12.27

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Seit vielen Wochen debattieren wir jetzt die verschiedensten Hilfspakete, die dafür sorgen sollen, dass die österreichische Wirtschaft am Laufen bleibt. Wenn man sich da einen Überblick verschafft, ist man ganz erstaunt, was da alles auf den Weg gebracht worden ist: der Härtefallfonds, ganz wichtig zu Beginn, um wirklich unmittelbar helfen zu können, der Fixkostenzuschuss, der vor Kurzem verlängert worden ist, umfangreiche Stundun­gen im Bereich Steuern und Sozialversicherungsbeiträge, Haftungen, Garantien, Kurzar­beit, der NPO-Fonds, zu dem in den nächsten Tagen die entsprechenden Richtlinien kommuniziert werden, und vieles andere mehr.

Ich bin wirklich der Meinung, mit dem heutigen Gastropaket, mit dem heutigen Kultur­paket – wenn ich das auf Mostviertlerisch sagen darf – setzen wir noch einmal eins drauf, weil damit auch einer Branche geholfen wird, die uns allen, glaube ich, sehr, sehr am Herzen liegt.

Zum anderen gibt mir diese Debatte – und das ist mir wichtig – Gelegenheit, auch ein bisschen über die Wirtschaftspolitik der SPÖ zu referieren. Die SPÖ hat ja monatelang gesagt: Das Instrument, mit dem man den Gastronomen wirklich helfen kann, ist der Gutschein! – Die Wiener SPÖ hat ihn mittlerweile aufgelegt. Die Bundes-SPÖ hat in den Budgetausschusssitzungen lange gesagt: Na, der Gutschein, den brauchen wir, weil der das Instrument schlechthin ist! – Wenn man aber ein bisschen genauer hinschaut, dann sieht man schon, dass der Gutschein vielleicht doch nicht das richtige Instrument ist.

Was sind die Nachteile des Gutscheins? – Zum einen: Er ist nicht unmittelbar wertschöp­fungssteigernd. Nicht die gesamte Summe kommt den Gastronomen zugute, sondern der Gastronom hat natürlich auch entsprechende Kosten zu tragen.

Ein zweites wesentliches Argument ist: Der Gutschein substituiert. Das heißt, die Frage ist immer wieder: Wäre man auch zum Wirt gegangen, wenn es den Gutschein nicht gäbe? – In einem hohen Ausmaß wird es so sein, dass man trotzdem zum Wirt gegan­gen wäre.

Das dritte Argument – und das ist mir ganz wichtig, weil die SPÖ immer sagt, die Maß­nahmen seien alle so bürokratisch –: Gerade der Gutschein ist bürokratisch. Ein Gut­schein muss aufgelegt werden, ein Gutschein muss ausgeschickt werden. Die Probleme, die es da gegeben hat, haben wir ja gesehen. Ein Gutschein muss eingesammelt wer­den, ein Gutschein muss abgerechnet werden. Also wenn man sagt, das sei ein unbüro­kratisches Instrument, weiß ich nicht, woher man diese Meinung hat.

Im Gegensatz dazu funktioniert die Senkung des Mehrwertsteuersatzes ab dem ersten Tag. Es braucht eine Umstellung im Kassensystem, und die Liquidität ist sofort im Unter­nehmen, mit dem ersten Euro, den das Unternehmen einnimmt. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Haubner: Sehr gut erklärt! – Abg. Kickl: Der Kunde hat halt nichts davon!)

So viel zur wirtschaftspolitischen Kompetenz der SPÖ, insbesondere auch in Wien.

Ganz wichtig ist mir auch, zu sagen: Der Gutschein hat ja nicht wirklich eine nachhaltige Wirkung. Okay, es gibt einen einmaligen Effekt – den Substitutionseffekt habe ich schon erwähnt –, aber der verpufft sehr schnell. Wenn ich jetzt den Gutschein, das Wiener SPÖ-Modell, unserem Modell gegenüberstelle, würde ich sagen, da brauchen wir tat­sächlich keinen Vergleich zu scheuen. Dieses Modell ist natürlich viel, viel besser.

Ein Abschlussargument zum Gutschein ist mir auch noch wichtig. Man hat immer wieder gehört, dass die großen Ketten jetzt auf einmal die großen Feindbilder der SPÖ Wien sind. Ganz klar ist aber auch, dass der Gutschein der Wiener SPÖ natürlich auch für McDonald’s gilt, gar keine Frage. Das wird nur nie dazugesagt. Eines möchte ich aber schon auch dazu sagen: Gerade McDonald’s, das sind österreichische Unternehmen, die auch in Österreich Steuern zahlen. Das sind Lizenznehmer, die natürlich eine Fran­chisegebühr an McDonald’s zahlen, es sind aber österreichische Unternehmen, und die verdienen genauso unsere Unterstützung. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Lukas Hammer und Zorba.)

