15.37
Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Frau Präsidentin!
Präsidentin Doris Bures: Entschuldigung, Herr Abgeordneter, Sie haben noch 2 Minuten Restredezeit.
Abgeordneter Erwin Angerer (fortsetzend): Danke, Frau Präsidentin! Ich werde sehr schnell reden.
Es war heute und auch im Wiener Wahlkampf schon mehrfach Thema: Was unterscheidet eigentlich die ÖVP von den Freiheitlichen? – Ich sage es Ihnen, es ist ganz einfach: Das (in Richtung ÖVP weisend) sind die Schauspieler und wir haben das Drehbuch geschrieben. (Beifall bei der FPÖ.) Sie haben 2017 ihr Parteiprogramm in den Mülleimer geworfen, haben unsere Programmatik übernommen und spielen seither eine Rolle, aber sie spielen nur eine Rolle, sie setzen die Dinge nicht um.
Wenn wir uns jetzt die einzelnen Herren einmal anschauen: Der Herr Minister spielt die Hauptrolle von „Honig im Kopf“. Wer den Film kennt: Der hat alles vergessen, er vergisst alles, er vergisst seinen Laptop, er vergisst seine Aussagen im Untersuchungsausschuss, er beschließt ein Budget mit 102 000 Euro (Heiterkeit des Abg. Kainz) – das hätte nicht einmal gereicht, um eine Spende an den Alois-Mock-Verein zu tätigen. Die Regie führt Niederösterreich, und der Souffleur sitzt nicht vor uns, sondern meist hinter uns – und ich meine jetzt nicht Sie, Frau Präsidentin, Sie wissen, wen ich meine.
Dann gibt es noch ein paar Nebendarsteller. Das (in Richtung Grüne weisend) sind die linken Monty Python, also die Ritter der grünen Kokosnuss. Da ist alles dabei, von „Das Leben des Brian“ bis hin zu „Ein Fisch namens Wanda“, und wenn sie nicht spuren, dann gibt es einen Apfel in den Mund und zwei Pommes in die Nase – das erinnert so an das Bild von Herrn Kogler.
Das Nächste ist dann „Ocean’s Eleven“ oder: Wir sprengen die Bank, Herr Minister. Nächste Woche geht diese Serie mit Ihrer Budgetrede los, und ich bin schon neugierig, wie Sie uns erklären werden, warum wir 400 Millionen Euro mehr als bisher nach Brüssel zahlen. Das wird die große Frage, weil Sie selbst noch gesagt haben: 1 Prozent des BIPs, das muss bleiben! Sie haben damals Zorro vertreten, das ist der Mann, der hier im Parlament immer fehlt, der Mann mit der Maske, unser Herr Bundeskanzler. Er tritt auf, macht eine Pressekonferenz, und schon ist er wieder verschwunden. Sie haben ihn damals vertreten und gesagt: nicht mehr als 1 Prozent des BIPs. Da bin ich neugierig, wie das funktionieren soll. Das BIP geht nach unten, Wirtschaftseinbruch über 7 Prozent, die österreichischen Unternehmen kämpfen um das Überleben, die Arbeitsplätze gehen verloren und wir zahlen 400 Millionen Euro mehr.
Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie müssen jetzt den Entschließungsantrag einbringen.
Abgeordneter Erwin Angerer (fortsetzend): Vielen Dank, dass Sie mich erinnern.
Ich bringe den Entschließungsantrag ein, in dem es um die Arbeitsplätze geht, um viele verlorene Arbeitsplätze in unserem Land:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen
betreffend „Dringlichkeit von Maßnahmen zur Verhinderung von Massenkündigungen und zum Erhalt von Arbeitsplätzen“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, im Interesse der österreichischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dringend Maßnahmen einzuleiten und effektive Schritte zu setzen, die geeignet sind, Massenkündigungen zu verhindern und Arbeitsplätze zu erhalten, und damit endlich für die heimische Bevölkerung, die Unternehmen, Betriebe und Beschäftigten dieses Landes Politik zu machen.“
*****
Vielen Dank, Frau Präsidentin. (Beifall bei der FPÖ.)
15.40
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
des Abgeordneten Erwin Angerer
und weiterer Abgeordneter
betreffend Dringlichkeit von Maßnahmen zur Verhinderung von Massenkündigungen und zum Erhalt von Arbeitsplätzen
eingebracht in der 53. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 7. Oktober 2020
im Zuge der Debatte über die Dringliche Anfrage gem. § 93 Abs. 2 GOG-NR des Abgeordneten KO Herbert Kickl und weiterer Abgeordneter an den Bundesminister für Finanzen betreffend Schluss mit dem Milliardengrab für eine falsche Asyl-, Zuwanderungs- und Integrationspolitik in Österreich und Europa – Österreich braucht jeden Euro für die Opfer des schwarz-grünen Corona-Desasters!
