17.11

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Frau Bundesminister! Ich habe Ihnen sehr genau zugehört, Herr Bundeskanzler. Sie haben sich hierhergestellt, haben eine Geschichte von Hillary Clinton erzählt, haben dann irgendwie versucht, sich als der Gute, der Konstruktive, als der­jenige, der im Sinne der Bevölkerung arbeitet, darzustellen. (Abg. Michael Hammer: Sie haben wirklich gut zugehorcht!) Was Sie aber nicht dazugesagt haben: Ihnen sind die Bürger dieses Landes eigentlich vollkommen egal. Das ist Tatsache, das haben Sie aber nicht gesagt. Sie gehen her und schränken Grund- und Freiheitsrechte ein – damit haben Sie im März begonnen. (Abg. Michael Hammer: Wer hat das zuerst gefordert? Das sagen Sie nicht dazu!) Herr Bundeskanzler, es sind Protokolle von Ihnen aufgetaucht, Sie haben in internen Sitzungen gesagt: Wir müssen den Leuten Angst machen, die Leute haben noch zu wenig Furcht! Wir müssen Ihnen aber die Sicherheit geben, dass Lebensmittelgeschäfte offen bleiben! – Das ist Teil Ihrer Angststrategie gewesen.

Und dann haben Sie gesagt – jetzt komme ich zu einer tatsächlichen Berichtigung; das haben Sie nämlich tatsächlich gesagt, das ist im ORF auch mehrmals wiederholt worden –: Es wird der Tag kommen, an dem jeder jemanden kennen wird, der an Corona gestorben ist. – Das haben Sie gesagt. (Bundeskanzler Kurz: Bald, bald!) – Nein, Sie haben nicht bald gesagt! Herr Bundeskanzler, bleiben Sie bitte bei der Wahrheit, das würde diesem Hause und auch der österreichischen Bevölkerung guttun! Man kann ja im Internet jederzeit nachhören, was Sie tatsächlich gesagt haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie haben Ihre gesamte Politik der letzten Monate – des letzten Jahres, des letzten Drei­vierteljahres zumindest – auf Angst aufgebaut und haben versucht, die Leute einzu­schüchtern. Vom Nährboden dieser Angst ausgehend sind Sie dann weitergegangen und haben die Grund- und Freiheitsrechte wie selbstverständlich immer weiter aus­gehöhlt. Sie haben die Rechtsstaatlichkeit abgeschafft, Sie haben Ausgangssperren verhängt. (Zwischenruf der Abg. Steinacker.) Der von Ihnen gerade zitierte deutsche Gesundheitsminister Jens Spahn hat übrigens gesagt: Mit heutigem Wissen hätte es im Frühjahr gar keinen Lockdown gebraucht! – Nur so viel dazu.

Das mache ich jetzt niemandem zum Vorwurf, im Frühling war die Situation eine ganz andere. Da wussten wir ja tatsächlich nicht, was auf uns zukommt. Heute sind wir schon etwas weiter: Heute wissen wir, dass es Risikogruppen gibt, die tatsächlich stärker betroffen sind. Das sind genau die Gruppen, die Sie – Ihre Regierung und Ihre Parla­mentsklubs – eben nicht schützen: Die Altenheime, die Pflegeheime, im Übrigen werden auch ganz sensible Krankenhauseinrichtungen nicht geschützt. Über 40 Prozent aller, die verstorben sind, haben zuvor in einem Pflege- oder Altenheim gelebt, meine Damen und Herren.

Es gibt noch eine Gruppe von Risikopatienten. Ich erzähle Ihnen die Geschichte einer Familie, die ein schwer krebskrankes Kind zu Hause hat. Diese Familie kann jetzt ent­scheiden, ob der Vater in die Arbeitslosigkeit geht oder ob er jeden Tag arbeiten geht und so sein Kind gefährdet. Das sind Risikopatienten. Für diese Gruppe von Menschen haben Sie überhaupt nichts getan; das heißt, Sie haben nichts für die Risikopatienten gemacht, weder für die in den Altenheimen noch für die, die im familiären Verband leben. Alle anderen aber haben Sie eingesperrt.

Sie haben auch die Schulen geschlossen, Herr Bundeskanzler. Wenn Sie sich hier­herstellen und erklären, wie großartig Ihre Leistungen waren und dass wir hier gegen alles sind, dann muss ich Ihnen sagen: Das stimmt so überhaupt nicht! Wir haben zahl­reiche Anträge eingebracht, aber in einem gebe ich Ihnen recht: Gegen Schul­schließun­gen waren wir von Anfang an, weil Schulschließungen nicht notwendig sind und weil wir wissen, dass Kinder nicht die Überträger sind.