Ich persönlich glaube, dass irgendwann der Zeitpunkt kommen wird, zu dem wir dann bewerten werden, ob die Maßnahmen, die wir gemeinsam mit der Bundesregierung er­griffen haben, zielgerichtet, ob sie wirksam waren. Wahrscheinlich ist das derzeit noch ein bisschen früh. Wir müssen mit den Lockerungsmaßnahmen noch sehr, sehr vor­sichtig sein. Das Schlechteste, was uns passieren kann, ist, dass es zu einer zweiten, vielleicht auch kleineren Coronakrise kommt.

Mir ist aber jetzt der aktuelle Bericht der OECD in die Hände gelangt. Die OECD ist als Informationsquelle hier im Hohen Haus wohl über die Parteigrenzen hinweg anerkannt. Über die Gesundheitskrise wissen wir: Wir haben Gott sei Dank auch weltweit betrachtet die wenigsten Toten pro Million Einwohner; wir haben derzeit pro Million Einwohner die wenigsten Coronainfizierten.

Es sind aber auch die wirtschaftlichen Daten in diesem Bericht, die aus meiner Sicht sehr, sehr interessant sind. Ich habe insgesamt drei Kennzahlen ausgewählt, die aus meiner Sicht für eine Volkswirtschaft enorm wichtig sind. Das ist der Rückgang des Bruttoinlandsprodukts, der natürlich alle Volkswirtschaften getroffen hat; ich habe mir die aktuellen Zahlen zur Arbeitslosigkeit angeschaut – natürlich ist Arbeitslosigkeit das The­ma, auf das wir ganz genau achten müssen –; und die dritte Kennzahl, die ich ausge­wählt habe, ist: Welche relative Verschuldung werden wir nach der Coronakrise haben, und wie können wir diese Schulden zukünftig finanzieren?

Siehe da: Im gesamten europäischen Raum sind wir beim Rückgang des Bruttoinlands­produkts die Besten, das möchte ich ausdrücklich betonen. Wir haben auch – das muss man schon dazusagen – 6,2 Prozent Rückgang, aber im Vergleich hat Schweden zum Beispiel 6,7 Prozent, Deutschland 6,6 Prozent oder die Schweiz 7,7 Prozent. Beim BIP-Rückgang, der natürlich auch in unserer Volkswirtschaft gegeben ist, sind wir also ganz vorne mit dabei.

Eine zweite wichtige Kennzahl ist natürlich die Arbeitslosigkeit. Persönlich sage ich im­mer: Bei allen Themen, die man diskutiert, allen politischen Aufgabenfeldern, die es zu bewältigen gilt, ist das Thema der Arbeitslosigkeit zentral. Wir müssen immer alles da­ransetzen, die Menschen in Beschäftigung zu halten. Da kommt natürlich unser Kurzar­beitsmodell sehr zum Tragen. Auch da gilt: Wir haben derzeit laut OECD-Berechnung eine Arbeitslosigkeit von 5,8 Prozent; im gesamten Euroraum haben wir 9,8 Prozent.

Die dritte Kennzahl, die ich mir auch noch anschauen möchte, ist die relative Verschul­dung. Als ÖVP-Politiker sage ich jetzt auch: Wir haben da einen Paradigmenwechsel vollzogen. Lange Zeit war es natürlich so, dass ausgeglichene Haushalte für uns sehr wichtig waren, weil wir für die Zukunft auch gesunde Finanzen haben wollen. Ich habe das schon mehrmals betont: Gerade diese Finanz- und Budgetpolitik der vergangenen Jahre hat auch dazu geführt, dass wir unsere Schulden derzeit zu wirklich sehr, sehr niedrigen Zinssätzen finanzieren können.

Zum Zeitpunkt der OECD-Studie werden wir in der relativen Verschuldung natürlich wie­der über 80 Prozent kommen. Mit den neuen Paketen wird es wahrscheinlich in Richtung 90 Prozent gehen. Es ist auch die einzige Chance, uns aus der Krise herauszuinves­tieren. Die Finanzmärkte haben aber, und das ist das Wichtigste, ganz, ganz ruhig auf dieses investive Programm unserer Republik reagiert. Die Zinssätze bewegen sich bei den kurzfristigen Anleihen nach wie vor im Minusbereich. Das zeigt die große Stärke unserer Volkswirtschaft. Das ist das Verdienst aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh­mer, aller Unternehmer, aller Landwirte, und ich glaube, dafür muss man auch einmal ein großes Danke sagen! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Lukas Hammer und Zorba.)

In diesem Sinne bin ich davon überzeugt, dass wir, wenn wir die Maßnahmen im Bereich der Gesundheitspolitik und in der Wirtschaftspolitik weiterhin ausgewogen setzen, auch in den nächsten Wochen sehr gut durch die Krise kommen werden. – Danke sehr. (Bei­fall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Lukas Hammer und Zorba.)

12.34

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gabriel Obernosterer. – Bitte.