In den letzten Monaten mussten sich viele Betriebe und Unternehmen in Folge von COVID-19 massiv verschulden und befinden sich nach wie vor, wenn auch mit branchenabhängigen Unterschieden, in einer wirtschaftlich äußerst schwierigen Lage. Die WKO-Bundessparte Gewerbe und Handwerk geht in der „Presse“ vom 8. September 2020 davon aus, dass die rund 230.000 Unternehmen in Gewerbe und Handwerk bis Jahresende einen Umsatzverlust von mindestens 11 Mrd. Euro hinnehmen werden müssen. Besonders hart trifft es Betriebe im Kreativ- und Designbereich wie die Eventbranche bzw. Unternehmen im Gesundheits- und Wellnesssektor.
Stark in Mitleidenschaft gezogen wurde auch die Reisebürobranche, die für das Jahr 2020 mit einem Umsatzrückgang rund um die 80 Prozent rechnen müsse, so Gregor Kadanka, Obmann des Fachverbandes Reisebüros in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) im Ö1-Journal am 25. August 2020.
Äußerst prekär ist darüber hinaus auch die Situation im Gastronomie- und Tourismusbereich: „Wir werden in vielen Unternehmen als Konsequenz der Krise mehr Schulden bei geringeren Umsätzen und Erträgen haben - das ist sicher kein Erfolgsmodell“, bringt ÖHT-Generaldirektor Wolfgang Kleemann die Lage im Tourismus auf den Punkt.
„Im Herbst drohe eine Pleitewelle, weil die Klein- und Mittelunternehmen in Österreich im Schnitt eine zu geringe Eigenkapitalausstattung hätten und weil dann diverse Stundungen aus der Coronazeit, etwa für Finanz- und Sozialabgaben, auslaufen, sagte vor wenigen Tagen der Chef des Instituts für Wirtschaftsforschung (Wifo), Christoph Badelt.“ Oberösterreichische Nachrichten, 18. Juli 2020.
Die Zahlen bestätigen mittlerweile die bereits vor Monaten absehbare Entwicklung. Massenkündigungen und Konkurse stehen im Raum, wie nachfolgend ohne Anspruch auf Vollständigkeit dargelegt:
Kündigungen:
Unternehmen |
Anzahl Mitarbeiter |
Quelle |
Hotel Sacher |
140 |
Kurier 16.09.2020 |
Doka GmbH Amstetten |
bis zu 300 |
Orf.at 17.09.2020 |
ATB Spielberg (Insolvenz) |
300 |
Die Presse 24.08.2020 |
MAN-Steyr (Schließung Standort in 3 Jahren |
2300 |
Standard 16.09.2020 |
Wolford Bregenz |
54 |
|
Luftfahrtzulieferer FACC Ried |
bis zu 700 |
Trend.at 17.09.2020 |
Wasseraufbereiter BWT Mondsee |
60 |
APA0130, 05.09. 2020
|
Kapsch TrafficCom international |
40 |
APA0130 3.09. 2020 |
W&H Dentalwerk Bürmoos |
70 |
APA0336 31.08. 2020
|
Saubermacher Stmk |
38 |
APA0016 12.08 2020 |
Salzburger Aluminium AG |
29 |
APA028 31.07.2020 |
Huber-Holding |
80 |
APA0198 29.06 2020 |
Laudamotion |
370 |
APA0458 Fr, 22.Mai 2020 |
AVL-List GmbH |
220 |
APA0427, 01.Okt 2020 |
Swarovski |
1.000 |
APA0272, 01.Okt 2020 |
voestalpine |
550 |
APA0272, 01.Okt 2020 |
Mahle |
130 |
APA0272, 01.Okt 2020 |
Mayr-Melnhof |
130 |
APA0272, 01.Okt 2020 |
INSOLVENZEN:
Unternehmen |
Anzahl Mitarbeiter |
Quelle |
ATB Spielberg (Insolvenz) |
300 |
Die Presse 24.08.2020 |
Brauerei Grieskirchen |
50 |
APA 0123 17.09.2020 |
Robust Plastics |
120 |
OTS0062, 18.09.2020 |
Von der kürzlich verlautbarten Kündigung der Standortsicherung für Österreich durch MAN-Steyr sind 2.300 Beschäftigte betroffen. Um die geplante Neuausrichtung einzuleiten, sehe sich das Unternehmen gezwungen, die für die Standorte in Deutschland und Österreich geltenden Verträge zum 30. September zu kündigen, teilte MAN in einer Aussendung mit. Die Komplettschließung des Werks in Steyr ist bis Ende 2023 vorgesehen.
