20.05

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Minister! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Wir behandeln jetzt zum dritten Mal das Inves­titionsprämiengesetz – grundsätzlich eine vernünftige Wirtschaftsförderung. Es ist eine gute Sache, dass man Investitionen fördert. Wir haben auch von Anfang an gesagt, dass man das machen kann – es ist auch sinnvoll –, haben aber immer dagegengestimmt, weil die Abwicklung, wie die vieler anderer Hilfspakete auch, nicht über das Finanz­minis­terium, sondern über das AWS läuft.

Was man aber beim Investitionsprämiengesetz sieht und auch sehen muss, ist, dass es funktioniert. Und warum funktioniert es? – Weil es die Unternehmer selbst in der Hand haben. Die Unternehmen, die investieren, sind natürlich die Unternehmen, die gute Um­sätze machen, denen es auch in der Krise gut geht. Viele andere, denen es schlecht geht, denken nicht über das Investieren nach, sondern darüber, wie sie über die Runden kommen. Auf die hat man leider in der Krise ziemlich vergessen, man hat sie alleinge­lassen.

Schauen wir uns die Hilfspakete dieser Bundesregierung insgesamt an: Betreffend Ge­meindefinanzierungen haben wir heute schon das Kommunalinvestitionspaket ange­sprochen. Das Kommunalinvestitionspaket ist leider völlig danebengegangen, es erzielt leider keine Wirkung. 1 Milliarde Euro wurde den Gemeinden fiktiv zur Verfügung ge­stellt, bisher haben sie – laut einer Anfragebeantwortung des Finanzministeriums – 150 Millionen Euro davon abholen können. (Zwischenruf des Abg. Hörl.) Es sind also erst 15 Prozent dieser Milliarde für Investitionen an die Gemeinden geflossen. Diese Investitionen fehlen natürlich in der Wirtschaft. Die Gemeinden sind mittlerweile einfach nicht mehr in der Lage, die Kofinanzierung aufzustellen oder diese 18 Kriterien zu erfüllen, die für Investitionen gelten, für die sie diese Mittel verwenden können. Das ist also ein völlig falscher Ansatz, der völlig wirkungslos ist, in der Wirtschaft nicht ankommt und der Wirtschaft auch kaum helfen wird.

Mit dem Härtefallfonds wurden 2 Milliarden Euro in Aussicht gestellt. 700 bis 800 Mil­lionen Euro wurden bisher ausgezahlt, das sind circa 30 Prozent. Die Erfolgsquote ist also relativ gering, Frau Minister. Betreffend Fixkostenzuschuss gab es lange Diskus­sionen mit der EU, bis man den Fixkostenzuschuss Phase zwei überhaupt wieder auf die Reihe gebracht hat; viele Unternehmer leiden darunter, können keine Anträge stellen.

Mit dem Umsatzersatz hat man gewissen Branchen erstmals schnell geholfen – das stimmt –: Gastronomie und Beherbergungsbetriebe haben schnell 80 Prozent ihres Um­satzes erstattet bekommen. Ihr habt das einfach von den Deutschen abgeschaut. Die Deutschen rudern mittlerweile schon zurück, weil sie sagen, der Ansatz Umsatzersatz war falsch. Man kann ja nicht den Umsatz ersetzen, sondern man muss eigentlich den Gewinn, den Deckungsbeitrag und die Fixkosten ersetzen – das ist gerecht. Die einen kriegen 80 Prozent Umsatz ersetzt, sind damit überfördert, und die anderen kriegen gar nichts.

Es gibt leider viele, die übrig bleiben und gar nichts bekommen, Frau Minister. Sie wissen das, Sie sind von einer Betroffenen direkt kontaktiert worden, haben ihr dann auch zurückgeschrieben, dass sie das Thema im nächsten Wirtschaftsausschuss behandeln werden. Es geht um ein Unternehmen in Bad Gastein – Herr Kollege Schellhorn wird es vielleicht kennen –, um einen Verkaufsshop, der durch den Rost fällt, der gar nichts kriegt.

Die Antwort, die die Unternehmerin nach dem Wirtschaftsausschuss vom Ministerium erhalten hat, war – sie hat uns das schriftlich mitgeteilt –, sie bekommt leider nichts. Sie ist eine Zulieferin und ist abhängig von Gewerbebetrieben oder von der Gastronomie und von den Gästen, die natürlich ausbleiben, hat natürlich einen totalen Umsatz­ein­bruch und bekommt gar nichts, bleibt in der Luft hängen. Das betrifft eine gesamte Branche – den ganzen Zuliefererbereich der Gastronomie, mit den Getränkehändlern und, und, und –, die es wirklich schwierig hat und gar nichts bekommt.

