11.51

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Auf das Zitat eines Paters muss meiner Meinung nach ein Zitat Johanna Dohnals folgen: „Aus taktischen Gründen leise zu treten, hat sich noch immer als Fehler erwiesen.“ Ich wandle es ein bisschen ab und zitiere die Arbeiterkammerpräsidentin Renate Anderl, die dieser Tage einmal gesagt hat: In Coronazeiten leisetreten, wird sich für die Frauen viel­leicht als Fehler erweisen. Genau das Gegenteil müssen wir tun!

Ich möchte an dieser Stelle – weil es heute noch niemand getan hat, auch Sie nicht in Ihrer gestrigen Rede – einmal allen Frauen in diesem Land, die seit Monaten die Gesell­schaft und das Land am Laufen halten, Danke sagen. Ein großes Dankeschön all jenen, die sehr oft schlecht entlohnt, doppelt und dreifach belastet, unser Land am Laufen halten. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP, Grünen und NEOS.)

Über Frauen reden auch viele Expertinnen seit Monaten, wenn nicht seit Jahren. Es sind Pädagoginnen, es sind Wissenschaftlerinnen verschiedener Richtungen, es sind teilweise natürlich Arbeitsrechtsexpertinnen, es sind Gewaltschutzexpertinnen. Wenn man in diesem Land Befragungen durchführt, sagen aber auch Arbeiterinnen und Ange­stellte, was sie brauchen und was in Zukunft passieren sollte. Und um auch einen Mann zu zitieren, möchte ich den Wifo-Chef heranziehen, der gestern gesagt hat: Na ja, die Wirtschaftspolitik in dem Land besteht ja nicht nur aus Corona. Auf andere drängende Fragen gibt es keine wirklichen Antworten in diesem Budget, es gibt keine Antworten zu einer wirklichen Pflegereform, keine Antworten zu einer wirklichen Ökologisierung, die wir bräuchten. Vielleicht hat die Energie gefehlt, sagt Christoph Badelt, vielleicht war die politische Einigkeit nicht vorhanden. Ebenso ist eine geplante Steuerreform nicht im Budget enthalten, und auch der Finanzausgleich ist offen.

So, und wo sind jetzt die Frauenschwerpunkte, die sich eigentlich wie ein roter Faden durch dieses Budget ziehen müssten? Wo sind diese Frauenschwerpunkte, Herr Bun­des­minister? Sie haben die Frauen gestern in Ihrer 25-seitigen Budgetrede – mit vielen leeren Seiten übrigens – nicht einmal erwähnt. Ich sage Ihnen, Frauen aus den ver­schiedenen wissenschaftlichen Richtungen, Zusammenschlüsse von Frauenverbänden haben Vorschläge gemacht. Wir brauchen beispielsweise längst ein Halbe-halbe-Kon­junk­turpaket. Es kann nicht sein, dass wir nur einseitig in Kurzarbeit, in Unternehmen investieren – das ist wichtig und richtig, keine Frage –, sondern auch in die Pflege, in das Gesundheitssystem und in die Bildung. Meine Kollegin Hammerschmid wird danach noch einiges dazu zu sagen haben.

Wir müssen dieses Halbe-halbe-Konjunkturpaket endlich durch die Geschlechterbrille betrachten, denn die Arbeitslosigkeit, eines der Hauptprobleme dieser Coronakrise, trifft zusehends mehr Frauen. Immer mehr Frauen werden arbeitslos und immer mehr Frauen schlittern dadurch auch in die Armut.

Das sind Maßnahmen, die Sie nicht umgesetzt haben, die wir aber vorgeschlagen haben: Sie brauchen ein höheres Arbeitslosengeld, sie brauchen bessere Unterstüt­zung. Weil zum Beispiel der Unterhalt nicht fließt, wenn Männer arbeitslos geworden sind, braucht es ein Unterhaltsvorschussgesetz. Ich höre und lese das nirgends bezüg­lich der Millionen, die zum Beispiel auch für die Justiz zur Verfügung gestellt werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Nicht nur der Österreichische Frauenring, sehr geehrte Damen und Herren, hat viele, viele Vorschläge gemacht, nein, in dem Fall auch die SozialpartnerInnen. Ich will dieses Papier (ein Schriftstück in die Höhe haltend) als Beispiel dafür herzeigen – und will es auch mit Ihnen diskutieren –, dass es möglich ist, dass die Wirtschaftskammer, gemein­sam mit der Industriellenvereinigung, gemeinsam mit der Landwirtschaftskammer, gemeinsam mit Arbeiterkammer und ÖGB ein Manifest erstellen, das für die Verein­barkeit von Beruf und Familie, für junge Eltern, vor allem für die Frauen, die jetzt durch diese Coronakrise daheimstecken und nicht raus können, dringend notwendig ist. Es ist dringend notwendig – und das sagen alle, über alle Grenzen hinweg –, dass man einen Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz hat, dass wir ganztägige Schulen haben, dass wir auch eine bessere Ausbildung der Pädagoginnen und Pädagogen haben, dass wir frühzeitig die Kinder mit Mathematik und den anderen Naturwis­sen­schaften konfrontieren, dass es eine Ausbildungsoffensive im Allgemeinen gibt. Und es muss endlich einen bundesweit einheitlich Rahmen geben, wann ein Kindergarten auf­sperrt, wann er zusperrt, wie viele Tage er im Sommer geschlossen hat, denn wenn das nicht der Fall ist, können Frauen nie einen Vollzeitjob antreten.

Bitte diskutieren Sie doch mit uns diese Einigung der Sozialpartner, damit hier etwas weitergeht! Auch dazu findet sich nichts im Budget, keine Kindergartenmilliarde, keine 2 Milliarden Euro für die Pflegereform, die dringend notwendig wäre, denn wir sind nach wie vor der Meinung, Pflege muss staatlich geregelt sein und darf die Menschen in diesem Land nichts kosten. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

So gäbe es noch viele, viele Beispiele, die von gescheiten Frauen zur Verfügung stehen, auch Ihnen zur Verfügung stehen, Herr Minister. Sie bräuchten nur Umsetzungsschritte zu setzen.

Ganz zum Schluss noch eine Friedrich-August-Hayek-Gruselgeschichte. Ich kann gar nicht verstehen, Herr Finanzminister, dass Sie gestern im Zuge Ihrer Rede gesagt haben: Keynes, na ja, kurzfristig, aber langfristig hat natürlich Hayek recht. – Sie wissen aber schon, dass das ein Antidemokrat war, der das Augusto-Pinochet-Regime unter­stützt hat, unter dem Menschen verschleppt und gefoltert wurden und Arbeitneh­merIn­nenrechte mit Füßen getreten wurden, dem eigentlich der Wirtschaftsnobelpreis ab­erkannt werden müsste? Den loben Sie? – Wer das tut, muss sich schämen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf des Abg. Deimek.)

11.58

Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Reinhard Eugen Bösch ist der nächste Redner. – Bitte.