11.11

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Finanz­minister! Liebe Ministerinnen und Minister auf der Regierungsbank! Herr Finanzminister, Sie haben zuvor im Rahmen Ihrer Rede gesagt, dass Steuerstundungen, Haftungsüber­nahmen et cetera fließen beziehungsweise einberechnet sind. – Ja, einberechnet sind sie, aber da fließt nichts, und das wissen Sie genau. Ich glaube, dass es sehr relevant wäre, das zu betonen.

Herr Finanzminister, stellen Sie sich vor, wir beide würden die Rollen tauschen: Sie wä­ren Unternehmer und ich wäre Finanzminister. Sie, Herr Finanzminister beziehungswei­se lieber Unternehmer Gernot Blümel, würden von mir, glaube ich, erwarten, dass ich mein Amt als Finanzminister in dieser Zeit auf eine besondere Art und Weise führe: Besonders gerecht, besonders transparent und besonders sorgfältig sollte ich mein Amt führen. Gerade in einer Krisenzeit ist es wichtig, dass man sein Amt besonders trans­parent und besonders sorgfältig ausführt – und ich würde das tun.

Stellen Sie sich vor, lieber Unternehmer Gernot Blümel, ich hätte Ihnen vor acht Wochen gesagt: 10 Milliarden, nein, 14 Milliarden Euro sind bereits geflossen, um Sie als Unter­nehmer zu unterstützen – für das Geld, das Sie so notwendig zur Überbrückung brau­chen. Auch die Wirtschaftsministerin hat gesagt: 100 Prozent der Haftungen fließen jetzt ganz schnell und unbürokratisch. Wirtschaftsministerin Schramböck hat auch gesagt: In ein, zwei Tagen ist das drüben!

Wenn Sie als Unternehmer zur Bank gehen, Herr Gernot Blümel, dann läuft das aber so ab: Die AWS sagt: Die Hausbank ist schuld! Die Hausbank sagt: Die AWS ist schuld!, oder: Basel III ist schuld! Die AWS sagt, nachdem die Hausbank Sie wieder zurück­geschickt hat: Wir müssen noch auf die Cofag warten! Der Finanzminister sagt: Eh alles da! Jetzt weiß der letzte Bankbeamte auch in Goldegg, dass das alles da ist! Die Wirt­schaftsministerin nickt zustimmend und sagt: Passt alles! Und der Bankbeamte in Gold­egg sagt wieder: Ich weiß es ja nicht, ich bin nicht verantwortlich! Ich müsste für alles geradestehen, wenn Sie insolvent werden! – Das ist die Realität, Herr Finanzminister, das ist die Realität für einen Unternehmer!

Wenn ich dann – so wie gestern – erfahre, dass nicht 10 Milliarden, nicht 14 Milliarden, nicht 38 Milliarden Euro geflossen sind, sondern 500 Millionen, dann kann ich mir vor­stellen, wie es einem Unternehmer geht, der angeblich auch aus dem Härtefallfonds nichts bekommt, einem Kleinstunternehmer. Sie als Finanzminister wissen auch ganz genau: Für einen Fixkostenzuschuss, für Kurzarbeit, bei einem Notfallfonds, überall, wo Sie ansuchen, müssen Sie Umsatzausfälle angeben.

Diese Umsatzausfälle könnten aber auch Sie angeben. Ein ordentlicher Kaufmann, ein verantwortungsvoller Finanzminister, ein gerechter, ein transparent arbeitender und ein sorgfältiger Finanzminister würde drei Szenarien angeben: vom Best Case zum Worst Case. Sie haben verschiedene Institute erwähnt, und bei denen ist vom Best Case bis zum Worst Case alles dabei. Wenn Sie uns heute diese drei Möglichkeiten bieten wür­den, würden wir alle das verstehen, das Problem ist aber, Sie sagen: Es ist eh alles gut, wir wissen von nichts!

Ich als Unternehmer kann nie zu einer Bank gehen und sagen: Ich weiß von nichts! – Ich habe jetzt für den Sommer budgetieren müssen, wie es aussieht, wenn die Salz­burger Festspiele ausfallen, und wie es aussieht, wenn sie nicht ausfallen. Ich denke, das müsste ein Unternehmer Gernot Blümel genauso tun und er wäre diesen Banken gegenüber genauso verantwortlich.

Die Bank, von der wir sprechen, sind die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, denn die geben Ihnen das Geld, das Sie verantwortungsvoll verwalten sollten, alle Zuseherinnen und Zuseher draußen. Und alle, auch jene, die keine Arbeit haben, müssen wissen: Wie läuft es in Zukunft ab? Welches Szenario wollen Sie denn? Wohin wollen wir denn ge­hen, wenn alles vorbei ist? Wollen wir den Faktor Arbeit entlasten, damit wir mehr Men­schen in Beschäftigung bringen? Was wollen wir tun? – Das wäre ein verantwortungs­volles, besonders transparentes und besonders gerechtes Vorgehen, das Sie an den Tag legen sollten.

Bei den Plaudereien von Herrn Wöginger und von Kollegin Maurer wird mir ganz schlecht. Sie sagen: Es ist eh alles super, eh alles okay!, aber wir kommen bei den Zahlen nicht mehr zusammen.

Heute ist eine neue Staatssekretärin für Kultur hier bei uns. Das Kulturbudget – und jetzt rede ich nicht vom Unternehmertum – ist ohne Coronapandemie bis 2024 um 100 Mil­lionen Euro weniger, weil die Inflation zum Tragen kommt. Und jetzt sagen Sie mir, wie Sie bei gleichzeitigem Rückgang der Zahl der Museumsbesucher, der Zahl der Thea­terbesucher, der Burgtheaterbesucher und der Stützungen für dieses Theater den Kul­turbereich auffetten wollen! Wie wollen Sie das schaffen? – Das interessiert die Steu­erzahlerinnen und Steuerzahler, das interessiert die Kulturinteressierten, und ich glaube, das ist besonders wichtig.

Da fehlt es an Transparenz, da fehlt es an Gerechtigkeit und da fehlt es vor allem an Solidarität! (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.17

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Gabriela Schwarz. – Bitte.