9.42

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­kanzler! Herr Vizekanzler! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Werte Abgeord­nete! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Österreich befindet sich in Staatstrauer. Am Montagabend mussten wir in der Wiener Innenstadt einen brutalen islamistischen Terrorakt miterleben. Vier Menschen kamen dabei ums Leben, mehr als 20 weitere Personen wurden dabei verletzt; einige davon befinden sich noch im Spital. Unsere Gedanken sind bei den Todesopfern und deren Angehörigen sowie bei den Verletzten, denen wir eine rasche Genesung wünschen.

Viele Menschen wurden auch Augenzeugen dieser verabscheuungswürdigen Tat. Es war ein noch lauer Abend, der letzte vor dem Lockdown, viele waren noch essen oder mit Freunden unterwegs. Eine Frau, eine Mitarbeiterin, die beruflich auch im Umfeld des Parlaments tätig ist, hat mir persönlich erzählt, dass sie sich zu diesem Zeitpunkt in einem Lokal befunden hat und dann für mehrere Stunden dort auch am Boden gelegen ist. Andere wiederum sahen dieser Tat von ihren Wohnungen aus zu, mussten die Schusswechsel miterleben oder sahen auch, wie Menschen niedergeschossen wurden. Auch diesen Menschen gilt unser Mitgefühl, die diese Stunden und diese Bilder auch erst noch verarbeiten müssen.

Unser besonderer Dank aber und unser Respekt gilt insbesondere den Exekutiv- und Sicherheitskräften sowie der Zivilbevölkerung. Dieser Einsatz war beispielgebend, meine Damen und Herren, die Zusammenarbeit zwischen den Einheiten – Polizei, Ret­tungs­kräften, Bundesheer, Sondereinheiten und Zivilgesellschaft – hat perfekt funktio­niert. Innerhalb von 9 Minuten konnte der Attentäter ausgeschaltet werden. Wir wissen leider aus anderen Städten, dass das länger dauern kann, dass das auch eine halbe Stunde, eine Dreiviertelstunde dauern kann. Wir sind keine Insel der Seligen hier in Österreich, solche Anschläge finden leider europaweit und auch weltweit immer wieder statt, aber, Herr Bundesminister für Inneres, es ist mir ein besonderes Anliegen, dass Sie diesen Dank auch an die Polizistinnen und Polizisten, an die Einsatzkräfte, an die Sonder­ein­heiten weitergeben. – Dank dieser Menschen dürfen wir in einem sicheren Land leben! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Was zeigt dieser Terrorangriff auf, welche Schlüsse ziehen wir daraus? – Wir leben im Vergleich mit der Bevölkerungszahl mit der höchsten Kopfzahl an IS-Gefährdern. Ich habe es schon erwähnt, wir sind in Österreich keine Insel der Seligen. Leider ist jetzt auch in unserem Land ein derartiger Terroranschlag passiert. Wir müssen jeglicher Art von Extremismus den Boden entziehen. Wir müssen wachsam sein und entschieden auch gegen den politischen Islam auftreten.

Wehret den Anfängen! – Wir dürfen nicht wegschauen, sondern wir müssen hinschauen, wenn in unseren Kirchen Beichtstühle eingetreten werden. Das ist unsere Aufgabe. Diese Netzwerke und diese Hintermänner müssen ausgehoben werden. Deshalb be­grüße ich auch die Einsetzung einer unabhängigen Untersuchungskommission, um alle Vorgänge, die mit dem Attentäter zusammenhängen, zu untersuchen und restlos aufzu­klären, weil da möglicherweise auch Fehler in der Kommunikation passiert sind. Es ist wichtig, dass eine lückenlose Aufklärung in diesem Bereich geschieht, weil wir diese Netzwerke und diese Hintermänner ausheben müssen.

Wir müssen alles in unserer Macht Stehende tun, damit es gar nicht so weit kommen kann. Wir müssen der Polizei und der Justiz die effektiven Mittel in die Hand geben, um diesem Extremismus auch entschieden entgegentreten zu können. Wenn man sich die Lebensumstände dieses Attentäters näher ansieht, dann kann man nur sagen, dass es sich bei ihm auch um einen abnormen Rechtsbrecher handelt, der durch Belügen und Täuschung alle Deradikalisierungsmaßnahmen und -programme mehr oder weniger überwunden hat. Solche Menschen, meine Damen und Herren, sind krank. Das ist wie eine Sucht, eine Sucht, die man jahrelang aufbaut, um letzten Endes dann Menschen zu töten. Dieser Krankheit müssen wir entschieden entgegentreten. Das ist unsere Auf­gabe auch in der Politik! (Beifall bei ÖVP und Grünen.) Solange diese Extremisten unser gesellschaftliches Leben nicht in vollem Umfang akzeptieren, muss man sich rasch überlegen, wie man mit solchen Gefährdern umgeht. (Zwischenruf des Abg. Hafenecker.)

Ein weiterer Punkt ist die Neuaufstellung des BVT, des Bundesamts für Verfassungs­schutz und Terrorismusbekämpfung. Es geht um Überwachung und rasches Eingreifen, und diese für uns gerade auch in diesem Zusammenhang so wichtige Institution wurde in den letzten Jahren stark in Mitleidenschaft gezogen. Es wurde dort negative Energie versprüht, auch gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, und es ist unsere Aufgabe, dass wir dieses Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismus­bekämp­fung wieder zu einer starken, schlagkräftigen Einheit machen, die wir in unserer Republik äußerst notwendig brauchen. Es ist jetzt nicht die Zeit für Schuldzuweisungen oder dafür, Sündenböcke zu suchen (Abg. Meinl-Reisinger: Dann hören Sie auf damit! – Zwischen­rufe bei der FPÖ), sondern es geht darum, dass diese Einrichtung rasch wieder gestärkt wird, um jegliche Art von Extremismus bekämpfen zu können. (Beifall bei ÖVP und Grü­nen. – Abg. Schnedlitz: Das müssen Sie dem Nehammer sagen! – Abg. Hafenecker: Das liegt in eurer Verantwortung!)

Meine Damen und Herren! Wir werden es nicht zulassen, dass Hass und Terror unsere Gesellschaft spalten. Wir sind eine wehrhafte, eine liberale und eine starke Demokratie und werden diese mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln auch verteidigen. Wir werden alles tun, um jeglicher Art von Extremismus entschieden entgegenzutreten, und wir müssen geschlossen und geeint gegen den Terrorismus und die Attentäter vorgehen. Österreich ist durch Zusammenhalt und durch eine starke Solidarisierung in der Gesellschaft groß geworden – das gilt es besonders in dieser Situation jetzt auch zu zeigen! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

9.49

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Klubobfrau Rendi-Wagner. – Bitte.