15.02

Abgeordneter Mag. Christian Drobits (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätz­te Regierungsmitglieder! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Werte Zuhörerinnen und Zuhörer! Ich bin angetreten, um in die Politik zu gehen, und wusste, dass ich ein Gelöbnis auf die Bundesverfassung ablegen muss. Dieses Gelöbnis bezieht sich darauf, dass die Vorschriften der Bundesverfassung eingehalten werden. Dazu ste­he ich auch. (Präsident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)

Wenn ich nun erstmalig feststelle, dass die Vorschriften der Bundesverfassung nicht ein­gehalten worden sind oder werden, bin ich enttäuscht und gleichzeitig zornig.

Die heutige Anfragebesprechung resultiert aus einer Anfrage meinerseits, gerichtet an Herrn Bundesminister Mag. Gernot Blümel, den ich zum Projekt Edelstein hinsichtlich der geplanten Teilprivatisierung des Bundesrechenzentrums gefragt habe, einer wichti­gen Angelegenheit, weil das Bundesrechenzentrum doch der Datenbunker aller Daten ist, den Datenschatz der Republik und auch das Gehirn der Republik beinhaltet. Wenn es um Eigentum und den Übergang von Eigentum an Daten geht, sollte man fragen dürfen.

Da ich die Bundesverfassung kenne und ein Gelöbnis auf sie abgelegt habe, weiß ich, dass im Artikel 52 das Interpellationsrecht geregelt ist. Das heißt, dass man den jeweili­gen Minister hinsichtlich der Geschäftsführung kontrollieren kann, prüfen kann, aber auch entsprechende einschlägige Antworten verlangen kann.

Wenn ich mir die Anfragebeantwortung anschaue, sehe ich, dass es ganz konkret heißt, Herr Minister Blümel: Bitte warten! Bitte warten! Bitte um Verständnis, dass ich keine Ant­worten geben kann! Es ist alles vertraulich, alles geheim, alles top secret, Deckname Projekt Edelstein. – Für mich ist das viel zu wenig. Ich fühle mich in meiner Ehre als Parlamentarier gekränkt, und ich bin auch enttäuscht, dass Sie mir mein Recht, Fragen zu stellen, nehmen. (Beifall bei der SPÖ.) Da wir meinen, dass es auch allen anderen Abgeordneten hier so gehen sollte, dass sie sich in ihrem Recht der Fragestellung be­schnitten fühlen, haben wir diese Anfragebesprechung heute verlangt.

Herr Minister Blümel! Ich weiß nicht, warum Sie keine Antworten geben. Entweder wis­sen Sie es nicht, oder Sie wollen es nicht wissen. Ich bin nur enttäuscht, dass Sie mir jegliche Information verweigern.

Ich habe mir Anfragen aus dem Jahr 2018 angeschaut. Da haben Sie eine Anfrage be­antwortet und haben geschrieben: Mir ist das Interpellationsrecht wichtig, mir ist wichtig, dass Respekt und Inhalt der Beantwortung vorliegen. Der hinter mir sitzende National­ratspräsident hat 2018 im Rahmen einer Anfragebeantwortung zu parlamentarischen Anfragen klar und eindeutig geantwortet, dass das Interpellationsrecht als lebendige Säule der Demokratie, für die parlamentarische Kontrolle, für die demokratische Kontrol­le, für die Demokratie als solche ganz wichtig ist.

Das sind für mich die Pfeiler der Bundesverfassung, und deshalb sehe ich nicht ein, dass Sie mich so respektlos behandeln, indem Sie meine Anfrage zur Gänze zurückweisen und mir keine Antworten geben. (Beifall bei der SPÖ.)

So, jetzt liegt die Vermutung nahe, dass es vielleicht daran liegt, dass das Geheimprojekt Edelstein der Grund ist. Das mag sein. Ich nehme Ihnen auch nicht übel, dass Sie im U-Ausschuss vielleicht 86 Erinnerungslücken haben. Vielleicht ist das auch eine davon. Ich nehme Ihnen auch nicht übel, dass Sie beim Budget die Nullen vergessen haben, aber was ich Ihnen übel nehme, ist, dass Sie versuchen, mein Fragerecht zu negieren und zu beschneiden. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie wissen schon, Herr Bundesminister, die Fragen, die ich gestellt habe, sind klare Fra­gen, umfangreiche Fragen, auf die eigentlich klare Antworten zu geben sind. Sich da auf die Amtsverschwiegenheit zu beziehen, ist viel zu einfach, und deshalb vermute ich, Sie wollen mir nichts sagen. Sie wollen mir deshalb nichts sagen, weil Sie glauben, dass diese Veröffentlichung auf der Homepage des Parlaments einen Einfluss auf den Ibiza-U-Ausschuss nimmt, und deshalb haben Sie keine Antworten gegeben.

