15.30

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Geschätzte Frau Minister! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren zu Hause! (Der Redner stellt eine Tafel auf das Rednerpult, auf der in roter Schrift „Österreich 1000er“ zu lesen ist und zehn Hunderteuroscheine abgebildet sind.) Wir befinden uns leider in einer Rezession von historischem Ausmaß, und die ursprüng­liche Hoffnung, dass sich die Wirtschaft schnell wieder erholen wird, war eine Illusion. Je länger Einschränkungen und Maßnahmen, die gesetzt wurden, dauern, umso schlimmer wird es werden. Leider hat die Bundesregierung – vor allem die ÖVP, was für mich völlig unverständlich ist – mit ihrer Angstmache und mit ihrer Verunsicherung der Bevölkerung gute Arbeit geleistet – leider gute Arbeit, im negativen Sinn.

Laut der aktuellen Studie der Joanneum Research und ihrer Wirtschaftsprognosen lautete die Frühjahrsprognose betreffend EU: Einbruch des Wirtschaftswachstums in der Eurozone um 7,75 Prozent, in Österreich um 5,5 Prozent. Mittlerweile geht die britische Notenbank davon aus, dass wir die stärkste Rezession seit 325 Jahren haben werden: Eurozone minus 7,5 Prozent, Österreich minus 7 Prozent. Die Oesterreichische Natio­nalbank sagt: Österreich minus 7,2 Prozent, frühestens 2022 auf dem Niveau von 2019. Die Sparquote steigt, weil die Leute verunsichert sind, weil sie ihr Geld nicht ausgeben, und der private Konsum bricht ein. Das ist ganz logisch, weil man eben die Leute verunsichert und ihnen Angst gemacht hat.

Was waren die Maßnahmen der Regierung? – Wir haben sie ja schon x-fach hier diskutiert: Alle Coronapakete kommen nicht an. (Abg. Kickl: Es sind eh immer die gleichen!) Sie kommen nicht in der Wirtschaft an, sie verfehlen ihre Wirkung. Die Milliardenbeträge, die Sie täglich erhöhen, kommen nicht dort an, wo sie ankommen müssen. Sie haben heute, Frau Minister, den Neustartbonus so lobend erwähnt. Ich sage Ihnen, er wird wieder nicht funktionieren und wieder nicht ankommen, weil er so kompliziert ist und vor allem der Gastronomie überhaupt nicht helfen kann.

Wenn ich mit meinem Betrieb in der Gastronomie wieder hochfahre und einen Mitarbeiter einstelle, was nutzt es mir dann, wenn er mir zu 20 Prozent, 40 Prozent oder 60 Prozent zur Verfügung steht und er den Rest vom AMS gezahlt bekommt? Ich brauche ihn ja zu 100 Prozent, ich brauche die Arbeitsleistung im Betrieb. Wie soll denn das funktionieren? Man hätte lieber dem AMS einen Zuschuss von 50 Prozent für den Einstieg in den Betrieb geben sollen. Das hätte dem Betrieb geholfen. Das wäre eine einfache Möglichkeit und hätte dem Betrieb wirklich geholfen, aber Sie verkomplizieren alles. Sie machen alles so komplex, Sie bauen einen Überverwaltungswust auf, sodass es wiederum nicht funktionieren kann.

Schauen wir uns jetzt die notwendigen Maßnahmen an, die wir Ihnen vorgeschlagen haben: Eigenkapitalstärkung bei den Unternehmen – nicht gelungen. Wir wissen, 20 Prozent der österreichischen Unternehmen haben negatives Eigenkapital, vor allem auch im Gastronomie- und Hotelleriebereich.

Konjunkturelle Maßnahmen: Wir haben es lange versucht. Es hat Gott sei Dank in einem Punkt funktioniert, und zwar beim kommunalen Investitionspaket. Wir haben zwar gestern schon im Ausschuss darüber diskutiert, dass es auch da Kriterien gibt, die aus meiner Sicht die Gefahr in sich bergen, dass es wieder nicht bei den Gemeinden und in der Wirtschaft ankommen wird. Darüber sollte man auch noch einmal nachdenken, ob man es nicht einfacher macht, damit es wirklich dort ankommt, wo es hin soll, nämlich zu den KMUs. Es geht nicht darum, dass die Gemeinden Geld kriegen, es geht darum, dass die KMUs in den Gemeinden Geld kriegen. Den Gemeinden muss man finanziell natürlich auch die Luft und die Möglichkeit geben, dass sie sich zwischenfinanzieren, damit sie dieses Geld auch aufbringen und Projekte finanzieren und in Projekte inves­tieren können.

Das Nächste ist die Anregung des privaten Konsums. Eine Erhöhung des Arbeits­losen­geldes für die Personen, die von der Krise betroffen sind, die ohne ihre Schuld ihren Job verloren haben, für die Zeit der Krise oder zumindest einmal bis ins nächste Jahr, macht einfach Sinn, weil diese Leute das Geld auch brauchen, weil sie es ausgeben würden und weil das wirtschaftliche Effekte hat. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich habe diese Tafel wieder hierhergestellt, die ich ja schon mehrfach aufgestellt habe. Vielleicht braucht gut Ding Weile, und sie zeigt dann auch irgendwann einmal Wirkung, und die ÖVP denkt darüber nach. Sie haben ja heute die Einmalzahlung so gelobt. Wir haben eine Einmalzahlung von 1 000 Euro für jeden Österreicher, vom Kind bis zum Greis, schon lange vorgeschlagen.

