10.03

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Vertreter der Bundesregierung! Wertes Hohes Haus! Vor uns liegt ein AUA-Deal, mit dem wir 150 Millionen Euro herschenken, ein AUA-Deal, mit dem wir Steuerzahler und Steuerzahlerinnen in der aktuellen Situation 150 Millionen Euro herschenken. Während Sie den arbeitslosen Menschen in diesem Land, die gerade in die Armut abrutschen, erklären, dass man das Arbeitslosengeld jetzt nicht erhöhen kann, verschenken wir 150 Millionen Euro an den deutschen Konzern Lufthansa. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich weiß schon, Sie sagen mir jetzt, Sie haben die Arbeitsplätze gerettet (Zwischenruf des Abg. Koza), aber das haben Sie ja nicht! Das war ja das, was wir, Hand in Hand mit den Be­schäftigten, von Ihnen verlangt haben, nämlich dass man die 7 000 Menschen nicht hängen lässt. Das haben Sie aber nicht verhandelt: Es gibt keine Arbeitsplatz­garantie, die 150 Millionen Euro legen wir einfach so flach auf die Hand. (Beifall bei der SPÖ.) Ganz im Gegenteil: Die Realität schaut so aus, dass der AUA-Chef in einem Interview bereits verkündet hat, dass man über 1 000 Stellen streicht, dass man bis 2022 auf 80 Prozent reduzieren will und – Zitat –: „Da hätten wir dann aus jetziger Sicht 1.100 Mit­arbeiter zu viel.“

Ist das der Verhandlungserfolg, dass wir einem deutschen Konzern Millionen dafür schenken, dass dieser 20 Prozent der österreichischen Belegschaft abbaut? Ist das die Wirtschaftskompetenz, von der Sie sprechen? – Das ist doch nicht sozial gerecht! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren, bleiben wir aber beim großen Ganzen: Was mich ärgert, ist, dass es vor der Krise vonseiten neoliberaler selbsternannter Wirtschaftsexperten immer heißt: Weg mit den staatlichen Vorgaben! Wir brauchen den Staat nicht! Der Markt regelt sich selbst und überhaupt alles! – Und dann, in Zeiten einer Krise, sind es dieselben, die plötzlich fordern: Der Staat muss es richten! – Dann heißt es plötzlich: Der Staat muss unsere Verluste ausgleichen! Gib uns dein Steuergeld in der Krise, aber weg von den Gewinnen, die wir dann später damit machen!

Es kann doch nicht sein, dass der Staat immer nur dazu da ist, die Verluste aufzu­fangen – die Verluste sozialisieren wir, die zahlen wir dann alle gemeinsam durch unser Steuergeld –, während die Gewinne privatisiert werden und dann einigen wenigen ge­hören – in diesem Fall jetzt eben den Aktionären und Aktionärinnen der deutschen Lufthansa! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Scherak.) Umgekehrt müsste es sein, umgekehrt! Die Steuerzahler und Steuerzahlerinnen müssen an den Gewinnen und nicht immer nur an den Verlusten beteiligt sein! Die AUA war bitte vor Corona sieben Jahre lang gewinn­brin­gend, das sei auch an dieser Stelle angemerkt. Hätte man eine Verstaatlichung, eine staatliche Beteiligung tatsächlich angedacht, wäre davon auch wieder etwas zurück­geflossen – das hätte Sinn gemacht! (Beifall bei der SPÖ.) Man hätte das Geld sofort in den Umweltschutz stecken können. Man hätte durch die Beteili­gung im Übrigen auch mehr Mitsprache im Betrieb gehabt – ebenfalls ein starker Grund, sich endlich für den Klimaschutz einzusetzen.

Da sei angemerkt, erstens, dass auf Flugtickets keine Mehrwertsteuer zu entrichten ist, auch nicht auf Kerosin, den Flugzeugtreibstoff. Es sei angemerkt, dass auch die Flug­häfen steuerlich begünstigt sind, und es sei angemerkt, dass man in der Flugbranche mittlerweile Löhne vorschlägt, die geringer als die Mindestsicherung sind.

Was bleibt über? – Da zahlt jeder Schnitzelwirt in Österreich mehr Steuern ein, sage ich Ihnen (Beifall bei der SPÖ), und dieser wartet aber im Gegensatz zur AUA immer noch auf seine Unterstützung, dieser wartet wahrscheinlich immer noch auf das Kurz­arbeits­geld. – Das kann es nicht sein!

In dieser Krise zeigt sich, für wen die ÖVP und die Grünen Politik machen: Während den arbeitslosen Menschen in Armutsgefahr eben erzählt wird, dass man für sie jetzt gerade kein Budget hat, verschenkt man Millionen an Großkonzerne.

Ich sage Ihnen aber etwas: Die österreichischen Steuerzahler und Steuerzahlerinnen sind nicht dumm. Sie wollen auch nicht immer nur die Dummen sein, die immer nur in der Krise das Geld hergeben. Sie können rechnen, werden das nachrechnen und werden sich das auch merken. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

10.08

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Reifenberger. – Bitte.