20.56

Abgeordnete Henrike Brandstötter (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Kolleginnen und Kollegen! Also ich möchte da schon etwas anmerken: Es gibt ja noch eine zweite Seite. Es gibt auch die grüne Landeshauptmann-Stellvertreterin (Abg. Kickl: Sie ist befangen!), die ja auch eine etwas merkwürdige Vorstellung von Feminismus hat und gesagt hat: „In meiner feministischen Grundhaltung geht es auch darum, dass man schaut, wo es Versöhnlichkeit gibt.“ Feminismus bedeutet Verzeihen, hat sie ausrichten lassen. – Also dieses Verständnis von Feminismus ist grundfalsch und schadet auch einer echten Diskussion über Rollenbilder und dem Rollenverständnis in unserer Gesellschaft. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

Was in dieser Aussage sichtbar wird, ist ein ganz tief verwurzeltes konservatives Rollen­verständnis der Frau als versöhnliches Wesen (Zwischenruf der Abg. Disoski), die dafür verantwortlich ist, dass jetzt Ruhe ist im Karton (Zwischenrufe bei den Grünen), und das ist im Grunde auch die Form einer Mutterrolle als Kümmerin, die dafür zuständig ist, den Frieden wiederherzustellen. (Abg. Kickl: Das ist viel spannender, als ich mir gedacht habe!) Also da haben wir schon noch einen weiten Weg vor uns, um wirklich für Gleich­stellung zu sorgen.

Zum eigentlichen Thema: „Money, money, money / Must be funny / In the rich man’s world“. – Ich bemühe jetzt ABBA – heute hat ja jemand schon Reinhard Mey zitiert –: Das wird jetzt seit 44 Jahren besungen und ist immer noch traurige Realität. Männer haben das Geld nach wie vor recht fest in der Hand.

Der Genderpaygap ist allgegenwärtig. Frauen verdienen nachweislich weniger als Män­ner, auch wenn sie im selben Beruf arbeiten.

Es gibt aber nicht nur den Genderpaygap, sondern auch den Gendercaregap: Frauen leisten mehr unbezahlte Sorgearbeit als Männer – das ist eine Feststellung, die jetzt nicht sonderlich überrascht. Wir wissen, dass berufstätige Frauen und Mütter einer ständigen Doppel- und Dreifachbelastung ausgesetzt sind. Sie kümmern sich um die Pflege der alt gewordenen Eltern, sie schupfen den Haushalt, sie bringen die Kinder in die Schule, zum Musikunterricht, zum Turnunterricht, zum Arzt, sie gehen länger in Karenz als ihre Partner. Sie arbeiten auch häufig Teilzeit, schlittern dabei in die Alters­armut oder sind, wenn sie Vollzeit arbeiten plus Carearbeit leisten, immer am Rande eines Burnout.

Diese klassischen Strukturen haben sich ja besonders in Zeiten der Coronakrise massiv verhärtet. Wir wurden auf ein Frauenbild der Fünfzigerjahre zurückgeworfen. Quasi von heute auf morgen war klar, wer sich kümmert, wer die Betreuungspflicht übernimmt: Es sind die Frauen.

Wie viel unbezahlte Arbeit Frauen heute aber tatsächlich leisten, wissen wir nicht. Grüne und ÖVP haben einen Antrag eingebracht, in dem sie fordern, dass geschlechter­spezifische Diskriminierung von Frauen in der Coronakrise untersucht wird. Das klingt ja auf den ersten Blick ganz gut, bei genauerem Hinsehen merkt man aber: Weitere Initiativen in diese Richtung werden in diesem Antrag nicht gefordert.

Es sollen also lediglich die Auswirkungen der Krise auf Frauen durch vorhandene Daten evaluiert werden, und dabei soll auch die Verwaltung bitte nicht zusätzlich belastet werden – also die Verwaltung ist nicht zusätzlich zu belasten, weil Frauenangele­gen­heiten anscheinend eine Belastung sind. Vor allem muss sich ja die Verwaltung auf Daten aus dem Jahre 2008 stützen, denn so lange ist die letzte Zeitverwendungsstudie her. (Präsident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)

Wir NEOS haben einen Antrag eingebracht, in dem wir gefordert haben, dass Österreich an der europaweiten Zeitverwendungsstudie teilnimmt, damit wir endlich neue Zahlen und Daten bekommen, die zeigen, wie viel unbezahlte Arbeit in Haushalten geleistet wird und wie die Rollenverteilung heute vonstattengeht. Dieser Antrag wurde von ÖVP und Grünen abgelehnt, und ich frage mich schon, wie wir evidenzbasierte Politik machen wollen, wenn die Teilnahme an einer Zeitverwendungsstudie abgelehnt wird.

Sie wollen keine validen Zahlen zum Gendercaregap, es reichen Ihnen veraltete Daten oder Vermutungen, und Sie wollen eben auch ohne zusätzliche Verwaltungslasten auskommen. Also: Frauen dürfen nichts kosten, das ist die Zusammenfassung.

Ich bitte Sie da schon, Ihre Haltung zu überdenken. Lassen Sie uns aktuelle Daten erheben, damit wir wissen, wie viel unbezahlte Arbeit Frauen jetzt leisten, und damit unbezahlte Arbeit nicht nur sichtbar, sondern auch honoriert wird! – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.01

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Smodics-Neumann. – Bitte. (Abg. Kickl: Jetzt bin ich gespannt! – Abg. Loacker – in Richtung Bundesministerin Raab –: Frau Minister, sagen Sie irgendwas oder schauen Sie nur zu? – Zwischenruf des Abg. Leichtfried.)