10.48

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich meine, die Sozialdemokratie hat nicht nur hier im Parlament bewiesen, dass sie Verantwortung übernimmt, dass sie auch Vorschläge macht und hier gemein­same Beschlüsse mitträgt, um diese Krise zu bewältigen. Wir stehen auch nicht für Verunsicherung – wenn Sie der Meinung sind, es wird vonseiten der Politik zu viel verunsichert, dann sollten Sie vielleicht mit Kanzler Kurz und mit Innenminister Nehammer reden, die sind nämlich bekannt dafür, dass sie verunsichern! (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

Wir haben bereits letzte Woche klar dargelegt, was ein Budget in der Krise können muss, um aus dieser Krise herauszukommen. Wir haben gesagt, erstens müssen die kleinen Einkommen gesichert werden, denn da geht es um die private Nachfrage und das Verhindern der Ausbreitung von Armut. Zweitens müssen Investitionen gesichert werden. Die dritte Säule ist, Betriebe und Arbeitsplätze zu retten. Wenn man sich jetzt aber ansieht, was der Finanzminister vorgelegt hat, dann muss man sagen: glattes Nicht genügend!

Kleine Einkommen sichern? – Keine einzige neue Maßnahme. Wir haben klar eine Reihe von Maßnahmen beschrieben, die man setzen kann und setzen sollte, zum Beispiel das Arbeitslosengeld auf 70 Prozent zu erhöhen. (Abg. Haubner: Das sind halt verschie­dene Zugänge!)

Es ist so, dass jeder, der arbeitslos wird, fast nur noch die Hälfte seines Einkommens bekommt, das heißt, er muss von heute auf morgen mit dem halben Einkommen aus­kommen. (Zwischenruf des Abg. Hörl.) – Sie können eh zwischenrufen, aber es wäre besser, Sie würden einmal selber probieren, von heute auf morgen mit dem halben Einkommen auszukommen! (Beifall bei der SPÖ.)

Ein weiterer Vorschlag, den wir gemacht haben, betrifft die Lehrlingsausbildung. Sie haben die Lehrlingsentschädigung für Lehrlinge in der überbetrieblichen Lehrlingsaus­bildung halbiert. Da haben wir gesagt: Nehmen wir diese Kürzung zurück! – Das wollen Sie auch nicht machen, davon sehe ich nichts im Budget. Kleine Einkommen werden in diesem Budget nicht gesichert. Das passiert nicht, und das ist schlecht, vor allem für die Menschen, die davon betroffen sind. (Abg. Hanger: Die Einkommen steigen!)

Der zweite Punkt betrifft Investitionen. Wir wissen alle: Der größte Investor sind die Gemeinden, sie investieren jedes Jahr circa 3 Milliarden Euro. Wir wissen, dass diese Investitionen ganz, ganz wichtig für die Wirtschaft sind, für die regionale Wirtschaft, für die Betriebe und für die Sicherung von Arbeitsplätzen.

Wir wissen außerdem: Die Länder und Gemeinden verlieren automatisch 3 Milliarden Euro durch geringere Steuereinnahmen. Wie viel stellen Sie in dieses Budget ein? – 600 Millionen Euro, um diese Investitionen zu sichern. Das wird nicht reichen, das wissen Sie selber auch: Dieses Budget sichert nicht die Fähigkeit von Gemeinden, zu investieren. Im Gegenteil, es wird dazu führen, dass Gemeinden wesentlich weniger investieren, das kostet vor allem die regionale Wirtschaft Arbeitsplätze, und das ist Gift in dieser Krise. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Das stimmt aber nicht!)

Es gibt Sachen, die sind nicht gleich ein Nicht genügend, sondern ein Vierer oder ein Dreier, sogar einen Zweier haben wir bei den Investitionen gefunden: was die ÖBB betrifft. – Ja, das ist erledigt, das Budget wird aufgestockt, in etwa um so viel, wie man es in dieser Situation aufstocken muss, gemessen an dem, was die ÖBB leisten können.

