16.59

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Ich habe selten eine widerlichere, verabscheuungswürdigere, verachtendere Rede gehört als jene dieser Kollegin jetzt, die Menschen degradiert. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.) Es ist ein Menschenrecht, Recht auf soziale Sicherheit, Recht auf Schutz vor Arbeitslosigkeit, und Sie degradieren alle arbeitslosen Menschen zu Menschen, die gar nicht arbeiten wollen. Das ist ein Skandal! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Weil Sie so viel über Landwirtschaft geredet haben: Schaut bitte einmal, wie Ernte­helfe­rinnen und Erntehelfer in diesem Land behandelt werden! – Auch das ist menschen­verachtend! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich wollte aber ursprünglich über Folgendes reden – Frau Ministerin, ich weiß nicht, wie sehr Sie sich schon mit der Arbeitsmarktsituation von Frauen in diesem Land beschäftigt haben –: Mittlerweile sind mehr Frauen atypisch beschäftigt, wenn sie Arbeit haben, als vollzeitbeschäftigt oder eben typisch beschäftigt, in einem ganz normalen Arbeits­ver­hältnis. Jede zweite Frau ist teilzeitbeschäftigt, es gibt geringfügig beschäftigte Frauen, Leiharbeiterinnen, Frauen arbeiten als freie Dienstnehmerinnen, sind neue Selbststän­dige, sind als Ein-Personen-Unternehmen tätig, als fallweise Beschäftigte, aber es gibt eine Viertelmillion - - (Die Rednerin spricht die letzten Worte schon ohne Verstärkung durch die Mikrofonanlage. – Ruf bei der ÖVP: Jetzt haben Sie das Mikrofon abge­dreht!) – Ich habe nichts gemacht.

Es gibt auch eine Viertelmillion Arbeit suchende Frauen, und von dieser Viertelmillion – 25 000 davon sind in Schulung – ist die Hälfte unverschuldet arbeitslos geworden. Von den 200 000 Menschen, die arbeitslos geworden sind, weil Sie das Epidemiegesetz ausgehebelt haben, sind zirka 100 000 Frauen, die jetzt keine Arbeit haben. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.)

Ich frage Sie, Frau Ministerin: Welche Beschäftigungsprogramme, die Sie jetzt zum fünften Mal ankündigen, wird es denn wirklich geben – nämlich heute und nicht im Herbst –, die Frauen im Zeitalter der Digitalisierung, beim Umschulen, beim Weiterbilden so helfen können, dass sie im Herbst nicht langzeitarbeitslos geworden sind? Wie wollen Sie als Regierungsparteien der Langzeitarbeitslosigkeit, die steigen wird, und der Arbeitslosigkeit, die bleiben wird – nicht nur als Langzeitarbeitslosigkeit, sondern es wird auch eine soziale Krise kommen – entgegenwirken? (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Jedes Konjunkturpaket muss auch ein Gleichstellungspaket sein, es geht sich nämlich nicht aus, wenn Sie die Frauen nicht unterstützen.

Sie sind ja auch Familien- und Jugendministerin: Im Herbst werden voraussichtlich 32 000 junge Menschen keine Arbeit haben. Wie schauen bitte diesbezüglich die Programme aus? Wollen Sie alte Muster fortschreiben oder modern denken und moder­nisieren? Wie wollen Sie den jungen Leuten Perspektiven geben? Wie wollen Sie den Frauen und arbeitslosen Menschen Perspektiven geben?

Weil mir Herr Hörl jetzt ins Auge sticht, muss ich sagen, dass gestern im Budget­aus­schuss von ihm – und das hat die Kollegin jetzt sehr widerwärtig wiederholt; und ich sage „widerwärtig“ dazu – die permanente Unterstellung gekommen ist, dass jeder Mensch, der die Arbeit verloren hat, das – anscheinend – absichtlich gemacht hat, sich darin suhlt und warten möchte und langzeitarbeitslos werden möchte. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Das ist so eine Gemeinheit von Ihnen und eine so menschenverachtende Art, dass das nicht auszuhalten ist! (Beifall bei der SPÖ.)

Im Gegenteil, wir müssen doch Armut verringern, nicht Armut vermehren – und der Weg, auf den ihr euch gemacht habt, bedeutet, dass die Armut vermehrt wird. Der nächste Schritt, nämlich in die Wohnungslosigkeit und vielleicht in die Obdachlosigkeit, ist ein ganz kleiner.

Ich nehme diese Woche wieder mit zwei Gruppen an Touren von Shades Tours Vienna teil, da führen ehemals obdachlose Menschen andere durch Wien und sagen: Ich habe es geschafft, ich bin stolz darauf! – Wenn wir diese Armut vermeiden wollen, dann müssen Sie, Frau Ministerin, jetzt die Beine in die Hand nehmen und für arbeitslose Menschen schleunigst auch etwas tun – jetzt und nicht erst im Herbst! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Hörl: Alte Muster der Sozialdemokratie ...! Das ist eure Spezialität! – Abg. Leichtfried: Wenn da wer alt ausschaut, seid ihr das! – Weitere Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.)

17.03

Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Bedrana Ribo. – Bitte.