11.03

Abgeordneter Mag. Christian Ragger (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Geschätzte Damen und Herren! Unser geschätzter Bundes­präsident hat einmal einen klaren Satz formuliert, nämlich über die Schönheit der Ver­fassung und welche Möglichkeiten sie in sich birgt.

Ich glaube, wir waren alle überzeugt davon, dass wir am 15. März, als wir hier zusam­mengesessen sind, einen ganz klaren Auftrag und eine ganz klare Formulierung ge­habt haben, nämlich hier einen maximalen Schulterschluss zwischen den einzelnen Fraktionen zu erzielen, um diese Krise zu bewältigen. Jeder von uns wird Ihnen, liebe ÖVP, auch zugestehen, dass wir alle durchaus interessiert, bewegt und überzeugt davon waren, diese Lösung auch herbeizuführen. Doch dass Sie es geschafft haben, aus diesem Schulterschluss Misstrauen, Ungunst und heute eine Verzweiflung der österreichischen Bevölkerung herbeizuführen, lag einzig und allein in Ihrer Hand. Ich möchte Ihnen aufzeigen, was Sie nämlich in diesen sechs Wochen angestellt haben.

Sie sind am 15. März hier gestanden und haben gesagt, wir müssen dieses Epidemie­gesetz ändern, weil es zwingend notwendig ist, damit wir die Bevölkerung schützen. Sie haben der Bevölkerung zu keinem Zeitpunkt klargemacht, dass diejenigen, die heute zu Hunderttausenden auf der Straße sitzen, die zu Hunderttausenden ihr Unter­nehmen verloren haben, keinen Rechtsanspruch haben.

Liebe Frau Verfassungsministerin, Ihnen muss es bei dem, was wir heute hier im zwei­ten Anlauf beschließen, letztendlich ja die Nackenhaare verkehrt aufziehen. Sie haben die Schönheit der Verfassung benutzt und sind mit einem schottischen Breitschwert auf einen Bonsaibaum losgegangen, um letztendlich diese Verfassung auszuhebeln. Sie haben es geschafft, in sechs Wochen jegliche rechtliche Anspruchsgrundlage, die in der Verfassung festgelegt ist, zu missbrauchen, ob das das Vereinsgesetz, die Versammlungsfreiheit, das Veranstaltungsrecht war. (Beifall bei FPÖ und SPÖ.)

Selbst jetzt wird man bei Ihrem Gesetz nicht schlauer daraus! Ich zitiere aus dem Gesetz, weil Sie der Opposition sowieso nie etwas glauben. Wir brauchen gesetzliche Bestimmungen, die determiniert sind – das lernt man in der ersten Vorlesungsstunde bei uns in der Juristerei an jeglicher Universität –, und dann schreiben Sie gesetzliche Determinierungen hinein, nämlich das „Zusammenströmen größerer Menschen­men­gen“. Was ist das Zusammenströmen größerer Menschenmengen? – Erklären Sie mir, wie Sie das in einem Verwaltungsverfahrensgesetz, in einem Verwaltungsstrafgesetz festmachen möchten!

Ich gebe Ihnen ein zweites Beispiel, nämlich die Abstandsregeln. Wird es bei einer Verhandlung, wenn man die eineinhalb Meter nicht einhalten kann, einen Bescheid geben, der dann anfechtbar ist, oder nicht? – Das heißt, Sie haben in Ihrem Gesetz Regeln aufgestellt, die man nicht nachvollziehen kann, und damit lösen Sie auto­matisch eine weitere Möglichkeit aus, dass man zum Verfassungs- und Verwaltungs­gerichtshof gehen muss. Das haben Sie bis dato alles verabsäumt. Sie sind aufgrund mangelnden Expertenwissens, weil Sie es auch außer Acht gelassen haben, nicht in der Lage, klare Regelungen für die österreichische Bevölkerung zu schaffen. Letzt­endlich müssen Sie sich im Klaren darüber sein, dass Sie das am Ende des Tages zu verantworten haben.

Kommen Sie daher zurück zum Parlamentarismus, kommen Sie zurück zur Begut­achtung und lassen Sie auch das Parlament legistisch arbeiten! – Danke. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.07

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hermann Brückl. – Bitte.