11.21

Abgeordnete Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Minister! Werte Kollegen und Kolleginnen! Die Aktuelle Europastunde könnte ja nicht aktueller sein, und ich weiß nicht, was ich davon halten soll, wenn ich zum einen den Aufmerksamkeitsgrad hier beobachte, der gegen null tendiert, und mir zum anderen die Redebeiträge anhöre, die einem Wirrwarr von populistischen Zusammensetzungen, an die eigene Zielgruppe angepasst, und weniger einer wirklich sachlichen Auseinandersetzung gleichkommen.

Europa steht zweifelsohne vor großen Herausforderungen, und die Coronapandemie hat wie ein Röntgengerät, wie ich immer sage, genau das sichtbar gemacht, was wir schon davor an Defiziten kannten. Die Frage ist aber, wie wir jetzt damit umgehen. Verweigerer war heute schon ein adäquates Wort, wie ich meine, wenn es nämlich um den Umgang der FPÖ mit all diesen Herausforderungen geht. (Zwischenruf des Abg. Martin Graf.) Ich frage mich wirklich ernsthaft, wieso Sie nicht einen Öxitantrag stellen und gleich dazu stehen (Abg. Steger: Sie gehen nie auf Argumente ein! Sie sagen immer nur ...!), dass Sie nicht nur die Realität, sondern auch jegliche sachliche Auseinandersetzung zu die­sem Thema verweigern, dass Sie in diesem Europa wirklich, ich weiß nicht, spalten statt gestalten wollen (Abg. Steger: Sagen Sie was zu konkreten Punkten!) und eigentlich keinerlei Interesse an einer sachlichen Auseinandersetzung auf europäischer Ebene dahin gehend (Abg. Meinl-Reisinger: Sagen Sie, was die Position der Regierungs­parteien ist!) haben, was der Beitrag Österreichs zu einem solidarischen Europa bedeu­ten könnte. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.)

Wir brauchen genau diese Solidarität jetzt! Ich glaube, Sie verkennen einiges, ange­fangen bei Schengen über den Binnenraum bis hin zu diversesten Verträgen, die wir innerhalb der Europäischen Union haben, und dem entsprechend notwendigen Beitrag Österreichs als Mitgliedstaat. Es ist ja nicht so, dass wir eine Insel wären (Zwischenruf der Abg. Steger), wir befinden uns im Herzen von Europa. Österreichs Beitrag ist ganz, ganz wichtig. Sich da rauszunehmen und einfach etwas zum Thema der Aktuellen Europastunde zu machen und dann, wie gesagt, von Krediten, Drogen und sonstigen Dingen zu reden und hinauszulaufen – der Obmann Ihrer Partei ist ja nicht einmal mehr im Saal – ist wirklich ein schlechtes Zeugnis dafür, wie wir hier im österreichischen Parlament mit solch einem wichtigen Thema umgehen. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)

Ja, es geht um die nächste Generation, und ich frage mich wirklich, was sich diese nächste Generation, die uns zuschaut, nach dieser Debatte, nach eben diesem Wirrwarr an unterschiedlichen Meldungen, denken muss, wie wir diese Herausforderungen be­wäl­tigen wollen. Also bitte seien Sie zumindest so ehrlich und stellen Sie das nächste Mal gleich einen konkreten Antrag für den Austritt Österreichs aus der Europäischen Union (Abg. Steger: Okay, ich fasse zusammen: keine Argumente, auf keine einge­gangen!) oder fangen Sie endlich damit an, Gegenvorschläge zu machen, wenn Sie welche haben, anstatt alles zu verweigern, wie gesagt, von der Realität angefangen bis zu jeglicher Maßnahme, die am Tisch liegt! Sie nehmen sich aus der Debatte raus.

Monika Vana hat es schon gesagt, nicht einmal Ihr Europaabgeordneter hat sich bemüht, heute herzukommen, und ich habe weder im EU-Hauptausschuss vor zwei Tagen noch heute einen einzigen konkreten Vorschlag seitens der Freiheitlichen gehört, wie Sie gestalten wollen. (Abg. Martin Graf: Da habts aber geschlafen! – Abg. Steger: Da müssen Sie besser zuhören!) Stattdessen spalten Sie hier weiter (neuerlicher Zwischen­ruf des Abg. Martin Graf), und das kann nicht unser Zugang sein. Ich muss mich wirklich auch (Abg. Steger: Ihre Rede geht nur über die FPÖ, über die Europäische Union reden Sie nicht!) wundern, wie Sie es schaffen, hier rauszukommen und zu behaupten, dass Ihnen die Europäische Union noch irgendwie ein Anliegen wäre, denn in Ihren Redebeiträgen spiegelt sich das keinesfalls wider. (Abg. Steger: ... Finanzierung! – Abg. Martin Graf: Kein einziger inhaltlicher Punkt!)

In diesem Sinne: Ja, wichtige Aktuelle Europastunde, aber nein, wir kommen hier, glaube ich, nicht weiter, weil sich diese Debatte zumindest bisher in populistischen Verkür­zungen (Zwischenrufe der Abgeordneten Martin Graf und Steger) und nationalistischen Scheuklappen, die da an den Tag gelegt werden, erschöpft, anstatt dass wirklich konkret darüber geredet wird, was wir in Europa brauchen. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Steger.)

Ich sage Ihnen eines: Die einzige Antwort auf die Herausforderungen in Europa ist Europa. Ja, wir haben viele Reformen vor uns, wir haben viele Defizite, die wir angehen müssen, aber das können wir nur gemeinsam tun. Dieses Gemeinsame sollten wir betonen, anstatt die Länder noch mehr gegeneinander auszuspielen. (Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.) Sie verweigern ja nicht nur die Realität, Sie sehen ja auch nicht, dass all das, was wir tun, zu einem Dominoeffekt führt und Auswirkungen auf alle Mitgliedstaaten hat. Das sehen Sie nicht, und ich glaube, es holt Sie auch kein sach­liches Argument ab (Abg. Scherak: Du bringst aber auch keines! – Heiterkeit bei Abge­ordneten von FPÖ und NEOS), denn Sie werden hier weiterhin Ihre populistischen Verkürzungen vortragen.

Schade um diese Aktuelle Europastunde, schade darum! Nicht nur Europa ist wichtig, sondern auch, dass wir dieses Versprechen für die nächsten Generationen tatsächlich erneuern. Das ist heute leider nicht passiert. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Abg. Meinl-Reisinger: Das war ein bissl wenig! – Zwischenruf des Abg. Martin Graf.)

11.26

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Klubvorsitzende Beate Meinl-Reisinger. – Bitte.