18.17

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Frau Präsidentin! Werte Frau Ministerin! Ich freue mich wirklich, dass es dieser Antrag heute auf die Tagesordnung geschafft hat. Ich erkläre auch kurz, warum ich glaube, dass dies so wichtig ist.

In der Nacht auf den 15. Mai kam es im Atomkraftwerk Temelín zu einem Zwischenfall. Das ist jenes Atomkraftwerk, das sich 50 Kilometer von der österreichischen Grenze ent­fernt in Tschechien befindet. Was ist genau passiert? – Es kam zu einer automatischen Schnellabschaltung des Reaktorblocks 1. Warum? – Das wissen wir nicht so genau. Was wir aber wissen, ist, dass wenige Tage später der Reaktor wieder in Betrieb genom­men wurde. Mittlerweile ist dieser Vorfall zwei Monate her und immer noch nicht aufge­klärt.

Geschätzte Kollegen und Kolleginnen, so eine Schnellabschaltung muss uns aber wich­tig sein, und wir müssen sie hier auch behandeln. Ich bringe vielleicht ein Beispiel, etwas Vergleichbares, damit man sich das vorstellen kann. Eine Schnellabschaltung ist, wie wenn man auf der Autobahn mit vollem Karacho dahinfährt und plötzlich eine Vollbrem­sung hinlegt. Da kommt es natürlich zu Abnützungserscheinungen. Es sind Bremsbelä­ge, die sich abnützen, und das Risiko eines Unfalls wird erhöht.

Deshalb kann uns das nicht wurscht sein, und es kann uns schon gar nicht wurscht sein, wenn es beim Atomkraftwerk Temelín passiert, das nämlich von Beginn an störanfällig war. Das muss man wirklich so sagen. Dieser Reaktor ist nach sowjetischem Design gemacht, er ist eine sowjetische Produktion gemischt mit US-Technik. Von Beginn an haben Expertinnen und Experten davor gewarnt. Genau das aber ist eingetreten: Es hat sehr viele Zwischenfälle gegeben, manchmal mehrere pro Jahr.

Wie gesagt, dieses Risikoatomkraftwerk steht 50 Kilometer von unserer Grenze entfernt. Deshalb fordern wir eine intensive, vollständige Aufklärung dieser Störung und auch, dass wir als Österreich sofort informiert werden, denn so eine Störung muss ganz ein­fach aufgeklärt werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Nun werden Sie sich vielleicht denken: Na ja, reicht es, diesen Störfall aufzuklären? – Nein, natürlich reicht das nicht. Temelín steht ja symbolisch für die generelle Gefahr, die von Atomkraftwerken ausgeht. Die Bilder von Fukushima und von Tschernobyl haben wir alle noch im Kopf. Wir haben nicht nur die Bilder im Kopf, sondern wir haben noch immer – mehr als 35 Jahre später – eine hohe Strahlenbelastung, höher, als sie sonst in Österreich gewesen wäre.

Rufen wir uns nun in Erinnerung: Tschernobyl war 1 000 Kilometer von Österreich ent­fernt, und wir leiden noch immer; Temelín ist 50 Kilometer entfernt, ist also 20-mal näher. Deshalb fordern wir heute auch – mit „wir“ meine ich alle Parteien in diesem Haus; und es freut mich ganz besonders, dass wir das wirklich geschafft haben, obwohl es kurz nicht so ausgeschaut hat, aber nun haben wir es zustande gebracht – alle gemeinsam, dass das Atomkraftwerk Temelín vom Netz genommen und stillgelegt werden soll. (Bei­fall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Darüber hinaus erneuern wir heute alle gemeinsam – ich glaube, das kann man so sa­gen – auch unsere Forderung nach einem weltweiten Atomausstieg, weil das der einzige Weg ist, wie wir dieses Problem tatsächlich lösen können.

Vielleicht noch ein letzter Satz: Warum ist das Thema so aktuell? – Nicht nur aufgrund des Vorfalles, sondern weil uns ja aufgrund der Klimakrise ganz viele Leute erzählen: Ja, da müssen wir aus der fossilen, aus der umweltschädlichen Energie aussteigen und hin zur Atomenergie! – Wir werden aber sicher nicht die eine Bedrohung, die Klimakrise, mit einer anderen Bedrohung lösen können! Das stimmt ganz einfach nicht. Die erneu­erbare Energie, der Wind und die Sonne, muss die Zukunft sein. Es kann nicht die Lö­sung sein, eine weitere tickende Zeitbombe auf unseren Boden hinzustellen. Dahin ge­hend: Nein zur Atomkraft und Ja zur Ausschaltung des Atomkraftwerkes Temelín! – Dan­ke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

18.22

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Martin Litschauer. – Bitte.