20.17

Abgeordneter Christoph Stark (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Frau Minis­terin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger! Ich habe mich zu diesem Tagesordnungspunkt zu Wort gemeldet, weil ich letztens der Sit­zung des Menschenrechtsausschusses beiwohnen durfte und von diesem Thema be­rührt war, von diesem Thema, das eine unfassbare Situation zeigt, die von internationa­len Standards einfach abweicht.

Ich bin dankbar dafür, dass ich heute auch dazu sprechen und diese Debatte abschlie­ßen darf; eine Debatte, die sich einmal nicht um Corona, nicht um das Budget und nicht um Parteipolitik dreht. Das tut irgendwie gut, auch wenn das Thema ein sehr, sehr sen­sibles und ein sehr, sehr bedrückendes ist.

Zum Kollegen Stefan: Ich glaube, Herr Kollege, wir sind es nicht, die sich irgendwo einzu­mischen haben, das geht für mich schon mit unserer Neutralität nicht ganz zusammen. Wenn man sich aber internationale Standards vor Augen führt, dann muss es erlaubt sein und es muss auch unserer Rolle entsprechen, dass wir einen Dialog führen und dass wir unsere Ministerin beauftragen, diesen Dialog auf internationaler und europäi­scher Ebene zu führen.

Ich bin weit davon entfernt, mit dem Finger auf jemanden zu zeigen und zu sagen: Du machst es falsch! Wir müssen uns bewusst sein – und darin gebe ich Ihnen recht –, dass andere Länder und andere Kulturen andere gesellschaftliche Entwicklungen haben. Es gibt aber internationale Standards, die als vereinbart gelten, und über diese Standards muss man diskutieren dürfen.

Wenn Österreich diesbezüglich eine klare Haltung einnimmt, dann, glaube ich, ist das nur recht und billig, und darum bitte ich auch die FPÖ, diesem Antrag, der diese Auffor­derung mit sich bringt, zuzustimmen.

Zum Zweiten bitte ich die Kollegen und Kolleginnen von SPÖ und NEOS, hier keine Vermischung zu betreiben: Ohne das Thema Moria zu verniedlichen muss man dabei festhalten, dass es um zwei völlig getrennte Themenbereiche geht.

Zum einen: In Moria gibt es Kinder, die zum Teil allein, zum Teil mit ihren Eltern auf der Flucht sind und auf ein Asylverfahren warten; sie sind in einem anderen rechtlichen Kon­text. Wir wissen – das wurde zur Genüge ausdiskutiert –, dass es, wenn wir oder ein anderes Land 100 Kinder aus Moria holen – auch wenn die in Moria das vielleicht gar nicht wollen –, einen Pulleffekt nach sich zieht, den wir nicht wollen und den Europa nicht will.

Das ist eine unzulässige Vermischung von zwei Themenbereichen, denn im anderen Bereich geht es darum, dass Staaten, dass Rechtssysteme es billigen, dass Kinder hin­ter Gittern sitzen. Ich bitte Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen: Stellen Sie sich einfach Ihr Kind oder Ihr Enkelkind vor, das vielleicht fünf, sieben oder zehn Jahre alt ist, in behüteter Umgebung aufwachsen darf – und dann sitzt dieses Kind in einer Zelle und hat keine Perspektive, gar keine Perspektive!

Darüber, meine Damen und Herren, muss und darf gesprochen werden, und ich unter­streiche deshalb den Antrag, dass wir unsere Frau Ministerin beauftragen, dies auf inter­nationaler Ebene zu thematisieren und darüber zu sprechen, um langfristig gesehen eine Meinungsänderung herbeizuführen, um einem zu dienen: dass Kinder Kind sein dürfen – nicht mehr und nicht weniger. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

20.21