Die Dänen haben es uns nachgemacht oder es uns vorgemacht, sie haben es schon übernommen. Die Dänen zahlen 1 360 Euro pro Einwohner. Das macht bei 5,8 Millionen Menschen circa 8 Milliarden Euro. Das ist auch ungefähr der Beitrag, der in Österreich dafür auszugeben wäre, und dieses Geld als Gutschein würde eins zu eins in der Wirt­schaft ankommen.

Diesen Gutschein darf man auch nicht verkomplizieren, denn so, wie es jetzt die Wiener SPÖ mit ihrem Gastronomiegutschein macht, wenn ich dann kein Bier trinken darf, sondern nur eine Limo oder ein Mineralwasser, ist es ein völliger Schwachsinn, muss man ehrlich sagen. Es kommt wieder nicht an, es wird auch wieder nicht in Anspruch genommen werden und kommt nicht in die Wirtschaft. Wichtig ist, dass das Geld jetzt in der Wirtschaft ankommt, dass wir die Wirtschaft ankurbeln und diese Rezession zumin­dest noch abschwächen.

Deshalb richte ich noch einmal meinen Appell an die ÖVP, endlich umzuschalten. Ent­weder macht ihr das bewusst, dann ist es wirklich bedenklich, oder ihr verlasst euch da auf Leute, die das einfach so verkomplizieren, und es passiert euch einfach. Ich verstehe es nicht! Ich verstehe diese Maßnahmen, die ihr setzt, nicht. Wir haben 50 Milliarden Euro zur Verfügung. Da hätte niemand ein Problem, wenn das ausgegeben wird, jeder hätte Verständnis dafür. Aber ihr tut es nicht! Ihr gebt es den Menschen nicht, ihr gebt es den Unternehmen nicht, ihr gebt es der Wirtschaft nicht! Das ist für mich nicht nach­vollziehbar, das ist völlig unverständlich. (Beifall bei der FPÖ.)

Deshalb bringe ich noch einmal folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Österreich-Gut­schein“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, jedem österreichischen Staatsbürger Gut­scheine im Wert von insgesamt 1.000.- Euro auszustellen, die bis 31. Dezember 2020 nur bei heimischen und in Österreich steuerpflichtigen Betrieben eingelöst werden kön­nen.“

*****

In diesem Sinne danke ich und ersuche um Zustimmung. (Beifall bei der FPÖ.)

15.37

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Erwin Angerer, Michael Schnedlitz, Dr. Dagmar Belakowitsch und weiterer Abgeordneter betreffend „Österreich-Gutschein“

eingebracht im Zuge der Debatte zum Dringlicher Antrag gem. § 74a Abs 1 iVm § 93 Abs 2 GOG-NR der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Peter Wurm, Michael Schnedlitz und weiterer Abgeordneter betreffend Erhöhung der Nettoersatzrate beim Bezug des Arbeitslosengeldes (COVID-19-Maßnahme) in der 36. Sitzung des Natio­nalrates, XXVII. GP, am 17. Juni 2020

Die Maßnahmen der Bundesregierung im Zuge der Coronakrise führen zu einer his­torischen Wirtschaftskrise.

Mehr als 1,8 Millionen Menschen haben ihre Arbeit verloren oder haben durch die Kurz­arbeit deutliche weniger Einkommen. Zigtausende Wirtschaftstreibende haben ebenfalls ihre Einkommensgrundlage verloren. Und mit all diesen Menschen auch ihre Familien!

Die österreichische Wirtschaft ist am Boden, zigtausende Betriebe wurden zwangs­geschlossen. Ob viele Betriebe, Gastronomiebetriebe, Touristiker, Handwerker, aber auch Dienstleister die Corona-Maßnahmen der Regierung wirtschaftlich überleben, darf angezweifelt werden. Dass die Auftragslage plötzlich wieder in die Höhe schießt, ist unwahrscheinlich. Sämtliche Wirtschaftsforscher prognostizieren eine schwere Rezes­sion. Hand in Hand mit einer drohenden gigantischen Pleitewelle geht der Konsum­schock.

Die österreichischen Familien und die heimischen Wirtschaftstreibenden haben nichts von Versprechungen. Von Hoffnung allein können sie nicht leben, sie brauchen jetzt konkrete Hilfe und Sicherheit.

Wenn wir die massive Pleitewellen abfedern wollen und die Kaufkraft stärken, braucht es schnelle Maßnahmen, die möglichst viele Menschen erreichen und besonders schnell die Kaufkraft österreichischer Familien stärken. Jeder Österreicher und jede Öster­reicherin – etwa 7,4 Millionen Menschen – soll völlig unabhängig vom Alter einen soge­nannten Österreich-Gutschein in der Höhe von 1.000.- Euro erhalten. Für eine vier­köpfige Familie sind das 4.000.- Euro.

Von dieser unbürokratischen Soforthilfe für österreichische Familien und heimische Betriebe in Höhe von rund 7,4 Mrd. Euro, die Arbeitsplätze sichert, die Wirtschaft ankurbelt und somit natürlich indirekt auch dem Sozialsystem zugutekommt, fließen rund 2,5 Mrd. Euro direkt in Form von Steuereinnahmen zurück in den Bundeshaushalt.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten daher nach-ste­hen­den

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, jedem österreichischen Staatsbürger Gut­scheine im Wert von insgesamt 1.000.- Euro auszustellen, die bis 31. Dezember 2020 nur bei heimischen und in Österreich steuerpflichtigen Betrieben eingelöst werden kön­nen.“

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, aus­reichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Klubobmann Wöginger. – Bitte.