10.51

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Mei­ne sehr geehrten Herren Bundesminister! Ich danke dem Herrn Bundeskanzler sehr für diese klare Haltung. (Ruf bei der FPÖ: Wir auch!) In diesen unsicheren Zeiten, in denen wir leben, brauchen Menschen klare Positionierungen. Die österreichische Bundesregie­rung hat da eine Linie, und es ist ganz, ganz wichtig, in dieser Frage nicht sofort aus der Emotion heraus an die Sache heranzugehen (Zwischenruf bei der SPÖ) – denn dann kommt man zu einer Symbolpolitik –, sondern klar und langfristig im Interesse aller Be­troffenen, der Flüchtlinge, aber auch der Menschen, die hier leben, die Entscheidungen zu treffen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Die NEOS haben gefordert: „Unterstützen Sie ein Europäi­sches Asylsystem [...], Herr Bundeskanzler!“ – Meine Damen und Herren, wir haben ein europäisches Asylsystem, das sogenannte Dublin-III-Verfahren. Spätestens seit 2015 aber wissen wir, dass das nicht funktioniert – und Kollegin Dziedzic war dabei, als wir mit der zuständigen Kommissarin schon vor geraumer Zeit ein Gespräch hatten ‑: Es ist seitens der Europäischen Kommission meines Erachtens viel zu wenig mit Nachdruck daran gearbeitet worden – fünf Jahre sind inzwischen vergangen –, zu einer besseren Lösung zu kommen. Dafür kann man aber nicht die österreichische Bundesregierung, unseren Innenminister oder unseren Bundeskanzler verantwortlich machen. Es gibt eine klare Aufgabenteilung – und für europäische Lösungen ist vorrangig die Kommission zu­ständig. Deren Aufgabe ist es auch, in dieser Frage – gemeinsam mit den Nationalstaa­ten – zu einer besseren Lösung zu kommen. Das ist nicht Aufgabe der österreichischen Bundesregierung. (Ruf bei der FPÖ: Was hat der Herr Karas gemacht?)

Zweiter Punkt: Ihr Vorwurf, meine Damen und Herren von den NEOS, geht wirklich ins Leere. Sie sprechen von Blockade. Wir sind – der Herr Bundeskanzler hat es angespro­chen – europaweit am drittstärksten belastet! Nur Schweden und Deutschland haben diesbezüglich mehr gemacht. Und weil jetzt, im Zusammenhang mit Moria, die Minder­jährigen, Kinder im Vordergrund gestanden sind: Da hat Österreich in den letzten Jahren weit, weit mehr geleistet als Deutschland! Das muss man in diesem Zusammenhang schon sagen, und da verstehe ich diese Selbstgeißelung der NEOS nicht. (Abg. Loa­cker: ... nachweisen? – Abg. Scherak: „Selbstgeißelung“ ...?!) – Na ja, die Selbstgeiße­lung, was Österreich betrifft. Sie geißeln Österreich! Wir alle sollten auf die Leistungen von Österreich hinweisen! Das würde den NEOS auch nicht schlecht anstehen, Kollege Scherak. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.)

Hilfe vor Ort zu leisten – neben dem, was wir hier im Land machen –, und zwar rascher und in einem größeren Umfang als die anderen, das ist für mich christlich-soziale Politik! Das, was wir machen, ist christlich-soziale Politik: vor Ort rasch und schnell helfen; Grie­chenland helfen, aber auch den Flüchtlingen, die auf Lesbos sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir reden nur von Moria. Moria hat vor 14 Tagen gebrannt. Letztes Wochenende ist das zweite Mal versucht worden, einen Brand im Flüchtlingslager Vathy auf Samos zu legen. Wenn das Schule macht, dann werden andere versuchen, auch in Vial auf Chios so vorzugehen. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.) Auch dort leben Tau­sende Flüchtlinge. Man darf daher einem solchen Vorgehen nicht folgen.

Was meine ich damit? – Der Herr Bundeskanzler hat es angesprochen: 16 der EU-Mit­gliedstaaten haben bis zum heutigen Tag in dieser Frage den Weg Österreichs gewählt. Der Herr Bundeskanzler hat Schweden und Dänemark erwähnt, und auch in Spanien, wo Sozialdemokraten regieren, ist genauso vorgegangen worden, dass man Deutsch­land nicht gefolgt ist. Auch die NEOS – ich hoffe, Sie haben es nicht vergessen – haben Schwesterparteien innerhalb der ALDE: In Tschechien regiert eine Schwesterpartei von Ihnen (Abg. Meinl-Reisinger: Leider! – weitere Rufe bei den NEOS: Leider!), in Estland. Auch hier ist der Weg, den Sie wollen, nicht gegangen worden.

Auch in Österreich unterstützen sieben der neun Landeshauptleute die Haltung der Bun­desregierung, und nach mir kommt ja die SPÖ-Vorsitzende zu Wort! Der erfolgreichste sozialdemokratische Politiker auf Landesebene, und das ist Hans Peter Doskozil, hat ganz klar gesagt, dass er die Linie der Bundesregierung unterstützt.

Selbst Kommissionspräsidentin von der Leyen hat in ihrer Rede letzte Woche in Straß­burg gewarnt, sie hat gemeint: „Wie wir alle wissen, hat die Migrationskrise von 2015 zu schweren Verwerfungen zwischen den Mitgliedstaaten geführt – manche Wunden sind bis heute nicht verheilt.“

Tun wir alles, damit wir den Fehler von 2015 nicht nochmals machen! Wir wollen starken EU-Außengrenzschutz, effektiven Kampf gegen die Schlepperkriminalität. (Abg. Meinl-Reisinger: Wir auch! Wir fordern das auch!) Das ist genauso wichtig wie die Integration der Menschen, die zu uns gekommen sind. (Abg. Meinl-Reisinger: Wir fordern das auch!)

Das ist keine Symbolpolitik mit der großen Moralkeule, mit der Sie immer unterwegs sind.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Den Schlusssatz bitte!

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (fortsetzend): Wir nehmen nicht die Moralkeule in die Hand, wir machen verantwortungsvolle Politik, so wie es Bundeskanzler Kurz skiz­ziert hat. (Beifall bei der ÖVP.)

10.57

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Klubobfrau Abgeordnete Rendi-Wagner. – Bitte.