9.36

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Das The­ma der heutigen Aktuellen Stunde lautet Abfallvermeidung, und dazu will ich zu Beginn etwas Grundsätzliches sagen: Ich will über die Art und Weise sprechen, wie wir wirt­schaften: Wir produzieren, dann verkaufen wir, dann gibt es eine ganz kurze Nutzungs­dauer, dann werfen wir weg – und dann produzieren wir wieder von Neuem und es wird neu gekauft.

Es steht nicht mehr im Mittelpunkt, dass das Produkt für die Umwelt und für die Konsu­menten und Konsumentinnen möglichst nachhaltig ist, es steht nicht im Mittelpunkt, dass es möglichst lang hält und gute Qualität hat, sondern dass wir kaufen (mit den Fingern schnipsend) und wieder kaufen (erneut mit den Fingern schnipsend). Und warum? – Weil natürlich auch jemand an diesem Einkauf verdient.

Dabei erleben wir eine unglaubliche Ressourcenverschwendung und unsere Müllberge wachsen ständig. Das müssen wir ganz einfach klar benennen. Es findet eine systemati­sche Ausbeutung unserer Umwelt aufgrund von Profitinteressen statt (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen) und in so einer Gesellschaft wollen wir nicht leben – in einer Wegwerfgesellschaft, in der wir nur kaufen, um zu kaufen. Dafür ist das Leben zu kurz.

Wenn wir über Müllvermeidung sprechen, könnten wir ganz viele Themen ansprechen – Kollegin Rössler hat aus meiner Sicht viele sehr gut aufgezählt –, ich will jetzt aber über jenes Thema sprechen, über das auch die Regierung gerade spricht und sich nicht einig ist, nämlich Plastikmüll.

In Österreich gibt es extrem viel Plastikmüll – auch da im Übrigen Plastik, das einmal verwendet und dann weggeworfen wird, anstatt die Mehrwegvariante zu wählen. Auf EU-Ebene gibt es jetzt aber den Vorschlag der Plastiksteuer. Die Idee dahinter: Dort, wo viel Plastik erzeugt wird, fallen hohe Steuern an, sodass die Betroffenen ein Interesse daran haben, weniger Plastik zu erzeugen, um weniger Steuern zu zahlen – das macht man nämlich normalerweise nicht himmelhoch jauchzend. Dahin gehend funktioniert diese Logik.

Nun gab es in Österreich die Frage: Wer zahlt diese Plastiksteuer? – Die Zuschauerin­nen und Zuschauer zu Hause werden sich jetzt wahrscheinlich denken: Na ja, die, die es verursachen, die Plastikhersteller und -herstellerinnen, weil diese Plastikabgabe, wenn sie wirklich zu einer Reduktion von Plastik führen soll, ja von jenen bezahlt werden muss, die das Plastik erzeugen und die es auch in der Hand haben, da zu reduzieren. – So weit, so logisch.

Anders denkt sich das unser Finanzminister Blümel, der wieder besonders positiv auf­gefallen ist. Er und die ÖVP sagen nämlich: Die Steuerzahler und Steuerzahlerinnen sollen die Plastiksteuer zahlen. – Da wissen wir eh schon, wen es trifft: 80 Prozent des gesamten Steuereinkommens wird von arbeitenden Menschen entrichtet. Das sind Steu­ern auf Arbeit, das sind Steuern auf Konsum, nicht Steuern auf Vermögen oder Steuern auf Besitz und Reichtum. 80 Prozent der Steuern stammen von den arbeitenden Men­schen, und genau aus diesem Topf soll nun auch noch die Plastiksteuer gezahlt werden. Es geht um 142 Millionen Euro – und ich frage Sie: Wenn eh wir alle die Plastikabgabe zahlen, was haben dann diejenigen, die das Plastik erzeugen, für einen Anreiz, zu redu­zieren? – Sie haben gar keinen Anreiz mehr! Das führt das Ganze ad absurdum, und das ist die Logik des Herrn Blümel! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grü­nen.)

Da hier der Wienwahlkampf ja schon eröffnet und bereits mit Wienbashing vorangetrie­ben wurde (Zwischenruf der Abg. Pfurtscheller): Ich meine, Herr Blümel steht ja wirklich konsequent nicht auf der Seite der arbeitenden Menschen und will Wiener Bürgermeis­ter werden. Das geht sich auch irgendwie nicht aus. (Beifall bei der SPÖ.)

Zusammengefasst: Die grüne Umweltministerin hat sich ja ebenfalls dafür ausgespro­chen, dass die Erzeuger diese Steuer zu zahlen haben – das begrüßen wir natürlich, da unterstützen wir sie natürlich –, aber der zuständige Finanzminister sagt weiterhin Nein. Dahin gehend: Vielleicht können wir das heute klären, um die Steuerzahler und Steuer­zahlerinnen da nicht unnötig zu belasten.

Unterm Strich: Wir müssen handeln! Die Richtigen müssen zur Kasse gebeten werden, zweitens müssen wir weg von diesem Kaufen, Wegwerfen, neu Kaufen – es braucht Mehrweg statt Einweg, ganz klar –, und drittens brauchen wir ein kluges Pfandsystem, dort, wo es notwendig ist, damit der Müll dort landet, wo er wirklich hingehört, nämlich im Recycling und nicht in der Natur.

All das brauchen wir, all das ist notwendig. Bitte geben Sie die Blockadehaltung auf, es wäre tatsächlich im Sinne von uns allen! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

9.41

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Rauch. – Bitte.