18.51

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Puh, Kollege Muchitsch hat sogar die Frau Präsidentin zum Staunen gebracht!

Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich muss ehrlich sagen: Jetzt bin ich ein bisschen verwirrt. Ich kenne mich nicht mehr aus, Frau Bundesminister. Im Sozialausschuss am Mittwoch erklärt uns Kollege Fürlinger: Dieses Kurzarbeitsmodell ist ja eigentlich nur für die Firmen gedacht, da geht es doch nicht um die Arbeit­nehmer. – Im letzten Tagesordnungspunkt hat Frau Kollegin Kirchbaumer erklärt: Wir haben 1,3 Millionen Arbeitsplätze gerettet. – Also was jetzt? Geht es um den einzelnen Arbeitsplatz oder geht es nur um die Betriebe? Vielleicht könnten Sie es uns erklären, Frau Bundesminister?

Sie haben sich auch nicht zu Wort gemeldet, das finde ich auch etwas eigenartig: Sie kommen hierher und melden sich zu keinem Tagesordnungspunkt zu Wort, das ist eher ungewöhnlich. Vielleicht sind Sie aber so nett und erklären Sie jenen Kollegen, die nicht im Sozialausschuss sind, und den Damen und Herren vor den Bildschirmen, wie das jetzt genau ist! (Abg. Matznetter: Total nett heute ... Belakowitsch! Das ist nett!)

Warum ist das eigentlich so spannend und interessant? Das hat nämlich Kollege Loacker nicht mehr erzählt. Er hat einen Antrag eingebracht, den Sie beinhart abge­lehnt haben. Es geht nämlich darum, dass die Kurzarbeit auch auf jene Arbeitnehmer ausgedehnt werden soll, die in einem Betrieb angestellt sind, dessen Firmensitz nicht im österreichischen Bundesgebiet ist, die aber hier in Österreich leben und in Österreich ihre Sozialversicherungsbeiträge abführen. Für diese Leute ist das Modell der Kurzarbeit eben nicht möglich. Das wurde von den beiden Koalitionsparteien abge­lehnt. Kollege Fürlinger hat das begründet: Es geht ja nicht um den einzelnen Arbeits­platz. – Vielleicht sind Sie so nett und erklären das jetzt noch einmal: Worum geht es wirklich? (Beifall bei der FPÖ.)

Dem eigentlichen Antrag werden wir unsere Zustimmung geben, auch wenn es etwas kompliziert ist, aber selbstverständlich ist es wichtig, die Kurzarbeit ausdehnen zu können, denn wir sehen ja, dass die Wirtschaft nicht so schnell anspringt, wie wir das alle gerne hätten. Das heißt: Natürlich wird es viele geben, die froh sind, dass man die Kurzarbeit weiter verlängern kann; keine Frage.

Was Kollege Muchitsch angesprochen hat, bevor er offensichtlich etwas aus seinen alten Ministrantentätigkeiten ausgegraben hat, war die Erhöhung des Arbeitslosen­gel­des. Auch diese Erhöhung des Arbeitslosengeldes war etwas, das die beiden Regie­rungsparteien im Ausschuss nicht beschlossen haben. Sie haben es aber nicht abgelehnt, sondern sie haben es vertragt, und zwar mit der Begründung: Es wird daran gearbeitet, es wird nach einer Lösung gesucht. (Zwischenruf des Abg. Muchitsch.)

Jetzt wissen wir, dass die ÖVP diese Lösung gar nicht möchte, weil der Klubobmann und Sozialsprecher der ÖVP zu Kollegen Muchitsch gesagt hat: Diese Leute sollen schlicht und einfach um Mindestsicherung ansuchen. – Im realen Leben funktioniert das in der Regel aber nicht, denn wenn ich vielleicht 800, 900 Euro Arbeitslosengeld bekomme, bin ich überhaupt nicht mehr berechtigt, auch noch Mindestsicherung zu beantragen. Das heißt, schon im Ausschuss ist eine Kaltschnäuzigkeit vonseiten der ÖVP zu sehen gewesen. Dennoch hatte ich im Laufe der Diskussion den Eindruck, dass Bewegung reingekommen ist; das haben Sie aber abgelehnt.

Eines ist mir ein besonderes Anliegen – ich möchte es noch einmal sagen, weil weder Sie im Ausschuss eine Stellungnahme abgegeben haben, noch der Herr Sozialminister im Zuge der Budgetdebatten, sondern Sie nehmen es zur Kenntnis –: Es geht um die Situation, wenn ein Arbeitnehmer mit einem Risikopatienten im gleichen Haushalt lebt. Wenn Sie einen Ehepartner haben, einen Partner haben, ein Kind im gemeinsamen Haushalt haben, der oder das zur Hochrisikogruppe gehört, gibt es keine Lösung. Keiner von diesen beiden Ministern, die heute auf der Regierungsbank sitzen, hat dafür eine Lösung gefunden oder gibt eine Stellungnahme dahin gehend ab, dass sie sich vielleicht weiter bemühen würden.

Der Sozialminister hat gesagt: Man muss schauen, dass man sich zu Hause räumlich trennt. – Wie das genau ist, weiß er selber nicht. Er ist auch Gesundheitsminister – er müsste wissen, dass natürlich alle Personen im gemeinsamen Haushalt denselben Keimen ausgesetzt sind. Das ist räumlich in einer Wohnung oder in einem Ein­familien­haus nicht machbar.

Sie, Frau Minister, haben dazu gar nichts gesagt. Das ist ein wesentlicher arbeits­rechtlicher Punkt – vor allem für Betroffene. Ich glaube nicht, dass es unendlich viele sind, aber ich glaube, diesen Leuten gehört geholfen. Sie brauchen einen Rechts­anspruch, damit sie entweder im Homeoffice arbeiten oder freigestellt werden können.

Stellen Sie sich noch einmal folgende Situation vor: Ein Ehepaar hat ein schwer­krankes Kind. Der eine hat schon kündigen müssen, um die Therapie mit dem Kind gemeinsam zu machen. Der andere, der jetzt vielleicht noch seinen Job hat, einziger Familienerhalter ist, kann jeden Tag entscheiden: Gehe ich arbeiten und gefährde am Abend mein Kind oder kündige ich, wodurch unsere Familie ins Uferlose fällt und von der Mindestsicherung leben muss?

Frau Bundesminister, das würde ich gerne von Ihnen interpretiert wissen! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Leichtfried: Vielleicht könnte die Frau Ministerin wirklich etwas sagen dazu! – Ruf bei der SPÖ: Jetzt fängst du auch schon damit an!)

18.55

Präsidentin Doris Bures: Nächste Wortmeldung: Frau Abgeordnete Tanja Graf. – Bitte.