17.04

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich kann gleich das nächste Beispiel bringen, nicht nur für konstruktive Oppositionsarbeit, sondern auch für die Fähigkeit von Regie­rungs­parteien, Oppositionsanträge abzuschreiben.

Wir haben ja gestern spät in der Nacht einen Abänderungsantrag bekommen (einen Antrag in die Höhe haltend) – und siehe da, das ist wortwörtlich vom SPÖ-Antrag abge­schrieben, der fast auf den Tag genau ein Jahr alt ist. Vielen Dank fürs Abschreiben! Wir unterstützen diesen Teil sehr gerne. Da geht es darum, dass für Monatshygieneprodukte nicht mehr der volle Mehrwertsteuersatz zu zahlen ist; wortwörtlich abgeschrieben. Kollegin Plakolm hat gemeint, die Opposition sei nicht konstruktiv. – Mag sein, aber abschreiben kann die Regierung noch alle Tage. Vielen Dank in diesem Punkt! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Zu den wesentlichen Fragen, mit denen wir uns jetzt in dieser Debatte beschäftigen: Die erste Frage ist: Wer bekommt überhaupt diese Covid-19-Hilfe? Kommt diese Hilfe an? Das, was wir ja alle erlebt haben, ist, dass am Anfang, also vor allem im ersten Halbjahr, die Hilfe zu wenig war, zu spät kam oder nicht angekommen ist, und das, was wir jetzt sehen, beim Lockdown zwei, ist, dass mit der vollen Gießkanne überall hingegossen wird und nicht treffsicher agiert wird.

Es ist vollkommen richtig, vor allem Klein- und Mittelbetriebe, Wirte und so weiter zu unterstützen, aber wenn wir erfahren, dass zum Beispiel ein Glücksspiellokal, ein Glücks­spielcafé die unglaubliche Summe von 280 000 Euro nur für den Lockdown zwei bekommt – das ist das Vierzigfache des Jahresgewinns des Vorjahrs! –, dann wissen wir, diese Hilfe ist auf jeden Fall falsch.

Nein, wir wollen Glücksspiel, wir wollen Wetten nicht mit Steuergeld subventionieren. Das wollen wir nicht und das unterstützen wir auch nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Auf der einen Seite wissen wir, dass Herr Graf, der Eigentümer und Gründer von Novomatic, ich glaube, der zweitreichste Österreicher mit circa 6,5 Milliarden Euro Privatvermögen ist. Den müssen wir jetzt aus Steuermitteln mit 2,4 Millionen Euro unterstützen. 2,4 Millionen Euro für jemanden, der eh genug hat! Ganz ehrlich gesagt, das brauchen wir nicht. Das ist nicht treffsicher! Nein, wir wollen hier weder die Novomatic noch Herrn Graf noch die Glücksspielindustrie subventionieren. Das ist nicht der Bereich, bei dem wir sagen, dass dort die Hilfe hingehört und dass die Hilfe richtig ankommt. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Brandstätter.)

Dafür fehlt die Hilfe bei all jenen, die indirekt von der Krise betroffen sind. Das sind zum Beispiel Taxiunternehmen, das sind Veranstalter, die Kulturveranstaltungen ausrichten, das sind natürlich auch viele freie Selbstständige, kleine Veranstalter, Tontechniker, Lichttechniker, Fotografen et cetera – dort, wo die Hilfe überall nicht ankommt, nämlich gar nichts ankommt. Das ist ein Problem: Auf der einen Seite viel zu viel Geld für die Glücksspielindustrie, aber dafür kein Geld für kleine Selbstständige, die es wirklich brauchen.

Die nächste Frage und die entscheidende Frage – und mit dieser Frage werden wir uns noch jahrelang beschäftigen – ist die Frage: Wer bezahlt denn die Kosten? Wer bezahlt denn diese Krise am Ende des Tages? Das, was wir sehen, ist, dass es viele Länder gibt, die zum Beispiel Vermögensteuern, Vermögensabgaben einführen und sagen: Ja, die oberen Zehntausend sollen einen Beitrag von 2, 3, 4, 5 Prozent ihres Vermögens leisten. Das passiert in Argentinien, das wird in Großbritannien überlegt, das wird in Spanien überlegt. Das wird in vielen Ländern überlegt, nur in Österreich sagt die ÖVP, alle sollen einen Beitrag leisten, nur die Milliardäre nicht, nur nicht die Spender der Kurz-ÖVP.

