17.03

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich spreche zum Antrag betreffend substanzielle Erhöhung oder Aufstockung der Mittel für die Entwicklungs­zusammenarbeit.

Ich möchte den Herrn Bundesminister zitieren, der in einem anderen Zusammenhang, betreffend die Israelfrage, vor einer halben Stunde den Terminus „der opportune Zeitpunkt“ gewählt hat. Kollegin Bayr hat schon angemerkt, dass der Antrag im Februar 2020 eingebracht wurde, also vor der Coronakrise. Aus heutiger Sicht ist es, glaube ich, nicht sehr sinnvoll, über substanzielle Aufstockungen der Mittel für die Ent­wicklungszusammenarbeit zu reden, weil die Hilfe für die österreichischen Menschen, für die österreichischen Arbeitnehmer, für die österreichischen Arbeitgeber, für die österreichischen Unternehmen und die Familien für uns Freiheitliche Priorität hat.

Das heißt nicht, dass wir Entwicklungszusammenarbeit und Entwicklungshilfe grund­sätzlich für nicht wichtig erachten. Das ist vielleicht auch eine Klarstellung; heute hat ja die Kollegin von den Grünen klargestellt, dass die Grünen kein grundsätzliches Prob­lem mit der Blasmusik haben. Ich möchte auch einmal festhalten, dass wir überhaupt kein grundsätzliches Problem mit Entwicklungszusammenarbeit und Entwicklungshilfe haben, ganz im Gegenteil; die Frage ist nur, wie man das macht.

Wir haben ein Problem damit, wenn der Ansatz der ist, zu sagen: Wir müssen das, was sozusagen in den Trichter reingeht, substanziell erhöhen, wir nehmen mehr Geld in die Hand – wie es auch Ministerin Gewessler im Zusammenhang mit den Klimaschutz­maßnahmen gesagt hat. Da stellen wir die Frage: Wessen Geld ist das, das wir in die Hand nehmen? – Das ist natürlich das Steuerzahlergeld, und es ist keinesfalls das Ziel der Freiheitlichen Partei, sozusagen möglichst viel in diesen Trichter reinzuschütten – seien es jetzt 0,5, 0,7 oder wie viel Prozent des BIPs auch immer –, sondern das Ziel muss sein, dass möglichst viel bei den Bedarfsträgern ankommt, dass möglichst viel unten aus dem Trichter rauskommt. Um das bildlich zu formulieren: Wir wollen keinen Trichter, wir wollen im Idealfall ein Rohr, bei dem es möglichst wenig Streuverluste hinsichtlich der Differenz zwischen dem, was wir an Geld in die Hand nehmen, und dem, was bei den Bedarfsträgern ankommt, gibt. Dass es da erhebliches Verbes­serungspotenzial gibt, ist ja wohl klar. (Beifall bei der FPÖ.)

Daneben haben Sie im Regierungsprogramm wieder eine schöne, wohlfeile Formu­lierung verwendet: „das Prinzip der gezielten Hilfe“. Auch Kollegin Bayr hat das gesagt. Gezielte Hilfe auf Grundlage eines in sich schlüssigen, treffsicheren Konzeptes kann ich im Bereich der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit beim besten Willen nicht sehen.

Unser Vorschlag ist der, dass wir das Gezielte in zwei Dimensionen umsetzen, nämlich erstens regional: Konzentrieren wir uns auf bestimmte Länder, machen wir keinen Fleckerlteppich – dort ein bisschen und dort ein bisschen, in Afrika ein bisschen, da zwei Länder und so weiter und so fort!

Zweitens: Inhaltlich bestünde die Möglichkeit, gezielt vorzugehen, indem wir Öster­reich – im Bereich Kunst und Kultur gelingt uns das ja; wir haben Österreich als welt­weit anerkannte Marke hinsichtlich klassischer Musik implementiert – im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit etwa im Bereich der Bildung, insbesondere im Bereich der dualen Ausbildung, als entsprechende weltweite Marke implementieren und sagen: Wann auch immer größere Projekte stattfinden, in diesem fachlichen Teilbereich ist Österreich exzellent, den deckt Österreich gut ab. (Beifall bei der FPÖ.)

Also: situationsangepasste, gezielte Hilfe, aber mehr als eine Sprechblase, output­orientiert und nicht den Trichter möglichst voll mit Steuergeld befüllen!

Ein weiterer Punkt: Es geht nicht bedingungslos. Da kann man durchaus etwa Rück­nahmeabkommen für Flüchtlinge diskutieren und zur Bedingung machen. Man kann – wie es die Deutschen auch tun, Sie wissen das – durchaus auch den Fortschritt im Kampf gegen Korruption zur Bedingung machen. Das ist ein Riesenthema, das stammt nicht von mir, sondern die Antikorruptions-NGO Transparency International und die NGO Human Rights Watch haben den Internationalen Währungsfonds massiv kritisiert, weil EZA-Gelder in Milliardenhöhe vergeben werden, und zwar – ich zitiere – ohne die minimalste Antikorruptionskontrolle. – Zitatende. Das kann nicht sein! Wir sind es auch jenen, deren Gelder wir in die Hand nehmen, schuldig, dass das nicht dazu verwendet wird, um dann Korruption auch noch zu fördern. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich kann mir noch eine Bedingung vorstellen: Ich sehe keinen Sinn darin, Entwick­lungshilfegelder in Länder zu transferieren, deren Militärausgaben das Doppelte, Dreifache, Vierfache von jenen in Österreich betragen. Da sollte man auch einmal hin­terfragen, wie sinnvoll das ist.

Selbstverständlich sollten im Idealfall Entwicklungszusammenarbeitsmaßnahmen auch geeignet sein, um einen positiven Beitrag zu grundsätzlichen wirtschaftlichen Bezie­hungen zwischen dem jeweiligen Land und der Republik Österreich und der öster­reichischen Wirtschaft zu leisten. Wie gesagt, Entwicklungshilfe sollte keine Einbahn­straße sein, sondern die Mithilfe, der Beitrag der Länder, die diese Entwicklungshilfe beziehen, insbesondere zur Lösung der Riesenproblematiken Steuerhinterziehung, Geldwäsche und Korruption sollten in diesem Gesamtpaket eingefordert werden.

Unser Zugang ist also: Es ist keine gute, sinnvolle Entwicklungspolitik, möglichst viel Geld, nämlich Steuergeld, in den Trichter oben reinzuschütten, sondern gut wäre es, nach diesem Vier-, Fünfpunktekonzept, das ich gerade vorgeschlagen habe, vorzu­gehen. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

17.10

Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete Ewa Ernst-Dziedzic ist die nächste Red­nerin. – Bitte.