17.16

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Ich habe auch heute wieder versucht, genau zu­zuhören. Wissen Sie, was mir aufgefallen ist? – Normalerweise sagt man, die Opposition kritisiert immer nur alles. Heute ist mir aufgefallen, dass hier eine Ministerin steht und sagt, es ist alles richtig gemacht worden – und dann höre ich Oppositionsabgeordnete, die sehr differenziert argumentieren, die sagen: Da ist etwas gut gegangen, da ist es nicht so gut gegangen!

Das habe ich bei dieser Diskussion sehr spannend gefunden, und das ist, glaube ich, auch Ihr Problem: Das Wort Vertrauen ist ein paar Mal gefallen; Vertrauen ist schnell aufgebraucht, da gibt es einen schönen Spruch dazu. Wenn jemand sagt: Ich habe im­mer alles richtig gemacht!, man aber weiß, dass es nicht stimmt, dann wird das Vertrauen reduziert. Das möchte ich nicht, denn ich möchte ja, dass wir gemeinsam durch diese Megakrise, durch diese Schwierigkeiten durchkommen. Das wird aber nicht funktionie­ren, wenn man sagt, man habe alles richtig gemacht.

Das ist ja auch der Grund, warum man sagt, man braucht jemanden, der das koordiniert. Es fehlt nämlich nicht das Vertrauen in die Beamtinnen und Beamten – nein, nein, in diese haben die Menschen viel Vertrauen –, wir wissen aber inzwischen, dass die Ent­scheidungen von politischen Kabinetten gefällt werden, von MinisterInnen, denen man anmerkt, dass sie sich im Detail gar nicht so auskennen. (Oh-Rufe des Abg. Schmid­hofer.) Die Beamtinnen und Beamten haben dann gar keine Chance, weil sie ja über diese politischen Kabinette, die inzwischen alles entscheiden, und dann vor allem über die Messagecontroller – das sind ja meine besonderen Freunde – überhaupt nicht mehr drüberkommen. Deswegen entsteht ja so etwas wie mit dem Tausender. Da sagt dann ein Messagecontroller: Machen wir eine gute Geschichte, ein Tausender für jede Fami­lie! – Das ist ja eine gute Geschichte, nur stimmt sie nicht, Frau Bundesministerin. Da können Sie es noch so oft den Zeitungen sagen, und die können das noch so oft ab­drucken – es stimmt nicht! (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Erstens möchte ich sehen, dass Sie mir, wenn ich zu Ihnen komme und Sie klage, 1 000 Euro zahlen. (Abg. Meinl-Reisinger: Kannst du ja nicht! Da hast du ja keinen An­spruch!) Zweitens sage ich Ihnen: Ich will gar nicht, dass Sie mir 1 000 Euro geben, denn das ist eine dieser Maßnahmen, die ich für unsinnig halte. Ich brauche für meine Tochter diese 360 Euro nicht, aber es gibt Frauen und Männer und Familien in diesem Land, die mehr als 360 Euro für ihre Kinder bräuchten. (Abg. Schmidhofer: Kannst ja spenden!) Warum machen Sie nicht sinnvolle Maßnahmen, die denjenigen helfen, die es brauchen, sondern gehen mit der Gießkanne drüber? Das funktioniert nicht. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Damit bin ich beim nächsten Punkt: Wir reden gerne von den Bauern, und jeder, der mich kennt, weiß, ich werde kein schlechtes Wort über Bauern sagen. Wir wissen aber: Sie stellen 1,3 Prozent, glaube ich, der Bevölkerung oder des BIP, die Industrie stellt fast ein Drittel. Ich habe über die Industrie noch überhaupt nichts gehört.

Wenn ich mir dann die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft anschaue, differenziere ich auch. Ja, es ist gut, dass wir uns ein bisschen nach oben bewegt haben. Sie kennen das IMD und das IMD-Competitiveness-Ranking, Sie haben auch eine Aus­sendung dazu gemacht. Wissen Sie, Frau Bundesministerin, wie viele europäische Län­der, nicht nur EU-Länder, vor uns liegen? – Acht Länder! Es sind acht Länder vor uns. Das heißt, wir sind nicht schlecht, aber wir sind nicht so gut, wie Sie immer sagen, also müssen wir besser werden.

