15.32

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wir leben in einer vielfachen Krise. Es sind ja die Pandemie und die Wirt­schaftskrise angesprochen worden – die Umweltkrise erstaunlicherweise noch zu wenig. Wir sind in einer Megaumweltkrise, und wenn Sie sich all diese Fragen ansehen, dann ist eines klar: Es gibt auf keine dieser Fragen, auch auf kein Detail, eine nationale Lö­sung. Nichts können Sie hier in Österreich alleine lösen. Alles ist nur – im besten Fall – europäisch zu lösen, und das gilt natürlich auch für die Asylfrage. Zu sagen: Wir sperren Österreich zu und das Asylthema ist gelöst!, ist natürlich Unsinn.

Zunächst bitte ich ja immer darum, Migration und Asyl zu unterscheiden. Zum Thema Asyl hat die EU-Kommission einen Vorschlag vorbereitet, und schon bevor er bekannt wurde, hat Herr Kurz gesagt: Nein, das ist sicher nichts für uns, das wollen wir nicht, wir werden sicher bei keiner europäischen Lösung mitmachen. – Schon da haben wir gese­hen: Sie sind keine Europäer mehr, denn – da bin ich beim nächsten Punkt, und ich habe Ihnen ein Buch mitgebracht (das Buch „Der Europäische Landbote“ in die Höhe haltend), es wird Sie nicht wundern –: Wir sind auch in einer Bildungskrise, sehr geehrter Herr Bundesminister. Das ist ein Buch von Robert Menasse. Ihre jungen Kolleginnen und Kollegen, die ja ziemlich ahnungslos sind, lesen „Robert Menasse“, lesen „Hitler“, sagen: Weg damit, müssen wir löschen!

Wenn Sie dieses Buch gelesen haben – das ist auch für diejenigen, die nicht so viel lesen, gar nicht so schlimm, es sind nur 125 Seiten –, dann hätten Sie in relativ kurzer Zeit begriffen, was die europäische Einigung, aber auch, was die Europäische Kommis­sion ausmacht. In Ihrem FPÖ-Sprech sind das die Brüsseler Bürokraten – in Ihrem FPÖ-Sprech. Das sind nicht die Brüsseler Demokraten. Lesen Sie das Buch, dann erfahren Sie von jemandem, der mit großer Skepsis im Jahr 2012, glaube ich, nach Brüssel ge­fahren ist, als begeisterter Europäer zurückgekommen ist und sehr begeistert über die­ses Europa geschrieben hat!

Das ist ja der nächste Punkt: Kollegin El-Nagashi hat gesagt, zwischen der FPÖ und der AfD gebe es so viele Gemeinsamkeiten. Wenn ich mir das im Moment anschaue, etwa in der Frage Moria, muss ich sagen: Zwischen ÖVP und AfD sehe ich viele Gemeinsam­keiten, während christliche Parteien, etwa die deutschen Christlich-Sozialen und die deutschen Christdemokraten, eher wie die NEOS argumentieren. Das heißt, da hat sich einiges verschoben, und das, was sich verschoben hat, schadet den Österreicherinnen und Österreichern.

Noch etwas schadet ihnen, nämlich die Reisewarnungen, und da möchte ich auf den nächsten Punkt aufmerksam machen: Am 4. September hat die Europäische Kommis­sion getagt und festgehalten, dass wir endlich mit diesen nationalen und regionalen Rei­sewarnungen aufhören müssen, dass wir ein europäisches System brauchen. (Zwi­schenruf des Abg. Hörl.) – Genau, Kollege Hörl weiß, worum es geht, weil es bei ihm in Tirol um das Überleben geht. Das haben die aber noch nicht begriffen, dass es um das Überleben geht (Abg. Hörl: Doch!), und sie tun mit den österreichischen Reisewarnun­gen weiter. (Beifall bei den NEOS.) Was höre ich von der EU-Kommission? – Diese Regierung ist dagegen, dass es eine europäische Lösung gibt. (Abg. Hörl: ... diese Lösung!) Sie wollen mit nationalen Themen weiterarbeiten, das wird aber nicht funktio­nieren.

