15.55

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Es kann mir niemand erzählen, dass das die lange geplante Dringliche der SPÖ ist, es könnte wohl eher sein, dass Doskozil und Hanke diese Viertagewoche-Geschichte abgeschossen haben und man jetzt kurzfristig noch etwas anderes finden musste, und deswegen ist das auch ein bisschen dünn in der Begründung geworden. (Beifall bei NEOS und ÖVP.)

Ich gebe der Antragstellerin von der Stoßrichtung her schon recht. Für diese Krise zahlen die Jungen – und zwar volle Länge und volle Breite zahlen für diese Krise die Jungen.

Sie zahlen im Bildungssystem mit ausgefallenen Unterrichtsstunden, eigentlich mit aus­gefallenen Unterrichtswochen. Es sind Prüfungen ausgefallen, es dauert das Studium länger.

Die Jungen zahlen bei der Bildung, aber sie zahlen auch auf dem Arbeitsmarkt. Sie haben mehr Jobchancen eingebüßt als die älteren Arbeitnehmer. Sie sind von Kurzarbeit betroffen. Jungunternehmer haben jetzt oft den Ruin ihres Unternehmens erleben müs­sen, während ein etabliertes Unternehmen eher durch die Krise kommt als eines, das die Gründung noch nicht lange hinter sich hat. Sie sind oft gefährdet, jetzt die sprichwörtlichen Patschen zu strecken.

Die Jungen müssen auch die gewaltigen Schulden zahlen, die das manchmal über­schießende Maßnahmenpaket dieser Regierung verursacht. Diese Krise zahlen die Jungen. Ob der Antrag, wie ihn die SPÖ formuliert hat, im Detail das richtige Rezept ist, ziehe ich in Zweifel, weil ja gefordert wird, dass ein Job direkt bei der öffentlichen Hand garantiert wird, wenn jemand keine Lehrstelle findet. Dieser Glaube an den Staat, der alles rettet und alles macht, wird uns aus dieser Krise auch nicht herausbringen. Die Frage ist doch: Was müssen wir tun, damit richtige, echte Beschäftigung in Betrieben und nicht als künstliche Jobs ohne Arbeit in der öffentlichen Hand möglich wird?

Das maximale Beschäftigungsprogramm macht schon die Regierung, indem sie so viele Taskforces einsetzt, dass ganz viele Leute beschäftigt sind. – Das stimmt schon.

Was aber könnte man tun, damit es tatsächlich zu mehr Einstellungen in den Betrieben kommt und Unternehmer sagen: Ja, jetzt gebe ich wieder Gas, ich gehe wieder gewaltig akquirieren und fühle mich wieder fit für die Zukunft, dass ich meinen Betrieb auch mit mehr Mitarbeitern schupfen und die Aufträge bewältigen kann?

Es würde Vertrauen und Zuversicht erfordern, dass man auch in den Herbst und Winter hinein vernünftig weiterarbeiten kann. Der Herr Gesundheitsminister – er ist leider wieder nicht da – hat uns versprochen, dass Testungen schnell gehen – innerhalb von 24 Stun­den, bis jemand getestet wird, und 24 Stunden, bis man das Ergebnis hat – und dass in 24 Stunden die Kontakte getrackt sind. – Das ist schlicht nicht wahr. Es dauert oft Tage, bis jemand sein Testergebnis hat. Das liegt unter anderem daran, dass sich viele Labors, die solche Tests auswerten, aus der Befundung für die 1450-Hotline zurückgezogen haben, weil sie nicht nur mehr verdienen, wenn sie für den niedergelassenen Bereich arbeiten, sondern weil sie auch mehr verdienen, wenn sie die Tourismustests für Bundesministerin Köstinger machen.

Wir haben im Testwesen jetzt einen Wettbewerb zwischen dem Gesundheitswesen – Anschober – und dem Tourismus – Köstinger. – Na, ganz super! Es zahlen nämlich die Betriebe drauf, die dringend wissen müssen, ob sie einen positiv Getesteten in ihrem Unternehmen haben, ob sie weiterarbeiten können oder welche Maßnahmen sie jetzt setzen müssen, um weiterzuarbeiten.

In so einer Situation der Unsicherheit, in der man nicht weiß, was das für die Firma heißt – wann vielleicht geschlossen werden muss oder wann Abteilungen oder Betriebs­teile geschlossen werden –, ist ein Unternehmer eher zurückhaltend und nimmt weniger Einstellungen vor und auch weniger Lehrlinge auf. Das ist ganz natürlich.

Im Gegenteil müsste man dem Unternehmer sogar Vorwürfe machen, wenn er in einer betriebswirtschaftlich unsicheren Situation, in der er nicht weiß, wie es weitergeht, Einstellungen vornimmt, wobei er nicht weiß, ob er die Menschen beschäftigen kann. Diese Sicherheit, diese Zuversicht müsste eigentlich die Regierung den Unterneh­men vermitteln, indem es eine deutliche Vorgabe gibt, was passiert, wenn in einem Unternehmen irgendwo ein positiver Covid-Fall auftritt, wie sichergestellt sein kann, dass man weiterarbeiten kann. Dann hat man auch die Verlässlichkeit, dass man sagt: Ja, unter diesen Bedingungen kann man Mitarbeiter einstellen und Jobs anbieten.