Deshalb fordere ich Sie auf, dass Sie wirklich klar sagen: Warum wollen Sie meine Fra­gen nicht beantworten – die Daten, die im Bundesrechenzentrum liegen, das sind Daten, die Sie betreffen und mich betreffen, Gesundheitsdaten, Steuerdaten, Strafregister, Fir­menbuch, Grundbuch, sogar die Passbilder, alles ist da drinnen –, warum wollen Sie mir nicht Antworten geben, ob über diese Daten geplante Verkaufsgeschäfte zwischen dem Bundesrechenzentrum und der Post AG, einer börsennotierten Firma, erfolgt sind? Wa­rum tun Sie das nicht? Wollen Sie da etwas verheimlichen? Wollen Sie uns im Endeffekt weismachen, Sie wüssten nichts?

Nun, der Herr Bundeskanzler weiß anscheinend mehr. Der Herr Bundeskanzler hat in den Medien, im „Profil“, im „Standard“ und auch im ORF, geantwortet, dass er sehr wohl die Kooperationsgespräche kennt, im Detail weiß er es nicht. Sie wissen anscheinend gar nichts. Herr Bonelli, der Kabinettschef des Herrn Bundeskanzlers, weiß viel mehr, aber das Interessante ist, dass sogar der Praktikant im Finanzministerium zum damali­gen Zeitpunkt mehr wusste. Er wusste, dass Gespräche gelaufen sind, durch die der Verkauf unserer Daten an die Post AG erfolgen sollte. Es ist doch traurig, dass Sie als Finanzminister im Gegensatz zum Praktikanten im Finanzministerium keine Antworten haben und mir jegliche Antwort verweigern.

Ich frage Sie deshalb nochmals: Wieso weiß der Praktikant mehr als Sie, wieso wollen Sie mir keine Antwort geben, und wieso sagen Sie im Gegensatz zu allen anderen, zum Herrn Bundeskanzler und so weiter, ich weiß es nicht? Haben Sie es wieder vergessen, wie im U-Ausschuss, wollen Sie es vergessen, oder ist es System, dass Sie das verges­sen müssen? Das ist die Frage. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Ich bin nicht nur enttäuscht von Ihrem Mangel an Respekt gegen­über meiner Person, ich bin auch enttäuscht, dass Sie unsere Bundesverfassung an­scheinend nicht ernst nehmen. Ich weiß nicht, wie Sie das selbst sehen – Sie werden dann wahrscheinlich auch in Ihren Ausführungen dazu etwas sagen –, aber ich nehme an, Sie können dazu nur ausführen: Ich wusste davon nichts, ich war damals nicht Fi­nanzminister, und ich weiß auch heute nichts. – Wenn das die Antwort ist, ist das zu billig, und deshalb werden wir uns das auch nicht gefallen lassen.

Ich bin heute nur die Speerspitze der Abgeordneten, die aufgrund von Anfragen nicht gehörige Anfragebeantwortungen erhalten. Wir werden zukünftig alle Anfragebeantwor­tungen, die in die gleiche Richtung gehen, mit denen das Fragerecht der Abgeordneten ignoriert wird, mit denen die Bevölkerung, die Österreicherinnen und Österreicher – ich sage es jetzt vulgär – für dumm verkauft werden, mit Anfragebesprechungen, einem wei­teren Instrumentarium, behandeln.

Ihre Anfragebeantwortung, um die es heute geht, ist der Gipfel. Das ist wirklich ein Wahn­sinn.

Herr Bundesminister, ich möchte Sie wirklich bitten: Überlegen Sie sich, ob Sie in diesem Sinne die Anfrage nicht nochmals beantworten, denn auch die Nichtkenntnisnahme ei­ner Anfragebeantwortung hat Konsequenzen. Auch im Interesse des Hohen Hauses, im Interesse des Herrn Nationalratspräsidenten, der klar und eindeutig gesagt hat, dass die parlamentarische Kontrolle eine lebendige Säule der Bundesverfassung ist und das Interpellationsrecht eine Grundlage davon darstellt, ersuche ich Sie nochmals, sich gut zu überlegen, ob Sie heute im Zuge der Anfragebesprechung weitere Antworten schuldig bleiben. Wenn Sie das tun, so denke ich, gibt es einen Grund dafür – dann würde ich Sie bitten, ihn einfach auch zu nennen. Wenn Sie den Grund nicht wissen – so wie Sie vieles nicht wissen –, treten Sie einfach zurück! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.10

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister für Fi­nanzen Blümel. – Bitte.