Jetzt bin ich beim letzten Punkt angelangt, und ich muss leider kurz nach Ibiza, weil das, was wir in Ibiza gesehen haben, ja ein System ist. Da hat es nicht geheißen, die Reichen zahlen, damit sie Posten und Gesetze bekommen, sondern das, was dort angekündigt wurde, ist ja letztlich umgesetzt worden. Wenn man sich die SMS zwischen Herrn Schmid und Frau Glatz-Kremsner anschaut, denkt man sich: Politik ist ja wirklich so pri­mitiv, wie sie sich der kleine Maxi vorstellt: Du, weißt was, tun wir miteinander kochen und dann wirst du CEO, hat Thomas Schmid geschrieben. Und Glatz-Kremsner hat ge­schrieben: Ja, man kann gut bei dir essen. Ich freue mich, wenn ich CEO werde. Ich werde dich auch unterstützen, du wirst auch schon irgendetwas werden. – Dann haben sie gesagt: Dann werden wir auf unsere Karrieren anstoßen!

Unfassbar! Jetzt muss man sich vorstellen: Thomas Schmid ist der Chef der österreichi­schen Staatsbeteiligungen. Jetzt sage ich Ihnen etwas: Das mit der Messagecontrol (Abg. Kassegger: Kollege, bei welcher Partei ...?) können Sie in Österreich machen, obwohl Sie auch gerade merken, dass es schwierig ist. Bei den europäischen Zeitungen, bei den europäischen Medien tun Sie sich sehr schwer. Und was stellt sich heraus? – Wir bekommen mit unserer Wirtschaft international und in Europa ein Problem, wenn Sie die Öbag weiter als Spielwiese für Herrn Schmid und andere unfähige Leute betrachten.

Deswegen stelle ich einen (Beifall bei den NEOS) – danke schön – Entschließungsan­trag; der ist sehr einfach, und ich weiß auch, dass es juristisch nicht ganz so einfach ist, aber Sie haben es in der Hand, Sie können das über die Hauptversammlung natürlich lösen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abbe­rufung ÖBAG Vorstand Schmid“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine Abberufung des ÖBAG-Vorstandes Tho­mas Schmid in die Wege zu leiten.“

*****

Ich sage Ihnen noch etwas: Wenn Sie das nicht sehr bald machen, dann schaden Sie der österreichischen Wirtschaft noch mehr, als Sie es schon getan haben. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

15.37

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Abberufung ÖBAG Vorstand Schmid

eingebracht im Zuge der Debatte in der 53. Sitzung des Nationalrats über Schluss mit den Milliardenausgaben für eine falsche Asyl, Zuwanderungs- und Integrationspolitik in Österreich und Europa - Österreich braucht jeden Euro für die Opfer des schwarz-grünen Corona-Desasters! – TOP 1