Was machen wir dafür? – Wir brauchen für die Industrieunternehmen mehr Forschung, wir brauchen mehr Bildung. Ich finde es ja schön, wenn jetzt Kinder irgendwann einmal elektronische Geräte bekommen, aber auch diesbezüglich kann man sich Zahlen aus einer EU-Statistik herausholen: Nur 11 Prozent der Volksschulen haben einen digitalen Zugang, und bei den höheren Schulen liegen wir auch irgendwo im Mittelfeld. – Auch da sind wir nicht sehr gut, wir sind nur irgendwie so lala, und das ist ein Problem.

Jetzt komme ich zum nächsten Problem – und das ist ein Megaproblem –, das diese Bundesregierung noch treffen wird. Ich weiß (in Richtung Bundesministerin Schram­böck), Sie sind da nicht zuständig, insgesamt aber will offenbar die Mehrheit des Hauses Herrn Schmid halten. Ich sage Ihnen ganz deutlich: Ich bin kein Prophet und ich tu mich sehr schwer mit Voraussagen, die Voraussage aber, dass Herr Schmid in einem halben Jahr nicht mehr Vorstand der Öbag sein wird, ist sehr einfach – das ist eh klar.

Ich habe heute ein Buch mitgebracht (ein Exemplar des „Kodex Unternehmensrecht 2020“ in die Höhe haltend), das ich nicht ausgelesen habe, ich habe mir nur das Aktienrecht angeschaut, und das ist sehr einfach: „Der Aufsichtsrat kann die Bestellung zum Vor­standsmitglied und die Ernennung [...] widerrufen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ein solcher Grund ist namentlich grobe Pflichtverletzung, Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung [...]“. – Was wollen wir denn noch? Ich möchte die privaten Probleme ja gar nicht ansprechen, wir werden ihn aber öfter sehen als die Aktionäre draußen, weil er im Ausschuss öfter wird aussagen müssen, weil er SMS geschrieben hat, die den Aufgaben eines Generalsekretärs des Finanzministeriums entgegenstehen. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

Er ist nicht in der Lage, die österreichische Wirtschaft zu führen, und das sage nicht nur ich, sondern das sagen Analysten – den „Börsianer“ habe ich Ihnen auch mitgebracht (eine Ausgabe des genannten Magazins in die Höhe haltend) –, das sagen zwei wesent­liche Analysten. Einer, Herr Matejka, sagt, es braucht ein „professionell aufgestelltes Management“, das weiß, was es will, und Maßnahmen und Ziele formuliert. – Das haben wir nicht! Bis jetzt, sagt Herr Wögerbauer, ist es „nicht gelungen [...], ein klares Ziel zu definieren.“ (Abg. Meinl-Reisinger: Das sagen auch wir seit einem Jahr!)

Das heißt: Er hat private Probleme, von denen wir nicht wissen, wie sie ihn beruflich beeinflussen, er hat ein Problem, weil er mehr im Ausschuss sein wird und erklären müssen wird, was er als Generalsekretär im Finanzministerium widerrechtlich gemacht hat – das sage ich sehr klar, denn das wissen wir inzwischen –, und er hat natürlich ein Problem, weil er das nicht kann! Wie soll er es denn auch können?

Ich habe ja wirklich nichts gegen Pressesprecher, ich habe auch nichts gegen Journa­listen – aber jemanden, der ein lieber Pressesprecher war, zum Chef der österreichischen Industrie zu machen, wo es um Milliarden Euro geht, wo es um hohe Steuerzahlungen und um internationale Reputation geht?! Es sind hervorragende österreichische Unter­nehmen, die kaputtgemacht werden, weil jemand nicht in der Lage ist, zu verstehen, dass er zurücktreten muss. Sein Aufsichtsrat versteht es auch nicht – dieser kommt als nächster dran. Der Aufsichtsrat der Öbag verstößt gerade gegen seine Pflichten. Der Finanzminister – ja gut, der will halt seinen Freund nicht rausschmeißen, aber er wird es tun müssen.

In diesem Sinne möchte ich Sie schon aufmerksam machen: Bitte lesen auch Sie nach, erfüllen Sie Ihre Pflichten und machen wir das gemeinsam! Es ist nicht schlecht, einmal zu sagen: Wir haben einen Fehler gemacht!, und gemeinsam bringen wir es nur zusam­men, wenn man auch einmal eingesteht, dass man einen Fehler gemacht hat. – Danke schön. (Beifall bei NEOS und SPÖ sowie bei Abgeordneten von FPÖ und Grünen.)

17.22

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Max Lercher. – Bitte.