8.39

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte nur noch einmal auf das hinweisen, was Klubobfraustellvertreter Leichtfried gesagt hat. Ich habe hier den Ausschussbericht, über den wir abstimmen sollen, und da steht der Satz drinnen: „[...] Das Bundesfinanzrahmengesetz 2021 bis 2024 [...] tritt nicht in Kraft.“ – Das ist von den Regierungsparteien am Dienstag im Bud­getausschuss vorsichtshalber für den Fall, dass der Bundespräsident das Gesetz, das am Donnerstag hier fälschlicherweise beschlossen wurde, unterschreibt, beschlossen worden.

Er hat aber am Dienstag schriftlich mitgeteilt, dass er es natürlich nicht unterschreibt, weil es eben nicht verfassungsgemäß zustande gekommen ist.

Wir haben das Problem, dass es, wenn wir das heute so beschließen, ein einziges Bun­desfinanzrahmengesetz 2021 bis 2024 gibt, und das ist das, was wir beschließen sollen und in dem drinsteht, dass es nicht gilt. Das ist relativ einfach zu reparieren: § 5 Abs. 3 ersatzlos streichen, und wir haben hier keine Probleme.

Ich würde die Regierungsparteien wirklich ersuchen, das noch zu tun, weil wir sonst ein Gesetz beschließen, in dem drinsteht, dass das Gesetz, das wir gerade beschließen, nicht gilt. Das ergibt keinen Sinn. Irgendwelche Diskussionen von Juristen, die dann er­klären: Ja eh, aber in der mündlichen Debatte im Ausschuss ist dieses und jenes gesagt worden!, verwirren alle. – Klarheit, Satz streichen, die Sache ist erledigt. (Beifall bei SPÖ und NEOS sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Zum Inhalt: Wir lehnen das Bundesfinanzrahmengesetz ab. Wir haben das ausführlich diskutiert. Ich kann nur mit drei Beispielen noch einmal zusammenfassen, wieso.

Erstens: Wir sind mitten in der größten Pandemie seit mehr als 100 Jahren, und das Budget, das der Finanzminister vorgelegt hat, kürzt den Bundesbeitrag zur Finanzierung der Spitäler, und zwar für jedes Jahr – 2021, 2022, 2023, 2024 – um mehrere 100 Millio­nen Euro. (Zwischenruf bei den Grünen.) Das kann ja niemandes Ernst sein. Das allein ist schon Grund genug – das, was hier passiert, ist ja wie ein Schildbürgerstreich –, das abzulehnen.

Zweiter Grund, den ich jetzt nur beispielhaft anführen möchte: Wir wissen, die Gemein­den verlieren allein 2021 circa 2,5 Milliarden Euro an Einnahmen. Das heißt, sie haben 2,5 Milliarden Euro weniger für Investitionen, für Kindergärten, für Schulerhaltung – für diese wichtigen Aufgaben, die Gemeinden haben. Die Bundesregierung ersetzt ihnen nur 1 Milliarde Euro. Das heißt, 1,5 Milliarden Euro fehlen den Gemeinden, damit sie ihre Arbeit machen können. Ganz ehrlich: Wenn wir zig Milliarden verwenden, um Betriebe zu retten, verstehe ich nicht, wieso wir nicht diese 1,5 Milliarden Euro aufbringen sollen und müssen, um die Gemeinden zu retten – das ist im Budget nicht drin. (Beifall bei der SPÖ.)

Als drittes Beispiel bringe ich das Arbeitslosengeld. Wir wissen, dass Hunderttausende Menschen völlig unverschuldet – arbeitslos ist man in der Regel immer unverschuldet, aber jetzt in der Krise gibt es keinen, der das bestreiten kann – von heute auf morgen circa auf ihr halbes Einkommen verzichten müssen. Wir haben deshalb vorgeschlagen, dass sie nicht von 100 auf 50 oder 55 Prozent fallen, sondern von 100 auf 70 Prozent, dass sie also zumindest 70 Prozent ihres Einkommens haben. Nicht vergessen: Die Mie­te, der tägliche Einkauf, der Bedarf der Kinder werden nicht günstiger, sondern die Miete ist noch immer voll zu zahlen, obwohl das Einkommen halbiert ist. Das lehnen die Re­gierungsparteien unverständlicherweise ab. Das ist ein weiterer Grund, weshalb wir dem nicht zustimmen.

