09.23

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vi­zekanzler! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Werte Abgeordnete! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, es ist richtig, wir debattieren das Budget 2020 in einer sehr außergewöhnlichen Situation. Ich möchte aber schon zwei Bemerkungen zu meiner Vorrednerin machen.

Ich treffe viele Menschen in meinem Wahlkreis, die froh und dankbar dafür sind, dass wir bis jetzt - - (Heiterkeit und Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Ja, Sie gehen anscheinend nicht zu den Leuten, denn sonst würden Sie das auch hören, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Amesbauer: ... ÖVP volksnah ... neu! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Ich nehme das immer sehr ernst, was mir die Bevölkerung sagt (Zwischenrufe bei der SPÖ), und da gibt es sehr viele Menschen, die froh und dankbar dafür sind, dass Öster­reich bis jetzt sehr gut durch diese Gesundheitskrise (Abg. Matznetter: ... Regierungs­krise!) – und wir reden hier von einer weltweiten Pandemie – gekommen ist; und ich verstehe nicht, warum eine ehemalige Gesundheitsministerin darüber kein Wort verliert. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Zum Zweiten reden Sie von wirtschaftlicher Vernunft (Zwischenrufe der Abgeordneten Kollross und Leichtfried), Sie fordern das größte Hilfspaket der Zweiten Republik. Eines möchte ich Ihnen schon sagen: In der Sozialpartnerschaft werden gute Dinge ver­einbart, wenn man zum Beispiel die Kurzarbeitsregelung als Beispiel nimmt, die mitt­lerweile bei einem Volumen von 12 Milliarden Euro angelangt ist, und dann stellen Sie sich hierher und kritisieren diese Maßnahmen, die Ihre eigenen Gewerkschafter richti­gerweise auch mitvereinbart haben. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wir haben die So­zialpartnereinigung eins zu eins übernommen (Abg. Matznetter: Nein, wir kritisieren, dass ...!), es ist jetzt die Verlängerung, bei der die Gewerkschaftsvertreter mitstimmen. (Zwischenruf des Abg. Stöger.) Das geht auch nicht, meine Damen und Herren: auf der einen Seite verhandeln und zustimmen, auf der anderen Seite kritisieren. Das ist un­seriöse Politik, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Warum beschließen wir dieses Budget? – Das haben Sie zur Gänze verschwiegen, Frau Klubobfrau: weil es zusätzliche Mittel für viele Bereiche in den einzelnen Untergliede­rungen gibt: für Polizei und Bundesheer ein Plus von 119 Millionen Euro; bei der Justiz eine Aufstockung um 10 Prozent, insbesondere für Supportpersonal, von 165 Millionen Euro; zusätzliche Mittel für den ländlichen Raum und zum Schutz vor Naturgefahren, ein Plus von 144 Millionen Euro, zum Beispiel für die Nahverkehrsmilliarde; und das Budget für Umwelt-, Klima- und Energiemaßnahmen wird 2020 um fast 70 Prozent erhöht. Vor allem auch deshalb ist es notwendig, dieses Budget auch zu beschließen (Zwischenruf bei der SPÖ), denn das wäre mit der Fortschreibung des Budgetprovisoriums nicht möglich. Das haben Sie auch verschwiegen, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Derzeit ändern sich die Wachstumsprognosen, die leider Negativprognosen sind, bei­nahe täglich. Allein das Wifo geht derzeit von einer Bandbreite von minus 5,25 Prozent bis zu minus 7,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes aus. Der Internationale Währungs­fonds prognostiziert minus 7 Prozent, die Oesterreichische Nationalbank minus 3,2 Pro­zent und die Bank Austria rechnet gar mit minus 9 Prozent. (Ruf bei der SPÖ: Raika?!) Also wir haben eine Bandbreite von minus 3,2 Prozent bis minus 9 Prozent.

Sie haben an die wirtschaftliche Vernunft appelliert, die ich bei der SPÖ seit ihrem Be­stehen vermisse (Beifall bei der ÖVP – Zwischenrufe bei der SPÖ), aber was bedeutet das jetzt bei minus 3,2 bis minus 9 Prozent? Wie hätten Sie es denn gerne, Frau Rendi-Wagner, was sollen wir denn in das Budget hineinschreiben? (Zwischenruf des Abg. Kassegger.) Da geht es um Milliardenbeträge. – Auch das verschweigen Sie der Be­völkerung, liebe Frau Kollegin, aber vielleicht wäre es hilfreich gewesen, auf die Experten im Hearing zu hören. (Zwischenruf des Abg. Matznetter. Das, was du gut kannst, ist schreien, Herr Kollege Matznetter, das ist dir seit vielen Jahren auf den Leib geschrie­ben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wenn Sie den Expertinnen und Experten wirklich zugehört hätten, dann hätten Sie ver­nommen, dass zum Beispiel Martin Kocher vom IHS betont hat, „trotz wöchentlicher Updates der Studien sei eine Prognose der wirtschaftlichen Lage zum Ende des Jahres nicht möglich“. Margit Schratzenstaller vom Wifo sprach „von der schwierigsten Budget­erstellung in der Geschichte der Zweiten Republik“. (Zwischenrufe der Abgeordneten Kollross und Matznetter.) Man höre: „Das Budget könne deshalb nur eine Moment­aufnahme sein, die aber immerhin die Möglichkeit bietet, die wichtigsten Akzente der Regierungserklärung in Zahlen zu gießen.“ – Genau das machen wir, meine Damen und Herren, die wichtigsten Akzente, die wir vereinbart haben, werden mit diesem Budget auch beschlossen. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenruf des Abg. Kassegger.)

