken geht. Das sind Dinge, die sich jetzt immer mehr von der Realität entfernen, was uns SPÖ und FPÖ hier liefern.

Am Anfang – und ich möchte das noch einmal betonen  war es so: Kickl hat am 13. März den Lockdown gefordert (Abg. Belakowitsch: Es ist der 13. Mai!), Rendi-Wagner hat Ende März von diesem Pult aus gesagt, Mitte April könnte es sein, dass wir die 30 000er-Marke an Infizierten überschreiten, und dann wären die Kapazitäts­grenzen sozusagen erreicht, was die Spitäler und auch die Intensivbetten anbelangt. Alle Fraktionen waren sich einig, dass diese Maßnahmen notwendig sind – alle Fraktionen. Jetzt sagt man anderes – weil wir sehr gut durch diese schwierige Situation gekommen sind. Der Dank gilt den Österreicherinnen und Österreichern, dass sie mitgemacht haben, dass sie diese Maßnahmen eingehalten haben (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen), und nur deshalb haben wir diese Gott sei Dank geringe Zahl an Todesopfern.

Ich höre nicht auf, das zu sagen: Schaut rundum, schaut in unsere Nachbarländer, welche Zahlen wir dort haben! (Abg. Amesbauer: Das ist so unseriös!)  Das ist überhaupt nicht unseriös, das ist eine Tatsache. (Zwischenrufe der Abgeordneten Belakowitsch, Stefan und Wurm.) Es ist extrem schwierig, dieses Virus einzu­däm­men und einzufangen. In Österreich hat es dank der Bevölkerung funktioniert. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.) Jetzt gehen wir her, meine Damen und Herren, und öffnen schrittweise, in 14-Tages-Schritten, damit wir auch die Ent­wicklungen bei den Infiziertenzahlen ganz genau beobachten können.

Wir sehen in anderen Ländern, dass es diese zweite Welle gibt, und ich hoffe, sie kommt nicht zu uns. (Heiterkeit des Abg. Kickl.) Ich hoffe auch, dass wir all die Öff­nungsmaßnahmen so beibehalten können (Zwischenruf des Abg. Kickl), aber nie­mand, meine Damen und Herren, kann sagen, wie sich das wirklich entwickeln wird. Wir machen auf – jetzt am Wochenende die Wirte –, wir unterstützen mit Paketen in alle Richtungen, wir helfen jenen, die arbeitslos sind (Abg. Belakowitsch: Wem denn?), wir unterstützen die Unternehmerinnen und die Unternehmer. Wir öffnen dieses Land schrittweise wieder, weil es die Zahlen hergeben – und das ist das, was wir immer gesagt haben: weil es die Zahlen hergeben.

Wo wir nicht dabei sind, ist, diese Situation zu verharmlosen oder zu sagen, das findet nicht statt. Das tun wir nicht, meine Damen und Herren. Wissen Sie, warum nicht? – (Ruf bei den NEOS: ... Umfragewerte!) Weil uns die Gesundheit der Menschen am Herzen liegt und das die oberste Priorität für die politischen Entscheidungsträger dieses Landes zu sein hat. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

8.55

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet hat sich Abgeordneter Angerer. – Bitte.