Um Österreich und Europa wieder auf einen Wachstumspfad zu bekommen, müssen die in der Dringlichen Anfrage beschriebenen Milliardenausgaben effizient eingesetzt wer­den. Dafür braucht es von Experten geprüfte Gesetze, Vertrauen in unsere ausführen­den Institutionen und die kompetentesten Personen an den Schaltstellen der Republik. Statt den Menschen dankbar zu sein, die mit ihrer Kooperationsbereitschaft die Basis der erfolgreichen Krisenbewältigung gelegt haben, haben die Regierenden mit ihrer Kleingeistigkeit das Vertrauen, das dieses Land seit 1955 groß, erfolgreich und wi­derstandsfähig gemacht hat, mit unklaren Regelwerken, wenig vertrauenserweckenden Postenvergaben, bürokratischen Hürden und überzogenen Restriktionen schwer er­schüttert. Am allermeisten Vertrauen kostet es, wenn sich die Bürger_innen nicht mehr auf die Institutionen verlassen können, die in dieser Zeit besonders essentiell sind. Wäh­rend sich die Regierenden 100% auf die Bürger_innen verlassen konnten, konnten viele Bürger_innen nicht auf die Regierung und ihre Institutionen zählen. Ein Paradebeispiel dafür wie Bürger_innen Vertrauen verlieren ist die Besetzung der Österreichische Beteili­gungs AG (ÖBAG), die die Aufgabe hat, das Vermögen der Republik, also der Bürger_in­nen, zu verwalten. Die ÖBAG steuert als unabhängige Holding 11 staatliche Beteili­gungen mit einem Gesamtwert von rund 19,38 Milliarden Euro (31.3.2020). Der Schwer­punkt ihrer Arbeit liegt auf dem aktiven Beteiligungsmanagement. Mit dem Ziel: Die Si­cherung und Stärkung des Standorts Österreich, um nachhaltige Werte für nächste Ge­nerationen zu schaffen. Entsprechend darf nicht mal der Verdacht entstehen, dass die Führungskräfte dieser Institution, diese wichtige Aufgabe nicht wahrnehmen können.

Seit längerem steht Thomas Schmid im Fokus der Wirtschafts- und Korruptionsstaats­anwaltschaft (WKStA). Bereits Anfang Juni wurde medial aufbereitet wie sich der Fall Thomas Schmid darlegt: Gegen Thomas Schmid, Ex-Generalsekretär im Finanzministe­rium und nunmehr alleiniger Herr über alle Staatsbeteiligungen der Republik, ermittelt derzeit die Staatsanwaltschaft in der Casinos-Affäre. Die Wirtschafts- und Korruptions­staatsanwaltschaft (WKStA) führt - wie im Wochenmagazin Profil ausführlich berichtet (https://www.profil.at/wirtschaft/der-fall-thomas-schmid-der-kanzler-vertraute-und-das-kokain/400932182 - abgerufen am 16.06.2020) - Thomas Schmid als Beschuldigten im sogenannten Casinos-Komplex. Als einstiger Generalsekretär des Finanzministeriums (zuletzt unter ÖVP-Ressortchef Hartwig Löger, der auch als Beschuldigter geführt wird) soll er in die Vorgänge rund um die Bestellung des blauen Günstlings Peter Sidlo zum Direktor der Casinos Austria AG involviert gewesen sein. Die WKStA vermutet hier einen „Hintergrund-Deal“ zwischen der früheren FPÖ-Spitze und Novomatic, der Verdacht der Bestechung/Bestechlichkeit (und der Beteiligung daran) steht im Raum.

Darüber hinaus hat die Staatsanwaltschaft Wien Ermittlungen eingeleitet, da sich aus der Datenanalyse der im Gefolge von Hausdurchsuchungen seitens der WKStA sicher­gestellten Chatverläufe Thomas Schmids konkrete Anhaltspunkte für Tathandlungen nach § 27 SMG ergaben.

Nun wurden weitere Details zu Schmids Rolle bei Postenvergaben bekannt, die aber - so der Anschein - durch Falschaussagen vertuscht wurden, wie ein aktueller Bericht im Kurier zeigt: https://kurier.at/wirtschaft/casag-offenbar-ermittlungen-gegen-glatz-krems­ner-wegen-falschaussage/401056368

Eine offizielle Stellungnahme des Aufsichtsrats sowie des Finanzministers Gernot Blü­mel zu dieser Angelegenheit blieb bisher aus. Im Rahmen des Budgetausschusses am 16.06.2020 kündigte Minister Blümel lediglich an, dass sich der Aufsichtsrat der ÖBAG in seiner nächsten Sitzung am 22.06.2020 wohl mit dieser Causa befassen werde.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine Abberufung des ÖBAG-Vorstandes Tho­mas Schmid in die Wege zu leiten."

*****

Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Erwin Angerer. – Bitte.