Diese Auseinandersetzung werden wir noch führen, denn ich sage Ihnen eines: Am Ende des Tages werden auch die Milliardäre einen Beitrag zur Finanzierung dieser Krise leisten. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein dritter, ganz wesentlicher Punkt ist: Was sind denn die Bedingungen für die Hilfe? Wenn wir einem Unternehmen helfen, kriegt es das Geld einfach so oder gibt es irgend­welche Bedingungen dafür? Zum Beispiel kann es ja die Bedingungen geben, dass Arbeitsplätze gerettet werden müssen, dass Leute nicht entlassen werden dürfen, dass der Standort garantiert werden muss und dass die Firmen ihre Steuern ordentlich zahlen müssen und auch gezahlt haben müssen.

Jemand, der, sage ich einmal, die ganze Zeit Steueroasen genützt hat, also der seine Beiträge nicht ordentlich in die Gemeinschaftskasse zahlt, dem sollen wir dann, wenn er ein Problem hat, wenn es ihm schlecht geht, aus der Gemeinschaftskasse Geld geben?!

Jetzt schauen wir uns an: Was macht die Regierung? – Das schönste Beispiel ist die AUA-Rettung. Da ist es wichtig, dass die Managerboni gerettet werden, dass die Dividenden gerettet werden. Die Arbeitsplätze sind egal, der Standort ist egal, und ob die ehrlich ihre Steuern zahlen, ist dem Finanzminister auch egal. Im Gegenteil! Er unterschreibt im Vertrag bei deren Rettung, dass Steuern und Abgaben in Zukunft für gewisse Teile bewusst nicht in Österreich gezahlt werden, sondern in Luxemburg, weil es in Luxemburg billiger ist.

Der Finanzminister selber handelt aus, dass im Zuge der Rettung der AUA Abgaben und Steuern nicht mehr in Österreich bezahlt werden. Das muss man sich einmal vorstellen! Dazu sagen wir: Nein, das geht mit uns sicher nicht! Jemand, der Hilfe verdient, soll sie bekommen, aber es gibt auch gewisse Regeln: dass er seine Leute nicht hinauswirft, dass er seine Steuern zahlt und dass der Betrieb nicht ins Ausland verlagert wird. Das sind die Grundbedingungen, die jeder erfüllen muss, und das passiert in der Praxis nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Deswegen darf ich einen Entschließungsantrag einbringen, in dem wir diese Punkte fordern: eine Solidarabgabe für Onlinekonzerne und Millionäre zur Finanzierung der Krise und dass zum Beispiel nicht Glücksspielunternehmen gefördert werden, sondern dass das Geld vernünftig ausgegeben wird.

Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, wenn Sie diesen Entschließungsantrag einbringen, müssen Sie ihn im vollen Text verlesen, sonst gilt er als nicht eingebracht.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (fortsetzend): Das kann ich gerne machen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Solidarabgabe für Millionäre statt Steuer-Millionen für Glücksspielkonzerne und Luxushotels“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine gerechte Krisenbewältigung und -finanzierung sicherzustellen und folgende Punkte zur Umsetzung zu bringen:

1. Die Einführung einer Solidarabgabe für Onlinekonzerne wie Amazon und für Millionäre zur Finanzierung der Kosten der Krise ist sicherzustellen.

2. Die Überförderungen mittels Umsatzersatz etwa bei Luxushotels für nicht verkauften Champagner oder bei Glücksspielunternehmen für Wetteinsätze sind einzustellen. Die dadurch freiwerdenden Budgetmittel sind stattdessen armutsgefährdeten und arbeits­losen Menschen (Erhöhung der Nettoersatzrate um 70%) zur Verfügung zu stellen.

3. Es braucht wirksame Wirtschaftshilfen für Unternehmen, die indirekt hart von den Lockdowns betroffen sind (vom Taxigewerbe bis zu Kultur-Veranstaltern).

4. Die Wirtschaftshilfen sind an ein umfassendes Dividendenverbot (rückwirkend und für die Zukunft) sowie eine umfassende Arbeitsplatzgarantie zu koppeln.

5. Die Kürzungen der Pensionen für alle künftigen Pensionistinnen und Pensionisten sowie die Abschaffung der abschlagsfreien Pension nach 45 Arbeitsjahren sind zurück­zunehmen.“

*****

Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

17.11

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordnete Kai Jan Krainer

Genossinnen und Genossen

Betreffend: Solidarabgabe für Millionäre statt Steuer-Millionen für Glücksspielkonzerne und Luxushotels

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 18

50 Milliarden Euro wurden seitens der Bundesregierung für die Kosten der Corona Krise bisher veranschlagt. Angesichts des Coronakrisenmanagements mit traurigen Spitzen­werten bei Infektions- und Todeszahlen und dem damit verbunden zweiten Lockdown und einem wahrscheinlichen dritten Lockdown im Jänner wird diese Summe wohl weiter steigen.

Während die Wirtschaftshilfen im ersten Lockdown zu gering und zu bürokratisch aus­gefallen sind und dadurch binnen weniger Wochen 200.000 Menschen ihren Job ver­loren haben, zeichnen sich die Hilfen im zweiten Lockdown durch eine besonders geringe Treffsicherheit aus.

