12.14

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Vielen Dank für den Außen- und Europapolitischen Bericht über das Jahr 2019. Wir Freiheitliche haben in der Vergangenheit immer darauf gedrängt, dass die Berichtslegung schneller geht – die Zeitspanne war diesmal durchaus gut. Vielen Dank für den umfangreichen Bericht!

Kollegin Rendi-Wagner hat es gerade angesprochen: Dieser Bericht bietet auch Gele­genheit, Grundsätzliches zum Thema Außenpolitik zu besprechen und zu diskutieren, und das möchte ich hiermit auch tun. Kollegin Rendi-Wagner und ich haben diesbezüg­lich unsere Reden vorher nicht abgesprochen, sie hat auch den Begriff des Multilateralis­mus erwähnt und mehr Multilateralismus gefordert, hat also den diesbezüglichen Stand­punkt der SPÖ dargelegt. Ich darf feststellen, dass der Standpunkt der Freiheitlichen Partei da ein völlig anderer, ein gegensätzlicher ist. Multilateralismus ist jetzt so das Mo­dewort der letzten Monate geworden.

Ich versuche, auch hierbei einen Konnex zum Umgang mit der Coronapandemie inso­weit herzustellen, als dass man sich durchaus berechtigt die Frage stellen kann: Wem nützt diese Pandemie oder der Umgang mit der Pandemie?

Es ist unbestritten, es nützt derzeit – das zeigen auch alle Umfragewerte – den Regie­renden, egal, in welchem Land, egal, ob Linksregierung, Rechtsregierung et cetera. Und meine Hypothese ist auch, dass die Coronapandemie jetzt weltweit genutzt wird, um supranationale Organisationen, multilaterale Prozesse und Organisationen, die eigent­lich schon ein trauriges Dasein im Sinne eines Scheiterns gefristet haben, wieder zu neuem Leben zu erwecken.

Guterres ist erwähnt worden. Der UNO-Generalsekretär sagte in seiner Rede: „Multilat­eralism after COVID-19: What kind of UN do we need at the 75th anniversary?“ Wenn man sich diese Rede durchschaut, so ist die Kurzversion folgende: Wir brauchen eine stärkere UNO, wir brauchen insbesondere mehr Macht für die UNO, wir brauchen mehr Geld, mehr Kompetenzen für die UNO. Das sind die Forderungen. – Das lehnen wir ab. Wir Freiheitliche wollen das nicht. (Beifall bei der FPÖ.)

Die wichtigen Player sollen sein: NGOs, Stiftungen, die sogenannte Zivilgesellschaft – was auch immer das ist –, nicht die Staaten. Die Nationalstaaten kommen in den Gedan­kengängen und Plänen des Herrn Guterres de facto überhaupt nicht mehr vor. – Das wollen wir nicht. Wir sind der Meinung, dass die wichtigsten Player international nach wie vor die Nationalstaaten mit ihren gewählten Parlamenten und Regierungen sein müssen und im internationalen Verkehr sozusagen die Interessen der Bevölkerung, der Nationalstaaten, konkret der österreichischen Bevölkerung, der Menschen Österreichs, aber auch der Wirtschaft international zu vertreten haben.

Eine zweite multilaterale, supranationale Organisation ist selbstverständlich die Europäi­sche Union. Auch da hat die Freiheitliche Partei ein Alleinstellungsmerkmal insoweit, als dass wir diesbezüglich einen anderen Zugang haben als alle anderen Parteien, die sa­gen: Die Kompetenzen, das Geld, die Macht der Europäischen Union müssen noch ge­steigert, noch erhöht werden, nur die Europäische Union ist in der Lage, die Probleme in Europa zu lösen.

Wir haben in den letzten Monaten und Jahren gesehen, dass die Europäische Union absolut nicht in der Lage ist, die Probleme in Europa zu lösen, und alle Tendenzen in Richtung eines europäischen Zentralstaats lehnen wir Freiheitliche ab. Das hieße näm­lich: Abschaffung der Nationalstaaten und damit auch de facto Abschaffung der Republik Österreich. Das wollen wir nicht! (Beifall bei der FPÖ.)

Wir wollen es auch deshalb nicht, weil das weitreichende Entscheidungen sind. Da ist auch Außenpolitik insoweit Innenpolitik, als dass Entscheidungen auf solchen suprana­tionalen Ebenen unmittelbare Auswirkungen etwa auf das Gasthaus in Kärnten, auf die einzelnen Menschen haben. Das ist uns zu weit weg vom Menschen, das ist uns zu weit weg von den Bürgern, denn die eine Seite sind die Macht, das Geld, die Kompetenzen und die andere Seite ist die entsprechende Verantwortung. Wo ist die Verantwortung? – Sie ist nicht greifbar. Die Verantwortung sollte nahe beim Bürger liegen, also bei den Landesregierungen, der Bundesregierung, dem Parlament in Österreich.

Die EU hat in der Migrationspolitik völlig versagt; wir werden in weiterer Folge noch zu diesem Thema sprechen können. Sie hat völlig versagt, sie hat Recht ausgesetzt: Dub­lin II ist das Papier nicht wert, das wird einfach nicht eingehalten. Die Maastrichtkriterien sind das Papier nicht wert. Natürlich hat die EU damit ein Vertrauensproblem, wenn sie sich nicht an die eigenen Regeln hält.

Die EU hat immer versprochen: Wir sind keine Schuldenunion. Jetzt haben wir 750 Mil­liarden Euro Schulden, die die Kommission aufgenommen hat, und die sparsamen vier haben eines bezweckt, nämlich dass die Schulden nicht 500 Milliarden Euro, sondern 750 Milliarden Euro hoch sind. Wer soll das zahlen? – Unsere Kinder und Kindeskinder.

Das alles sind Entscheidungen, die dort über die Köpfe unserer Bürger hinweg getroffen werden. Das wollen wir nicht – und damit möchte ich schließen beziehungsweise den Konnex zu Corona herstellen –, denn die Frage ist: Cui bono?

Wolfgang Schäuble, jedem bekannt, bezeichnete die Coronakrise am 21. August in der „Neuen Westfälischen“ als große Chance. Ich zitiere: „Der Widerstand gegen Verände­rung wird in der Krise geringer. Wir können die Wirtschafts- und Finanzunion, die wir politisch bisher nicht zustande gebracht haben, jetzt hinbekommen“.

Das ist ein Schäuble-Zitat, das wollen wir nicht. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der FPÖ.)

12.20

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Ewa Ernst-Dziedzic. – Bitte.