Von Ihrer Partei, Frau Minister, wird immer von Regionalisierung, von der Unterstützung des ländlichen Raumes gesprochen, und da ist auch die Gewerbeordnung ein Thema – wir haben schon im letzten Wirtschaftsausschuss darüber diskutiert.

Die Problematik der Dorfläden: Die Dorfläden werden heute vielfach von Bauern, von Selbstvermarktern ins Leben gerufen und fallen dann auf einmal in die Gewerbeordnung, als Nächstes fallen sie dann in die Öffnungszeitenverordnung und, und, und. Sie kriegen Probleme, müssen wieder zusperren, können ihre Produkte nicht verkaufen.

Was tut die ÖVP? – Wie immer: Sie bringt eine Petition ein. Herr Nationalrats­abgeord­neter Ofenauer hat für die betroffene Gemeinde Neidling in Niederösterreich, die genau solch ein Problem mit dem Dorfladen hat, eine Petition eingebracht, gesagt, dass er ihnen mit der Petition helfen und das unterstützen wird. Ich habe im Wirtschaftsaus­schuss einen entsprechenden Antrag eingebracht, dass man die Gewerbeordnung entsprechend ändert. Genau diese Forderung der Neidlinger, die Herr Ofenauer unter­stützt, und das, was Sie in Ihrer Petition fordern, Herr Ofenauer, habe ich mit diesem Antrag damals im Wirtschaftsausschuss am 2. Dezember eingebracht, und ich werde das jetzt noch einmal einbringen. (Abg. Hanger: ... Tagesordnungspunkt 24: Investi­tions­prämiengesetz!)

Alle Neidlinger, die jetzt vielleicht zuschauen, und alle anderen, die Dorfläden betreiben und Probleme mit der Gewerbeordnung haben, sollten jetzt beobachten, wie die ÖVP mit ihrer Doppelbödigkeit hier handeln wird. Ich traue mich zu wetten, dass der Antrag heute wieder abgelehnt wird und dass ihr dem nicht zustimmen werdet, dass die Gewerbeordnung entsprechend angepasst wird. Ihr lasst die Leute im Regen stehen. Ihr erklärt ihnen, dass ihr sie mit entsprechenden Petitionen unterstützt – die verlaufen dann im Sand. Sie werden einmal im Ausschuss behandelt und das war es dann.

Deshalb mache ich heute die Nagelprobe und stelle folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „die Sicher­stel­lung des Betriebs von Dorfläden zur Rettung der Nahversorgung durch Änderung der Gewerbeordnung“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzu­leiten, mit welcher sichergestellt wird, dass Direktvermarkter (Dorfläden, Selbstbedie­nungs­läden) bei Erfüllung bestimmter Kriterien nicht in den Anwendungsbereich der Gewerbeordnung fallen. Kriterien dafür könnten die Gemeinnützigkeit, eine einge­schränkte Produktpalette oder eine inadäquate Lebensmittelversorgung vor Ort sein.“

*****

Da das fast wortgleich in der Petition der ÖVP, von Herrn Ofenauer steht, gehe ich davon aus, dass Sie heute auch zustimmen – eigentlich gehe ich nicht davon aus, denn Sie werden es wieder ablehnen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf bei der ÖVP.)

20.12

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Erwin Angerer und weiterer Abgeordneter

betreffend die Sicherstellung des Betriebs von Dorfläden zur Rettung der Nahversorgung durch Änderung der Gewerbeordnung

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 24: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den Antrag 1126/A der Abgeordneten Peter Haubner, Dr. Elisabeth Götze, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch die Bundesminis­terin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort genehmigt wird und das Bundesgesetz über eine COVID-19 Investitionsprämie für Unternehmen (Investitionsprämiengesetz – InvPrG) geändert werden (591 d.B.) in der 69. Sitzung des Nationalrates am 10. Dezember 2020

Wie den Erläuterungen zum gegenständlichen Antrag 1126/A, mit dem unter anderem das Investitionsprämiengesetz geändert wird, entnommen werden kann, ist die Investi­tionsneigung der österreichischen Unternehmen infolge der COVID-19 Krise noch immer zurückhaltend. Wenn nun mit der Erhöhung des Volumens für die Investitionsprämie durch diesen Antrag Anreize für Investitionen verstärkt werden soll, so darf dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass gerade für kleine Betriebe in ländlichen Gemeinden auch andere Impulse wie die Stärkung der regionalen Wertschöpfung von großer Bedeutung sind.

