15.55

Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte ZuseherInnen vor den Bildschirmen! 480 000 Ar­beitslose, das ist eine enorme Zahl, das sind sehr viele. (Heiterkeit des Abg. Loacker.) Auch wenn die Arbeitslosigkeit erfreulicherweise seit Mitte April zurückgegangen ist, sind wir mit einer Zahl konfrontiert, die so schnell nicht zurückgehen wird. Da brauchen wir uns keinen Illusionen hinzugeben, die Arbeitslosigkeit wird anhaltend hoch bleiben (Zwischenruf des Abg. Wurm), und daraus ergeben sich die Aufgaben der Politik.

Die aktuellen Aufgaben der Politik mitten in der Krise sind einerseits alles zu tun, um Beschäftigung bestmöglich zu sichern, zu erhalten und damit Einkommen zu sichern und zu erhalten. Dafür wurde jetzt die Coronakurzarbeit für weitere drei Monate verlängert und es wird auch nach dieser Coronakurzarbeit weitere Kurzarbeitsmodelle brauchen. Die Sozialpartner werden sich auch demnächst zusammensetzen und darüber dis­kutieren, wie auch noch in den nächsten Monaten Arbeit bestmöglich gesichert werden kann.

Da gehört andererseits dazu, wieder Beschäftigung zu schaffen und Maßnahmen zu setzen, die Beschäftigung fördern und möglichst viele Menschen wieder in gut bezahlte, sozial- und arbeitsrechtlich bestmöglich abgesicherte Arbeit zu bringen. Dafür braucht es eben die entsprechenden Konjunkturpakete. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Dafür braucht es auch die entsprechenden arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen, wie sie heute in der Früh auch Markus Marterbauer eingefordert hat.

Von da drüben (in Richtung SPÖ) wird gleich die Frage danach kommen: Natürlich werden die Maßnahmen kommen, das ist keine Frage. (Abg. Heinisch-Hosek: Ja wo sind die?) Werner Kogler hat gestern in der „ZIB 2“ bereits angekündigt, dass die kommen werden und dass wir diese arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen natürlich auch mit den Sozialpartnern, sprich mit Gewerkschaften, Arbeiterkammer, Wirtschaftskammer und allen anderen wesentlichen Stakeholdern in diesen Bereichen, bearbeiten und verhandeln werden, denn ein wesentlicher Punkt ist für uns, diese Form von Zu­sammenarbeit und Kooperation auch weiter zu pflegen. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Abg. Leichtfried: Weiß das Wöginger auch?) – Bitte? (Abg. Leichtfried: Weiß das Wöginger auch?) – Na selbstverständlich weiß es Wöginger, kein Problem. (Zwischenruf bei der ÖVP. Heiterkeit des Abg. Wöginger.)

So, und jetzt haben wir als letzten Punkt, dass natürlich die Menschen, die in Arbeits­losigkeit sind, ein Recht darauf haben, bestmöglich abgesichert zu sein, ein Recht darauf haben, jede Form von Unterstützung und Hilfe zu bekommen, und ein Recht darauf haben, Perspektiven geboten zu bekommen. (Abg. Kickl: Es gibt keinen TOP, wo die nicht ...! ... Salto mortale!)

Jetzt wurde ein Paket geschnürt, das sicher auch diskutiert werden muss, über das auch gestritten werden kann. In diesem Paket wurde von der Regierung auch eine Maßnahme beschlossen, dass das Arbeitslosengeld um 450 Euro erhöht wird. (Zwischenrufe der Abgeordneten Heinisch-Hosek und Vogl. Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wer rechnen kann, weiß, dass das, wo ein Plus davorsteht, eine Erhöhung und keine Re­duktion ist. Ja, die einmalige Erhöhung von 450 Euro (Abg. Kassegger: Ist nicht so üppig!), das gebe ich ganz offen und ehrlich zu, ist für uns nicht das Ende, der Plafond ist nicht erreicht, aber es ist ein wesentlicher Schritt in die richtige Richtung, es ist die erste Erhöhung des Arbeitslosengeldes seit Jahrzehnten. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwischenrufe bei der FPÖ. Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.)

Wenn ich dann in den sozialen Medien lese, was so manche politische Parteien oder politische Funktionsträger dazu meinen! Da ist von Verhöhnung, Frotzelei (Abg. Belakowitsch: Ist es ja! – Abg. Kickl: Das geht vom Öllinger ...!) und Zynismus die Rede. Von einem Abgeordneten wurden wir sogar Verbrecher genannt, weil wir diese Erhöhung durchführen. (Zwischenruf bei der SPÖ.) – Ja, das war so.

