11.46

Abgeordneter Michel Reimon, MBA (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Interessiertes Publikum zu Hause! Aus europäischer Sicht ist dieser Beschluss ein hochgradig spannender und wird in Europa einiges verschieben. Warum? – Der Europäische Stabilitätsmechanismus ist 2010, 2011, 2012 als Reaktion auf die Finanzmarktkrise 2008 beschlossen worden, durch die Parlamente gegangen, und er hat zum Ziel gehabt, Großkapital, die Banken, die Millionäre, die Milliardäre zu retten; Stabilitätsmechanismus hat er bedeutet fürs große Kapital, für die großen Vermögen, für die großen Banken.

Das war das Ziel des ESM, europäisches, nordeuropäisches, deutsches, österreichi­sches, skandinavisches Kapital in Südeuropa abzusichern und Südeuropa dafür aber auch ans Messer zu liefern. Das muss man auch dazusagen. (Abg. Belakowitsch: Wer hat die Verfassungsänderung damals ...?) Es gibt kaum eine europäische Maß­nahme, die in Südeuropa so umstritten, so verhasst ist wie der ESM. Was Italien, was Spanien, was Griechenland mit diesem ESM an Maßnahmen auferlegt wurde, hat dort das Gesundheitssystem geschädigt, hat das Pensionssystem geschädigt, hat das öffentliche Verkehrssystem geschädigt, hat die Wirtschaft geschädigt und hat nieman­dem genutzt, der einen kleinen Betrieb hatte, der ein kleines Unternehmen hatte, der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin in einer Firma war. Dieser ESM hat ausschließlich den Banken und dem Großkapital genutzt (Abg. Belakowitsch: Die Grünen waren dabei!), und dieser ESM ist mit diesem Beschluss in dieser Form Geschichte, und das ist etwas Wundervolles. (Beifall bei den Grünen.)

Was nämlich jetzt passiert, was jetzt daraus wird, ist ein Solidaritätsmechanismus. Was jetzt beschlossen wird, ist, dass die Länder Südeuropas, die in Zukunft einen Kredit aus diesem Topf beantragen, keine Auflagen bekommen, keine Sparauflagen bekom­men, wie das bisher der Fall war, keine Vorschriften bekommen, die ihre Wirtschaft abwürgen, ihre Gesundheits- und Bildungssysteme abwürgen, sondern dass sie all das Geld nur zur Bekämpfung der Gesundheitskrise einsetzen müssen, dass sie es so einsetzen können, wie sie es brauchen. Deswegen haben sie auch zugestimmt.

Italien hat sich Mitte April gewehrt, vehement dagegen gewehrt, dass der ESM das Tool wird, das eingesetzt wird. Dann gab es eine Ratssitzung, eine ESM-Sitzung dazu, und in dieser Ratssitzung hat sich die europäische Politik geändert, haben die euro­päischen Volksparteien ihre Politik geändert. Die ÖVP, die CDU, die CSU, die Nieder­ländische Volkspartei sind alle von diesem strikten Sparkurs abgegangen und haben sich darauf eingelassen, einen europäischen Solidaritätsmechanismus zu beschließen. Das ist doch wundervoll, endlich haben wir das aufgehoben! Ich wundere mich, dass Kollege Matznetter da herausgeht und das nicht lobt. Das Ganze, dieser harte Spar­kurs, wurde 2010, 2011, 2012 während der Faymann-Regierung beschlossen, da war er Wirtschaftssprecher der SPÖ und hat diesem Kurs zugestimmt, weil die ÖVP das damals wollte. (Abg. Belakowitsch: Die Grünen waren da auch dabei!)

Zehn Jahre später ist das weg und wir haben endlich europäische Solidarität  und er geht nicht her und reißt eine Sektflasche auf. (Beifall bei Grünen und ÖVP.) Was ist?  Endlich haben wir einen Solidaritätsmechanismus! Was ihr damals nicht durchgebracht habt – jetzt haben wir es. Wir werden zustimmen.  Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

11.50

Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete Karin Doppelbauer, Sie gelangen nun zu Wort. – Bitte. (Abg. Leichtfried: Aber für den Kollegen Matznetter war das ein ...!)