Die Stärkung und der Ausbau der Selbstvermarktung sind seit vielen Jahren ein heiß­diskutiertes Thema. Landwirtschaftlich geführte Betriebe setzen vermehrt auf die Inves­tition in Hofläden oder Direktvermarktung. Die Idee hinter einem Dorfladen bzw. einer Dorfspeis ist es, regionale Wertschöpfung über die Gemeinden zu fördern und zu unter­stützen. So können auch die Gemeinden und Dörfer von einem Dorfladen profitieren und als zentrale Verkaufsstelle für unterschiedliche Selbstvermarkter einen Beitrag zum Vertrieb regionaler Produkte schaffen.

Dorfläden bedeuten Nahversorgung mit Lebensmitteln in einer Gemeinde, in der es keinen anderen Nahversorger mehr gibt, qualitativ hochwertige bäuerliche Produkte aus der Region, einkaufen im sicheren Laden durch flexible Öffnungszeiten, Unterstützung der regionalen Wertschöpfung, einen Beitrag zum Klimaschutz durch kurze Transport­wege und „Reanimation“ von Dörfern und Aufwertung des ländlichen Raumes zur Ver­meidung von Abwanderung.

Dorfläden werden in der Regel als Verkaufsstelle ohne Personal geführt und basieren auf Selbstbedienung, jedoch mit einem modernen Kassensystem, das es den Kunden erlaubt, alle Produkte an einer Computerkassa in bar oder bargeldlos und kontaktlos mit Bankomatkarte zu bezahlen.

Aktuell sind die Existenz und Neuerrichtung von Dorfläden durch gesetzliche Missstände und Rechtsunsicherheit bedroht, wie eine Petition (37/PET) der Vorstandsmitglieder des „Vereins Dorfleben“ in Neidling vom 14. September 2020 zeigt. Der örtliche Dorfladen in Neidling stand aufgrund rechtlicher Probleme und Missstände bereits mehrmals kurz vor der Schließung.

Konkret geht es dabei um bestehende Gesetze, wie die Gewerbeordnung und das Öff­nungs­zeitengesetz bzw. auf Grundlage des Öffnungszeitengesetzes erlassene Verord­nungen durch die Landeshauptmänner, die nicht mehr zeitgemäß sind und bis dato wenig Rücksicht auf nachteilige Entwicklungen im ländlichen Raum und auf die Pande­mie nehmen.

Zum Weiterbetrieb des Dorfladens in Neidling, mussten beispielsweise die Öffnungs­zeiten rigoros verkürzt und an die NÖ Öffnungszeitenverordnung angepasst werden. Dies stellt vor allem für Beschäftigte in zeitlich herausfordernden Schlüsselberufen ein Problem dar und verringert auch die Möglichkeit zur „Kontaktvermeidung“ in Corona-Zeiten. Zudem verlangt die geltende Rechtslage, dass ein Lebensmittelhandel nach Ge­werbeordnung angemeldet werden muss.

Wie der „Verein Dorfleben“ fordert, braucht es umgehend gesetzliche Änderungen, um neue innovative Konzepte der Nahversorgung in den Gemeinden im ländlichen Raum zu ermög­lichen. Es muss für einen gemeinnützigen Verein möglich werden, solche Selbstbedie­nungs­­stellen ohne großen bürokratischen Aufwand zu betreiben, wo nicht nur regionale bäuer­liche Direktvermarkter, sondern auch 25 Prozent regionale Gewerbe­treibende der Lebens­mittelgrundversorgung rechtlichen Raum finden und ihre Waren anbieten können.

Der Österreichische Gemeindebund führt in seiner Stellungnahme (111/SPET vom 18.11.2020) zur Petition aus, dass „weder die Gewerbeordnung an sich, noch die darin enthaltenen Vorschriften in Frage gestellt werden. Es drängt vielmehr, die bestehenden Regelungen ihrem eigentlichen Zweck entsprechend zu adaptieren und an die realen wirtschaftlichen Bedingungen anzupassen. Starre Regulative müssen an die Lebens­realität angepasst und ‚konkurrenzlose Dorfläden‘ aus dem strengen Regime der GewO ausgenommen werden, um einige so dringend benötigte Impulse für den länd­lichen Raum zu setzen.“

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten daher nachste­hen­den

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzu­leiten, mit welcher sichergestellt wird, dass Direktvermarkter (Dorfläden, Selbstbedie­nungs­läden) bei Erfüllung bestimmter Kriterien nicht in den Anwendungsbereich der Gewerbeordnung fallen. Kriterien dafür könnten die Gemeinnützigkeit, eine einge­schränkte Produktpalette oder eine inadäquate Lebensmittelversorgung vor Ort sein.“

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Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Peter Haubner. – Bitte, Herr Abgeordneter.