Da frage ich mich: Wenn das, was wir gemacht haben, nämlich diese Erhöhung, eine Frotzelei, ein Zynismus, ein Hohn ist, was war dann bitte die letzten Jahrzehnte? Da war, egal ob gerade schwarze, blaue oder rote Minister im Arbeitsministerium und im So­zialministerium gesessen sind, die Erhöhung des Arbeitslosengeldes nie ein Thema! (Ruf bei der FPÖ: Die interessieren uns nicht! Uns interessieren die letzten Monate! – Abg. Heinisch-Hosek: ... jetzt!) – Ich weiß, das hören Sie nicht gerne, aber es ist leider so. Man muss sich der Vergangenheit stellen, um für die Zukunft zu lernen. Es führt kein Weg daran vorbei. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Abg. Kickl: Aber es ist schon ..., was passiert!)

Die Frage ist: Warum war das nie Thema? Warum wurden in den letzten Jahrzehnten ständig Zumutbarkeitsbestimmungen verschärft? Warum wurden – ich rede insbe­son­dere vom Arbeitslosengeld – die Sanktionen verschärft? Welche Minister und welche Ministerinnen waren das? (Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ.)

Ich sage ganz ehrlich: Obwohl mir und uns allen klar ist, dass das allein als Maßnahme nicht reichen wird, freut es mich doch, dass wir mit dieser Regierung diesen Schritt gegangen sind, einen Schritt, den weder die SPÖ noch die FPÖ gemacht haben.

Im Gegenteil: Was ich sehr amüsant finde, ist, dass die FPÖ heute daherkommt und die Erhöhung des Arbeitslosengeldes fordert (Abg. Belakowitsch: ... Arbeitslosen!), die gleiche FPÖ, die noch vor Kurzem die Notstandshilfe abschaffen wollte, die gleiche FPÖ, die die Mindestsicherung für die Ärmsten in diesem Land radikal gekürzt hat, die gleiche FPÖ (Abg. Heinisch-Hosek: Was?) – in der Regierung, ja –, die in Wirklichkeit ein Zweiklassensystem in der Arbeitslosenversicherung schaffen will, ein System für ausländische Arbeitslose und ein anderes System für inländische Arbeitslose. (Abg. Kickl: Sie sind ja schon ganz schwindlig vor lauter Verrenkungen!)

Lesen Sie das „Handbuch freiheitlicher Politik“, da steht das alles drinnen. Wenn Sie hier herauskommen und sagen - - (Zwischenruf des Abg. Deimek. – Heiterkeit bei der FPÖ.) Lernen Sie lesen, in Ihren Büchern steht es! Aber dass Sie das „Handbuch freiheitlicher Politik“ nicht lesen, verstehe ich, denn es ist schwer auszuhalten. (Abg. Deimek: Lernen Sie ...!)

Es ist auf jeden Fall so, dass wir erstmals seit Jahrzehnten das Arbeitslosengeld erhöhen. Wir werden aber nicht dabei stehen bleiben können, das wissen wir ganz genau. Wenn jemand sagt: Es ist Hohn, es ist Verhöhnung, es ist Zynismus! (Abg. Kickl: Kriegen Sie eigentlich ein Schmerzensgeld für diese Performance?), sage ich: Es ist Hilfe. Es ist direkte Hilfe für die unmittelbar von Arbeitslosigkeit Betroffenen, es ist unmittelbare Hilfe für Menschen, die Notstandshilfe erhalten, es ist unmittelbare Hilfe für Menschen, die Arbeitslosengeld beziehen, Notstandshilfe beziehen und die Mindest­sicherung aufstocken. Für all die wird es diese Form der Erhöhung geben. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Es braucht aber, wie gesagt, mehr, das hat auch Werner Kogler gestern gesagt. Für uns Grüne ist die Debatte nicht zu Ende, wenn es um die Frage der Erhöhung des Arbeits­losengelds (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch) und einer besseren sozialen Absiche­rung von arbeitslosen Menschen geht. Wir werden entsprechende Arbeitsmarktpakete verhandeln, und da wird das Arbeitslosengeld wieder ein Teil sein. Wir werden im Herbst entsprechende Maßnahmen und Schritte setzen, ja setzen müssen. (Abg. Schellhorn: ... viel Spaß!)

Zum Abschluss: Menschen, die Arbeit suchen, Menschen, die arbeitslos sind, brauchen Unterstützung statt Sanktionen, sie brauchen Perspektiven statt Strafen, und sie brauchen gute Arbeit statt prekärer Jobs. (Zwischenrufe der Abgeordneten Kollross und Yılmaz.) Dafür werden wir uns weiter einsetzen und dafür werden wir auch in Zukunft stehen. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

16.04

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Loacker. – Bitte.