Es ist auch Folgendes passiert: Am Dienstag, während Budget- und Finanzausschuss getagt haben, haben wir über derstandard.at erfahren, dass die Regierung offensichtlich plant, einen Rahmenvertrag über 30 Millionen Euro für Eigen-PR für die nächsten Jahre auszumachen. Später hat sich herausgestellt, sie möchte auch noch 180 Millionen Euro für Inserate ausgeben. Ganz ehrlich: Es fehlt hinten und vorne an Geld. Lassen Sie mich nur drei Beispiele bringen, was man mit diesem Geld alles machen könnte.

Es sind gerade die 16 Tage gegen Gewalt an Frauen. Wissen Sie, wie viel Geld die Bundesregierung im Jahr ausgibt, um durch Telefonhotlines, durch Beratungsstellen und dergleichen Gewalt an Frauen zu bekämpfen? (Zwischenruf der Abg. Maurer.) – 7 Millio­nen Euro. 7 Millionen Euro gibt es für den Kampf gegen Gewalt an Frauen, auf der an­deren Seite stehen 210 Millionen Euro für Eigenwerbung, für Eigen-PR. (Rufe bei der SPÖ: Skandal!) Das ist völlig unverständlich. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Regierungsparteien haben gerade, vor wenigen Tagen, die Hacklerregelung – also dass jemand, der 47 Jahre gearbeitet hat, 47 Jahre lang einbezahlt hat und 62 Jahre alt ist, abschlagsfrei in Pension gehen kann – abgeschafft. Die Kosten für ein Jahr Hackler­regelung liegen irgendwo bei 30 Millionen, 40 Millionen Euro. Dafür fehlt das Geld, aber für Eigenwerbung, für PR können Sie über 200 Millionen Euro ausgeben. Das geht sich bei uns nicht aus (Beifall bei der SPÖ), und Sie müssen erklären, wie Sie auf die Idee kommen, für Inserate und für Eigenwerbung Hunderte Millionen Euro zu haben, aber für andere Sachen nicht.

Ein drittes und letztes Beispiel muss ich Ihnen bringen, das sind die Laptopklassen. Wir wissen, dass es den Vorschlag gab, alle Schülerinnen und Schüler mit Laptops, mit Tab­lets auszustatten. Das ist bis heute nicht passiert – bis heute nicht! –, obwohl wir sie jetzt sehr dringend bräuchten. Mit dem Geld, das Sie für Eigenwerbung und für PR ausgeben, hätte schon jede Schülerin, jeder Schüler einen eigenen Laptop oder ein eigenes Tablet. Was ist Ihnen wichtiger: die Bildung der Kinder oder die Eigenwerbung, die Eigen-PR? – Es ist an Ihren Zahlen eindeutig ablesbar: Ihnen sind die Eigenwerbung und die Eigen-PR wichtiger als die Bildung der Kinder. Dafür sollten Sie sich eigentlich schämen. (Bei­fall bei der SPÖ.)

Eine besondere Chuzpe will ich Ihnen hier nicht vorenthalten: Während Budget- und Finanzausschuss gelaufen sind, ist das reingekommen, ich habe mir gedacht: Na ja, das wird ja über die Bundesbeschaffungsagentur laufen!, und genau das hat sich auch he­rausgestellt. Welcher Minister ist für die Bundesbeschaffungsagentur zuständig? – Herr Minister Blümel. Wir haben ihn dann gefragt, was da dran ist. Wissen Sie, was die Ant­wort war? – Er hat gesagt: Ich weiß davon nichts, ich werde mir die Medienberichte an­sehen und dann Stellung nehmen. (Abg. Belakowitsch: Oh je! – Zwischenruf bei der SPÖ.)

Es ist absurd, dass der zuständige Minister gegenüber dem Parlament so tut, als ob er nicht wüsste, dass auf seinen Auftrag hin vorbereitet wird, dass über 200 Millionen Euro für PR, Eigenwerbung und Inserate ausgegeben werden. – Bitte, Herr Minister, Sie kön­nen jemand anderem erzählen, dass Sie nicht wissen, was in Ihrem eigenen Haus pas­siert. Wenn das stimmt, dann haben Sie in dieser Funktion nichts verloren. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der FPÖ. – Ruf bei der SPÖ: Er weiß es wirklich nicht!)

8.47

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hanger. – Bitte.