12.02

Abgeordneter Mag. Christian Ragger (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ge­schätzte Herren Volksanwälte! Liebe Parlamentarier und Parlamentarierinnen! Mir ist es heute ein besonderes Anliegen, den Fokus auf einen Fall zu lenken, der sich in Kärnten ereignet hat und der symbolisch für den Umgang mit unseren beeinträchtigten Menschen steht. Er zeigt, dass wir da noch nicht im 21. Jahrhundert angekommen sind.

Wir haben vor Jahren mit unserem verstorbenen Sozialminister ein gemeinsames Ge­setz beschlossen – das Mindestsicherungsgesetz – und haben in der Folge dann über weite Strecken die Sozialhilfegesetze in den einzelnen Bundesländern ersetzt.

Gleichzeitig haben wir versucht, den Stellenwert von Menschen mit Beeinträchtigung – damals als Behinderte bezeichnet – anzuheben, indem wir ein Chancengleichheits­gesetz geschrieben haben. Wir waren in Kärnten eine der ersten Landesregierungen, die dieses Chancengleichheitsgesetz umgesetzt und in den Jahren 2011, 2012 in wei­terer Folge auch in Kraft gesetzt haben.

Wir haben über weite Strecken, über viele Jahre hinweg, behinderte Menschen aufgrund der Tatsache, dass sie ein hoher Kostenfaktor gewesen sind, nicht in Krankenhäusern versorgt, sondern wir haben sie in kleine Einrichtungen wie Bauernhöfe oder geschlos­sene Gasthäuser gegeben. Das hat dazu geführt, dass zwar die Landesregierung einerseits die Kosten für diese behinderten Menschen übernommen hat, andererseits aber die Standards nicht klar definiert worden sind, und wenn man glaubt, dass die Sklaverei eigentlich im Jahre 1812 abgeschafft worden ist, dann irrt man sich gewaltig, denn man geht heute her und setzt diese behinderten Menschen als billige Arbeitskräfte ein.

Ein Fall war ganz eklatant: Ein fünfzehnjähriger Behinderter hat jeden Tag Stall aus­mis­ten müssen und hat dafür ein Taschengeld von 3 Euro bekommen. Auf der anderen Seite aber zahlt die Landesregierung pro Tag 70 Euro an den Betreiber, dafür, dass diese Menschen versorgt werden. Wenn man das im Bericht liest, stellt man fest: Das schlägt dem Fass den Boden aus!

Es ist ein klares Versagen der Kärntner Landesregierung, insbesondere der Sozial­re­ferentin, dass sie nicht in der Lage ist, das Chancengleichheitsgesetz auf diese Men­schen mit Beeinträchtigung umzulegen.

Wenn wir alle heute hier sitzen, dann frage ich mich wirklich, ob Sie angesichts dessen, dass das im 21. Jahrhundert noch zulässig ist, nicht eine Gänsehaut bekommen! Daher ist es aus meiner Sicht ganz wesentlich, dass diese gesetzliche Regelung auch imple­mentiert wird. Wenn es nicht möglich ist, dieses Chancengleichheitsgesetz in den einzelnen Bundesländern umzusetzen, dann müssen wir dazu eine nationale Regelung finden, denn es kann nicht angehen, dass behinderte Menschen, Menschen, die eine Beeinträchtigung haben, heute wie Sklaven und Vieh gehalten werden, irgendwo in Hintertupfing, im letzten Winkel eines Bundeslandes.

Das ist nämlich noch nicht einmal das Ende der Fahnenstange! Nicht nur, dass die Betreiber Geld in dieser Höhe bekommen, sondern sie haben sich dann auch noch die Dreistheit herausgenommen – so war es in einem besonders dreisten Fall –, eine Betriebs-GmbH einzurichten. In dieser Betriebs-GmbH haben behinderte Menschen Lebensmittel produziert, die sie in der Folge kaufen mussten.

Wie schlimm ist es, dass behinderte Menschen, die selbst ihre Lebensmittel erzeugen müssen, dann noch für diese Lebensmittel zahlen müssen? – Bei allem Respekt: Ich danke der Volksanwaltschaft, dass sie diesen Fall aufgegriffen hat. Ich hoffe, dass der regionale Gesetzgeber das ehestmöglich in Umsetzung bringt, und wenn das nicht der Fall ist, dann wird die Freiheitliche Partei zumindest überlegen, da eine nationale Rege­lung zu fordern. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

12.06

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Ulrike Fischer. – Bitte.