Dass diese erschreckenden Zahlen erst die Spitze des Eisberges darstellen, wird offenkundig, wenn beispielsweise die heimischen Gläubigerschutzverbände mit einer Pleitewelle rechnen, die durch die staatlichen Corona-Hilfen mit Verzögerung kommen wird. „Die sogenannte Pleitewelle wird sich ins Jahr 2021 verschieben", so Alexander Klikovits, Insolvenzexperte des Gläubigerschutzverbandes KSV 1870 gegenüber der Wiener Zeitung vom 15. August 2020.
„Auch Gläubigerschützer anderer Verbände sehen diese Entwicklung kritisch. Viele Unternehmen befinden sich in der Krise und hoffen, durch gesetzliche Erleichterungen und Rettungsfonds darüber hinwegzukommen, erläutert Cornelia Wesenauer vom Alpenländischen Kreditorenverband (AKV). Auch die Stundungen der Abgabensteuern für Finanz und Gesundheitskassen wurden bis 15. Jänner verlängert. Diese Stundungen zögern die Forderung weiter hinaus, stellen aber keinen Erlass dar.“ (Wiener Zeitung, 15.08.2020)
Wie drastisch die Situation am Arbeitsmarkt tatsächlich ist, wird deutlich, wenn man sich die erschreckenden Zahlen der Meldungen des Frühwarnsystems des AMS gemäß § 45a AMFG vom September 2020 vor Augen führt:
Verpflichtet zur Meldung von beabsichtigenden Kündigungen gemäß § 45a AMFG sind bei Arbeitgeber-Kündigungen Betriebe in folgenden Fällen:
• Betriebe mit 20 – 100 Beschäftigten: ab 5 Arbeitskräften
• Betriebe mit 100 – 600 Beschäftigten: ab 5 von 100 Arbeitskräften
• Betriebe mit mehr als 600 Beschäftigten: ab 30 Arbeitskräften
• ab 5 Arbeitskräften, die das 50. Lebensjahr vollendet haben. Ausnahme: Saisonbetriebe
Wie nachfolgende Tabelle zeigt, ist die Zahl der beabsichtigten Kündigungen von 11.994 im September 2019 auf 28.481 Personen im September 2020 gestiegen. Das entspricht einer Steigerung um mehr als 137 %! Die Anzahl der Unternehmen, die Kündigungen anmeldeten, erhöhte sich im Vergleichszeitraum von 233 auf 363 und damit um rund 55 %!
Vor dem Hintergrund dieser Fakten ist es geradezu als zynisch zu bezeichnen, wenn ÖVP-Wirtschaftsministerin Schramböck kürzlich Maßnahmen im Bereich der Digitalisierung zum Erhalt von Arbeitsplätzen in Aussicht stellte. Wie „Digitalisierung“ bei den gefährdeten oder schon verlorenen Arbeitsplätzen, wie etwa bei ATB, MAN Steyr, FACC, Doka, Swarovski oder Casinos Austria helfen soll, ist wohl mehr als fraglich.
Natürlich sind aus Sicht der unterfertigten Abgeordneten alle Maßnahmen zu begrüßen, die der österreichischen Wirtschaft und damit den Beschäftigten tatsächlich helfen können und den Unternehmen wieder Hoffnung auf ein Überleben der Wirtschaftskrise geben. Dennoch sind die schlechten Wirtschaftszahlen und das nach wie vor schrumpfende BIP ein „hausgemachtes Problem“ dieser schwarz-grünen Regierung, die seit Monaten einfach zu spät reagiert. Zudem werden seitens ÖVP und Grünen laufend Maßnahmen gesetzt, die es den Unternehmen deutlich erschweren, wieder auf die Beine zu kommen.
Wenn nun auch gerade eine Wirtschaftsministerin für Wien eine Sperrstundenvorverlegung einfordert, dann muss man sich schon fragen, ob sie noch die richtige Person für das Wirtschaftsministerium ist.
Aus Sicht der unterfertigten Abgeordneten hat daher die Bundesregierung unmittelbar und sofort das Heft des Handelns in die Hand zu nehmen und endlich für den Erhalt der heimischen Arbeitsplätze und damit für die heimische Bevölkerung, die Unternehmen, Betriebe und Beschäftigten dieses Landes Politik zu machen.
In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten daher nachstehenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, im Interesse der österreichischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dringend Maßnahmen einzuleiten und effektive Schritte zu setzen, die geeignet sind, Massenkündigungen zu verhindern und Arbeitsplätze zu erhalten, und damit endlich für die heimische Bevölkerung, die Unternehmen, Betriebe und Beschäftigten dieses Landes Politik zu machen.“
*****
Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist eingebracht und steht mit in Verhandlung.
Nächster Redner: Herr Abgeordneter Wolfgang Gerstl. – Bitte.