Beim Klimaschutz würde ich sagen, es ist eine Viertelmilliarde, die jetzt zusätzlich dazukommt. Das ist keine Klimaschutzmilliarde jedes Jahr, sondern das ist eine Klimaschutzmilliarde aufgeteilt auf 4 Jahre, aber es ist zumindest ein Schritt in die richtige Richtung. (Zwischenruf des Abg. Jakob Schwarz.)

Was den öffentlichen Nahverkehr betrifft, ist es auch circa ein Viertel dessen, was wir bräuchten. Insofern ist die Analyse, dass Ministerin Gewessler irgendetwas erreicht hat, richtig; aber das löst noch nicht unser Problem.

Im dritten Bereich, Betriebe und Arbeitsplätze retten, passiert gar nichts. Wir steuern auf eine Pleitewelle zu, es gibt keine Instrumente, wie Unternehmen gerettet werden sollen. Es gibt in Österreich gute Erfahrungen damit in den Achtziger- und Neunzigerjahren, als es mit der GBI ein Instrument gegeben hat. Die Deutschen haben einen Fonds aufgestellt, um ins Eigenkapital zu gehen, um kleine und mittlere Unternehmen und auch große Unternehmen zu retten. Da macht diese Regierung gar nichts, und das ist der schwere Fehler.

Lassen Sie mich noch drei Anmerkungen machen. Erstens: Die Basis dieses ganzen Budgets, nämlich die Annahme, wie sich die Wirtschaft in den nächsten Jahren ent­wickelt, ist besonders spannend. Die Annahme ist nämlich quasi so: Bis 31. Dezember ist der Virus da und ab 1. Jänner ist er weg und es gibt keine gesundheitlichen Einschränkungen mehr und keine Einschränkungen mehr für die Wirtschaft. Ich würde mich freuen, wenn es so wäre – allein, mir fehlt der Glaube.

Die zweite Annahme ist, dass es keine Reisebeschränkungen gibt, und zwar dass es bereits heuer zum Beginn der Wintertourismussaison keine Reisebeschränkungen gibt. Ich würde mich eh freuen, wenn es so wäre – allein, mir fehlt der Glaube. Insofern: wenn ich schon die Basis, auf der das Budget berechnet ist, nicht glauben kann, dann glaube ich auch Ihren Zahlen nicht und dem Budget nicht. Dieses Budget wird nicht halten.

Die letzte Bemerkung ist mir ganz besonders wichtig. Sie haben gestern hier Hayek zitiert, und ganz ehrlich, das, was bei mir angekommen ist – und das sieht man an der Politik, die Sie machen –, ist: Verluste zahlen wir alle gemeinsam, die Allgemeinheit; die Gewinne sollen wieder privat sein. Das schönste Beispiel dafür ist: Wir haben am Anfang gesagt, wenn ein Betrieb Hilfe will, weil er die Löhne nicht bezahlen kann, weil er die Steuern nicht bezahlen kann, dann soll er auch keine Dividenden ausschütten, dann soll es keine Managerboni geben. Was haben Sie gemacht? – Sie haben gesagt, nein, die Dividenden dürfen ausgeschüttet werden, ja, die Managerboni auch dort, wo wir Hun­derte Millionen reinpumpen, wie bei der AUA, die sind berechtigt, die dürfen aus­geschüttet werden. Jetzt passiert Folgendes: Die Gewinne, die sie im 19er-Jahr gemacht haben, wo sie die Boni auszahlen dürfen, die Dividenden ausschütten dürfen, die Steuer, die sie damals bezahlt haben, die bekommen sie jetzt zurück. Das ist das beste Beispiel für Ihre Politik, nämlich: Verluste soll die Allgemeinheit tragen und die Gewinne bekom­men wenige Reiche, Private oder Manager. Das lehnen wir zutiefst ab. (Beifall bei der SPÖ.)

10.54

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Belakowitsch ist zu Wort gemel­det. – Bitte.