Aber was passiert? – Es gibt ja zum Beispiel Unternehmen, die Ausfälle nach dem Epidemiegesetz hatten. Es fehlt immer noch die Verordnung, die notwendig ist, damit diesen Unternehmen Ersatz geleistet werden kann. Jetzt dauert die Covid-Krise bereits vier Monate, und es gibt die Verordnung für den Ersatz nach dem alten Epidemiegesetz immer noch nicht. Da reden wir über Schäden, die im März entstanden sind. Welche Zuversicht und welche Verlässlichkeit haben Unternehmer da? – Keine. Diese Verordnung müsste im Übrigen der jetzt nicht anwesende Gesundheitsminister erlassen. Da kann dann der Masseverwalter die Forderung nach dem Epidemiegesetz aus dem Konkurs heraus stellen. – Das ist die Art, wie diese Regierung arbeitet.

Sie haben Dinge genannt, Frau Ministerin, die durchaus richtig sind, etwa dass es einen Lehrlingsbonus gibt, der einen Anreiz bietet, einen Lehrling einzustellen – alles gut, geschenkt. Überbetriebliche Lehrlingsausbildung hat es in der Vergangenheit gegeben, die gibt es hoffentlich in der Zukunft auch. Aus- und Weiterbildung: Das ist auch alles gut. Was die Lehrlingsausbildung bräuchte, wäre eine Entbürokratisierung. Da gibt es viele Vorschriften, die das Beschäftigen von Lehrlingen sehr mühsam machen, die die Tätigkeiten, die ein Lehrling vollziehen darf, unnötig einschränken. Was es noch bräuchte, wäre ein Anpassen des Arbeitsrechts, um auf der Höhe der Zeit zu sein.

Da das nicht nur Lehrlinge betrifft, sondern eigentlich breiter gedacht werden muss, bringe ich abschließend noch folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Flexible­res Arbeiten“

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, die arbeitsrechtlichen, sozialversicherungs­rechtlichen und steuerrechtlichen Regelungen so anzupassen, dass den Anforderungen der neuen Arbeitswelt mit dem verstärkten Arbeiten im Home-Office Rechnung getragen wird“.

*****

Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

16.02

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Flexibleres Arbeiten

eingebracht im Zuge der Debatte in der 45. Sitzung des Nationalrats über den Dring­lichen Antrag betreffend Lehrlingsgarantie in Zeiten von Corona

Die COVID-Krise hat gezeigt, wie schnell sich Unternehmen und Organisationen an neue Bedingungen anpassen müssen. Die berufliche und private Lebensrealität vieler Erwerbs­tätiger verändert sich rasch, und die Corona-Krise beschleunigt die Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft zusätzlich. In der aktuellen ökonomischen Krise zeigen sich die Vorteile digitaler Innovationen:  Sie machen Unternehmen und Organisationen in Krisenzeiten anpassungsfähig, handlungsfähig und damit überlebensfähig.

Die COVID-Krise hat auch gezeigt, dass das Arbeitsrecht alledem nicht gerecht wird. Das gilt z.B. bei recht freier Zeiteinteilung für Arbeitszeitaufzeichnungen, Mittagspausen, Nachtruhezeiten und dergleichen. Auch ist in der Zeit des intensivierten Home-Office noch deutlicher geworden, dass Arbeitsleistung weniger denn je in abgesessenen Stun­den in einem Büro gemessen oder definiert werden kann, sondern weitaus dynami­scher zu beurteilen ist. Anstelle starrer gesetzlicher Regelungen ist es daher auch ziel­füh­render, wenn Arbeitgeber_innern und Arbeitnehmer_innen individuell oder auf Be­triebs­ebene im Sinne des Interessenausgleich gemeinsame Vereinbarungen treffen.

Durch eine flexiblere Gestaltung der Arbeitszeit einerseits und des Arbeitsortes anderer­seits wird der Alltag von Arbeitnehmer_innen erleichtert und gleichzeitig den Bedürf­nissen von Betrieben entsprochen. Dadurch wird viel mehr Raum für persönliche Freiheit der Arbeitnehmer_innen geschaffen, denen mehr Möglichkeiten geboten werden, Beruf, Freizeit und Familie gut ein Einklang zu bringen. Dafür müssen Rahmenbedingungen angepasst werden, um das Arbeitsrecht der Flexibilität unserer Arbeitswelt anzupassen.

Auch sozialversicherungsrechtliche Fragen, die sich bei verstärktem Home-Office häufi­ger stellen sind teilweise noch ungeklärt. So entstehen Unschärfen bei ausländischen Arbeitgeber_innen mit österreichischen Arbeitnehmer_innen im Home-Office und um­gekehrt.

Das Steuerrecht ist ebenfalls nicht auf der Höhe der Zeit. Auch sind die Aufwendungen für ein Arbeitszimmer im Wohnungsverband nur unter besonderen Bedingungen steuer­lich relevant. Werbungskosten liegen nur dann vor, wenn das Arbeitszimmer aus­schließ­lich oder nahezu ausschließlich beruflich genutzt wird. Es muss den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit bilden. Dies entspricht aber nicht der Arbeitsrealität und Wohnsituation vieler erwerbstätiger Menschen. Die leichtere steuer­liche Absetzbarkeit von Arbeitszimmern ist über die leere Ankündigung im Regierungs­programm (Seite 95) nicht hinausgekommen. Umgekehrt stellen sich Fragen der Treff­sicherheit von steuerlichen Vergünstigungen, die den Arbeitsweg berücksichtigen (z.B. Pendlereuro, Pendlerpauschale), wenn Erwerbstätige öfter von zuhause aus ar­beiten und der Arbeitsweg entfällt.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, die arbeitsrechtlichen, sozialversicherungs­rechtlichen und steuerrechtlichen Regelungen so anzupassen, dass den Anforderungen der neuen Arbeitswelt mit dem verstärkten Arbeiten im Home-Office Rechnung getragen wird "

*****

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, aus­reichend unterstützt und steht somit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Hammerschmid. – Bitte.