Der "Falter" berichtet beispielsweise von enormen Summen die Glücksspielanbietern und Wettcafés durch einen undifferenzierten Umsatzersatz erhalten. Ein Wettbüro bekam für den November/Dezember eine Hilfszahlung von fast 280.000 Euro. Dieser Betrag entspricht dem 40-Fachen (!) des Jahresgewinns aus 2018. Novomatic erhält für seine Admiral-Sportwettenbüros sowie die Glücksspielsalons eine Hilfszahlung von 2,4 Mio. Euro (!). Novomatic Gründer Johann Graf ist mit einem geschätzten Vermögen von rund 6,5 Mrd. Euro der zweitreichste Österreicher hinter Dietrich Mateschitz. Ein Mensch mit 6,5 Mrd. Euro an Vermögen erhält aus dem österreichischen Steuertopf eine För­derung in der Höhe von 2,4 Mio. Euro nur durch den Umsatzersatz im November – die Kurzarbeitsförderung kommt hier noch hinzu.

Gleichzeitig gibt es für viele Unternehmen, die indirekt von den Lockdowns betroffen sind, wenig bis gar keine Hilfen – dazu zählen zum Beispiel Taxiunternehmen oder Veranstalter von Kulturveranstaltungen.

Österreich zählt in Europa zu den Ländern mit den höchsten Steuern auf Arbeit und den niedrigsten auf Vermögen – und wenn es erklärtes Ziel der Regierung ist, zur alten Normalität zurückzukehren, dann ist das für vieles schön und gut, aber sicher nicht für die Steuerfrage. Es kann nämlich nicht so sein, dass die ArbeitnehmerInnen, die mehr als 80% der Steuern und Abgaben zahlen, die Dummen sind und die Corona-Krise finanzieren. Insbesondere dann nicht, wenn die Bundesregierung den Luxushotels Cham­pagnerflaschen, die sie zu Silvester nicht verkaufen können, mit 50% subventioniert. Der Champagner wird nämlich nicht schlecht, er wird einfach im nächsten Jahr verkauft.

Gegen die Rettung von kleinen Gast- und Wirtshäusern ist nichts einzuwenden – ganz im Gegenteil, ihnen muss mehr geholfen werden – aber das Steuergeld zu ver­schwenden für die Überförderung von Luxushotels und Glücksspielunternehmen, kommt einer gigantischen Umverteilung von unten nach oben gleich und ist das Gegenteil von treffsicheren Wirtschaftshilfen.

In Spanien und Argentinien werden Vermögensteuern für Millionäre zur Finanzierung der Krise eingeführt. Der deutsche Finanzminister macht sich für die Einführung einer solchen Vermögenssteuer in Deutschland stark. Aber was passiert in Österreich?

Statt Onlinekonzernen wie Amazon oder Multimillionären wie Johann Graf einen Solidarbeitrag abzuverlangen, kürzt die Regierung die Pensionen für zukünftige Pen­sionistinnen und Pensionisten und streicht die abschlagsfreie Pension nach 45 Arbeits­jahren.

So kann es nicht weitergehen, wir müssen jetzt über eine gerechte Krisenfinanzierung sprechen und dafür die Weichen stellen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine gerechte Krisenbewältigung und -finanzierung sicherzustellen und folgende Punkte zur Umsetzung zu bringen:

1.         Die Einführung einer Solidarabgabe für Onlinekonzerne wie Amazon und für Mil­lio­näre zur Finanzierung der Kosten der Krise ist sicherzustellen.

2.         Die Überförderungen mittels Umsatzersatz etwa bei Luxushotels für nicht ver­kauften Champagner oder bei Glücksspielunternehmen für Wetteinsätze sind einzu­stellen. Die dadurch freiwerdenden Budgetmittel sind stattdessen armutsgefährdeten und arbeits­losen Menschen (Erhöhung der Nettoersatzrate auf 70%) zur Verfügung zu stellen.

3.         Es braucht wirksame Wirtschaftshilfen für Unternehmen, die indirekt hart von den Lockdowns betroffen sind (vom Taxigewerbe bis zu Kultur-Veranstaltern).

4.         Die Wirtschaftshilfen sind an ein umfassendes Dividendenverbot (rückwirkend und für die Zukunft) sowie eine umfassende Arbeitsplatzgarantie zu koppeln.

5.         Die Kürzungen der Pensionen für alle künftigen Pensionistinnen und Pensionisten sowie die Abschaffung der abschlagsfreien Pension nach 45 Arbeitsjahren sind zurückzunehmen.“

*****

Präsidentin Doris Bures: Der Antrag ist jetzt ordnungsgemäß eingebracht, auch aus­reichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter Karlheinz Kopf. – Bitte.