Für die Coronahilfsmaßnahmen ist im Budget eine Überschreitungsermächtigung im Ausmaß von 28 Milliarden Euro vorgesehen (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch), weil es sich bei den anderen 10 Milliarden Euro um Steuerstundungen handelt. Die Auszah­lungen werden im Sinne der Transparenz jeden Monat in einem umfassenden Bericht dargelegt. Zusätzlich hat jetzt auch der Rechnungshof die Prüfung der Covid-Maßnah­men angekündigt, was gut und richtig ist (Zwischenrufe der Abgeordneten Doppelbauer und Meinl-Reisinger), weil ja der Rechnungshof das Kontrollinstrument des Parlaments ist. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Wir diskutieren derzeit ja auch über einen Unterausschuss auf der parlamentarischen Ebene im Zusammenhang mit dem Cofag-Beirat.

Wir können derzeit nur von Momentaufnahmen sprechen, alles andere wäre unseriös, meine Damen und Herren. Der Finanzminister hat am Sonntag im „Kurier“ auch klar­gestellt: Die Meldung nach Brüssel war keine Budgetdatenmeldung, sondern eine Wirt­schaftsdatenmeldung auf Aufforderung der Europäischen Kommission. (Abg. Loa­cker: ... biegen! – Abg. Matznetter: Das war nicht das Wifo!) Eine Endabrechnung gibt es derzeit nicht, weder einnahmen- noch ausgabenseitig, und ein Kassensturz macht erst im Herbst Sinn, das bestätigen auch die Expertinnen und Experten in diesem Be­reich. Es ist notwendig, dieses Budget jetzt zu beschließen (Abg. Doppelbauer: Wel­ches Budget?), damit wir abbilden können, wo Mehrausgaben vorgesehen sind.

Zum Schluss noch einige Aspekte, damit man versteht, warum wir das in dieser Art und Weise machen: Der Tourismus wird am kommenden Wochenende geöffnet, und wir hoffen natürlich, dass die Österreicherinnen und Österreicher dieses Angebot wieder annehmen und im Inland Urlaub machen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Der Tourismus schlägt sich in Normalzeiten mit 15 Prozent des Bruttoinlandsproduktes nieder, nur wis­sen wir nicht, wie das heuer in der Endabrechnung aussehen wird. (Abg. Matznetter: Das ist aber sehr ...!)

Wir haben 12 Milliarden Euro für die Kurzarbeit vorgesehen; die Abrechnung ist noch nicht erfolgt, das wird erst in den kommenden Wochen und Monaten passieren. (Ruf bei der SPÖ: ... Auszahlung ...!) Heute wird ein Gemeindepaket mit einem Volumen von 1 Milliarde Euro eingebracht. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) 50 Prozent der In­vestitionskosten im Bereich der Gemeinden werden vom Bund übernommen, und zwar für künftige, aber auch für bestehende Projekte, die sich in den Voranschlägen wieder­finden. Es gibt die Auszahlungen im Bereich des Härtefallfonds und Fixkostenzuschüsse (Zwischenruf bei der SPÖ), die jetzt bereits vorzeitig an die betroffenen Unternehmerin­nen und Unternehmer ausbezahlt werden.

Meine Damen und Herren, wie wollen Sie das unter dem Aspekt der wirtschaftlichen Vernunft in ein Budget gießen (Zwischenruf bei der SPÖ), wenn niemand weiß, wie diese Abrechnung am Ende des Tages wirklich aussehen wird? Das wäre unseriös, und daher machen wir das nicht. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Wir beschließen aber das Budget, das vorliegt, weil wir es als Grundlage dafür brauchen, jene Ausgaben korrekt zu tätigen, die wir, die Regierungsfraktionen, vereinbart haben – deshalb werden wir dieses Budget auch gemeinsam beschließen. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Leichtfried: Also das war eine sehr uninformierte Rede! – Zwischenruf des Abg. Haubner.)

9.32

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Fuchs. – Bitte.