12.11

Abgeordneter Dr. Johannes Margreiter (NEOS): Frau Präsidentin! Geschätzte Herren Volksanwälte! Hohes Haus! Die Menschenrechte haben kein Ablaufdatum. Ich denke, wir alle hier im Plenum sind uns über den Punkt einig, dass die rechtsstaatliche Demo­kratie voraussetzt, dass Menschenrechte unbefristet und völlig unabhängig von irgend­welchen parteipolitischen Grenzziehungen Gültigkeit besitzen. Das heißt, so, wie wir hier sitzen, sind wir uns darüber einig: Menschenrechte gelten immer. Dieser großartige Konsens, die Basis unseres freien Rechtsstaates, unseres demokratischen Rechtsstaa­tes, ist eine Wertebasis, auf die wir zu Recht stolz sein können.

Dieser Konsens kommt auch dadurch zum Ausdruck, dass wir eben eine Einrichtung wie unsere Volksanwaltschaft haben, die als ganz besonderen Arbeitsschwerpunkt neben der Kontrolle der öffentlichen Verwaltung auch die präventive Menschenrechtskontrolle hat.

So weit sind wir uns also einig. Wenn wir uns darüber einig sind, dass Menschenrechte immer gelten – ich empfinde dafür Zustimmung –, dann frage ich mich: Warum werden plötzlich Menschenrechte auf Zeit ausgesetzt? Menschenrechte sind doch keine all­täg­liche Verhandlungsmasse, kein Spielball von irgendwelchen politischen Golftur­nieren. Nach der harten jahrhundertelangen Auseinandersetzung, bis wir so weit waren, dass wir diesen Konsens über die universellen Menschenrechte erzielt haben, können diese doch nicht so einfach ohne Weiteres ausgesetzt werden. Da kommt ein heim­tückischer Virus und dazu noch eine einigermaßen verfehlte Regierungspolitik, und schon sind wir im Handumdrehen bereit, unantastbare Grundrechte auf Zeit außer Kraft zu setzen.

Es ist für mich erschreckend, mitanzusehen, wie schnell in unserem Land, in unserer doch so gefestigten Demokratie, offensichtliche Systemdefizite eine wesentliche Säule unseres Rechtsstaates zum Einsturz bringen. Da scheint also tatsächlich nichts mehr in Stein gemeißelt zu sein.

What’s next? – Aufgrund sinkender Nachfrage nach Sprudelgetränken in den Sommer­monaten pausieren wir unser Wahlrecht? Weil Fluglinienkapitalisten nur mehr bereit sind, Löhne unter der Armutsgrenze zu zahlen, beenden wir den Sozialstaat? Oder weil Herr Meier sich nicht mit Herrn Huber darüber einigen kann, wer Präsident im Kegel­verein wird, beenden wir das Recht auf Meinungsfreiheit? – Und so weiter.

Bitte fragen Sie mich jetzt, stellen Sie mir die ganz wesentliche Frage: Was hat denn hier das eine mit dem anderen zu tun? – Dann antworte ich Ihnen: Genauso viel und genauso wenig, wie die Frage unserer Gesundheit mit der Unantastbarkeit unserer Menschen­rechte und unserer Grundrechte zu tun hat. So geht Menschenrecht! – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den NEOS.)

12.14

Präsidentin Doris Bures: Nun gelangen die drei Volksanwälte zu Wort. Ich erteile Ihnen, Herr Volksanwalt Werner Amon, als Erstem das Wort. – Bitte.