Zu den Schulschließungen möchte ich noch etwas sagen: Es gibt Jugendliche, die seit Oktober zu Hause sind. Da frage ich mich, Herr Bundeskanzler: Was denken Sie angesichts dessen? Macht Ihnen das überhaupt keine Sorgen, welche Auswirkungen das auf diese jungen Menschen haben wird? Ist Ihnen das wirklich vollkommen egal? Ist es Ihnen auch egal, dass Kinder zu weinen anfangen, weil sie im Jänner schon wieder zu Hause bleiben müssen? Ist Ihnen egal, welche Auswirkungen Ihre Politik hat?

Eine Wiener Schule fordert die Kinder auf: Aktiviere deine Klassenkameraden! Geht alle zum Test! „Bitte deine Familie [...] einen Schnelltest am Ende des Lockdowns [...] zu machen! [...] Bringe dein Testergebnis [...] in die Schule“! Jedes Kind, das „ein Attest mitbringt, bekommt einen Hausübungsgutschein“! – Meine Damen und Herren, das ist Freiwilligkeit?! – Das ist Psychoterror auf dem Rücken der Kinder, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Kickl: Unglaublich!)

Das hat überhaupt nichts damit zu tun, dass Sie sich um die Sicherheit der Bürger sorgen. (Zwischenruf des Abg. Hafenecker.) Schauen wir uns die Genese dieser Massentests an! Sie sind hergegangen und haben gesagt: 60 Prozent wären ein Erfolg! – Es haben Ihnen aber 80 Prozent gesagt: Interessiert uns nicht, wir gehen nicht hin! – Sie reagieren wie ein trotziges Kind: All jene, die in weiterer Folge auch nicht hingehen, kommen in eine politische Schutzhaft und werden wie Verbrecher mit Fußfessel behandelt, die dürfen nämlich das Haus auch nicht verlassen. Das ist Ihre Politik. Offensichtlich sind Menschen, die keinen Massentest machen wollen, Ihrer Wahrnehmung nach, in Ihrer Politik entsprechend mit Verbrechern gleichzusetzen. Das sind offensichtlich die neuen Schwerverbrecher laut dieser ÖVP.

Herr Bundeskanzler, das ist das, was die Bevölkerung nicht mehr versteht. Auch wir verstehen das nicht, weil es überhaupt keine Evidenz als Basis dafür gibt. Sie denken sich das aus. Ich frage mich schon die ganze Zeit – Sie haben selbst die Frage gestellt: Glauben Sie, dass es schön ist, wenn wir so etwas verkünden müssen? –: Was ist der Grund dafür, Herr Bundeskanzler? Warum tun Sie das alles? Haben Sie einen Lust­gewinn, wenn Sie Kinder wegsperren? (Heftiger Widerspruch bei der ÖVP. – Rufe bei der ÖVP: Wahnsinn! Das ist eine Unterstellung! So tief! Das ist unfassbar! Wirklich unglaublich! Ein Wahnsinn! – Abg. Michael Hammer: Der Herr Präsident schämt sich für seine Partei! – Abg. Wöginger: Zu Recht!)

Oder freut es Sie, wenn kleine Kinder mit Masken herumgehen müssen? (Zwischenruf des Abg. Hanger. – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Herr Bundeskanzler, erklären Sie uns, warum Sie diese Maßnahmen setzen! Erklären Sie uns doch, warum Sie solche Maßnahmen setzen! (Abg. Wöginger: Ein Wahnsinn!) – Ja, es ist ein Wahnsinn, Kollege Wöginger, es ist tatsächlich ein Wahnsinn! (Ruf bei der FPÖ: Ja, ja! Stimmt ja! – Ruf bei der ÖVP: Herr Präsident! – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Wöginger.) Diese Bundesregierung geht in ein autoritäres System über. Wir leben offensichtlich nicht mehr in einer Demokratie. Die einzige Freiheit, die Sie akzeptieren, ist die Freiheit, der Mei­nung der Bundesregierung zu sein. Das ist die einzige Freiheit, die Sie akzeptieren. Jeder, der in diesem Land dieser ÖVP widerspricht, jeder, der eine andere Meinung hat, und jeder, der ein anderes Verhalten an den Tag legt, wird von Ihnen bestraft, und das ist unredlich. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ein Wort noch zu Ihrer vielgepriesenen Impfung: Herr Bundeskanzler, das wird nichts ändern, denn die WHO fordert jetzt schon für die Zeit nach der Impfung, Maske zu tragen, Abstand zu halten. (Zwischenrufe der Abgeordneten Haubner und Melchior.) Sie wissen das ganz genau, und Sie werden auch das durchdrücken, weil Sie es durchdrücken wollen, weil Sie sich daran ergötzen, wenn Sie den Leuten etwas vorschreiben können. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Wöginger: Zur Geschäftsordnung!)

17.18

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zur Geschäftsbehandlung. – Bitte, Herr Klubobmann Wöginger.

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