18.30

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Wir kommen jetzt schön langsam zum Ende der Debatte über die Dringliche Anfrage, und ich glaube, das ist eine gute Gelegenheit, auch ein bisschen Resümee zu ziehen.

Einleitend möchte ich festhalten, dass ich natürlich Verständnis dafür habe, dass die Pandemie ein bisschen an den Nerven zerrt, bei uns allen. Da geht es um das medi­zinische Personal in den Krankenhäusern, da geht es um das Pflegepersonal, da geht es um die Sicherheitskräfte in unserem Land, da geht es um die Verkäuferin oder den Verkäufer im Einzelhandel und viele andere mehr. Eines ist aber schon auch klar: Frau Abgeordnete Belakowitsch sagte als Ärztin hier in ihrem Redebeitrag, Symptom­lose könnten keine Infektionsträger sein. Das schreit zum Himmel, denn das ist ganz einfach die Unwahrheit, und die FPÖ ist nicht Teil der Lösung, sondern sie ist Teil des Problems! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Da wäre schon ein bisschen mehr Gemeinsamkeit gefordert, um diese Pandemie ge­mein­sam zu bekämpfen. Ich werde mich jetzt auch hüten, Virologen, Simulationsforscher oder Mediziner zu zitieren, ich möchte versuchen, wirklich nur mit dem Hausverstand zu argumentieren.

Zuallererst: Die Infektionszahlen sind aktuell zu hoch. Wir hatten einen leichten zweiten Lockdown, einen stärkeren zweiten Lockdown, und wir haben Gott sei Dank stark rück­läufige Zahlen bei den Neuinfektionen, aber sie sind ganz einfach noch zu hoch. Es ist Aufgabe der Politik, Entwicklungen zu antizipieren. Weihnachten steht vor der Tür. Die Anzahl der Sozialkontakte hätte wieder stark zugenommen, insbesondere um Silvester herum. Da muss ich kein Simulationsforscher sein, um zu wissen, dass ohne Maßnah­men danach natürlich die Infektionszahlen wieder gestiegen wären. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Zum Zweiten, auch eine wichtige Zahl: Heute ist von Frau Abgeordneter Fürst so salopp gesagt worden: Na ja, eine Grippe, das gibt es doch, und in den Krankenhäusern herrscht eine ganz normale Situation. – Frau Abgeordnete Fürst, das haben schon meine Vorredner gesagt: Ich lade Sie wirklich ein, sprechen Sie mit dem Pflegepersonal in den Intensivstationen! Ich persönlich habe einen guten Freund, der Bürgermeister einer kleinen Landgemeinde und selber Pfleger auf einer Intensivstation ist. Der sagte vorige Woche zu mir: Andreas, du kannst dir nicht vorstellen, wie es bei uns zugeht. Bei uns sterben täglich Menschen. – Dann so salopp zu sagen: Na ja, okay, das ist eine normale Situation!, halte ich tatsächlich für unverantwortlich. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Belakowitsch: Das ist in einer Intensivstation tatsächlich normal!)

Für unverantwortlich halte ich auch, wenn man über Todesfallzahlen – heute schon mehrmals erwähnt, gestern wieder 140, insgesamt mittlerweile über 5 000 – so locker hinweggeht: Na ja, es gibt auch andere Gründe, weswegen man stirbt. – Das ist dem Coronavirus geschuldet, und wir müssen ganz ernsthaft damit umgehen. Aus meiner Sicht ist es fast ein bisschen eine Verhöhnung, wenn man die unmittelbar betroffenen Familien anspricht. Herr Klubobmann Wöginger hat mir vorhin zum Beispiel erzählt, dass ein Bürgermeister in seinem Bezirk vor Kurzem gestorben ist. Das ist also ganz, ganz ernst, und darüber irgendwie locker hinwegzugehen kann doch keine Politik sein. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Zu den Maßnahmen: Liebe FPÖ, ein paar Dinge kann ich überhaupt nicht verstehen. Reden wir ein bisschen über die Massentestungen! Was Sie da von sich gegeben haben, Frau Abgeordnete Belakowitsch, sei jetzt einmal dahingestellt. Ihr Bundesparteiobmann hat Sie dann ja ein bisschen zurückgepfiffen. Wie kann man gegen Massentests sein? Ich bin kein Mediziner, aber die Logik dieser Massentests ist doch ganz einfach: Man will Personen identifizieren, die den Virus in sich tragen, damit man sie dann aus der Infektionskette herausnehmen kann. Das ist doch ganz logisch. Je mehr Personen an diesen Massentestungen teilnehmen, umso besser wird es.

Ich sage Ihnen ganz ehrlich, ich bin durchaus ein bisschen enttäuscht gewesen, dass auch in meiner eigenen Gemeinde eigentlich nur relativ wenige Personen diese Chance genutzt haben. Ich sage Ihnen aber auch: Es ist gelungen! Wir hatten zum Beispiel eine Familie – die war ganz überrascht –, die hat den Antigentest gemacht und dann natürlich den zweiten Test, weil der Antigentest ja eine bestimmte Unsicherheit hat. Es hat sich herausgestellt, dass die gesamte Familie das Coronavirus in sich trägt. Das ist doch nur logisch. (Zwischenruf bei der FPÖ.) Man kann das also sehr positiv sehen und ent­sprechend argumentieren.

Mit einer Mär möchte ich auch noch aufräumen: Von den Oppositionsparteien wurde querbeet permanent erzählt, dass das Pflegepersonal nicht getestet wird. Zum einen liegt die Zuständigkeit für das Pflegepersonal bei den Ländern, und natürlich wird dieses schon seit vielen Wochen getestet. Das war natürlich eine der ersten Maßnahmen, die man gesetzt hat.

Zum Dritten: Ich würde wirklich alle gemeinsam darum ersuchen, dass wir doch ein bisschen einen positiveren Zugang zum Thema Impfen finden. Es ist die einzig realistische Chance, die Pandemie tatsächlich zu bekämpfen. Können wir nicht auch ein bisschen stolz darauf sein, was die internationale Wissenschaft da in den letzten Monaten auf den Weg gebracht hat? Natürlich ist Aufklärungsarbeit notwendig, keine Frage. Glauben wir jedoch bitte nicht diesen Verschwörungstheorien, die durch die sozialen Medien kursieren! Das ist keine seriöse Information. Es wurden ja auch ent­sprechende Informationsprogramme angekündigt. Das ist mir ganz wichtig. Finden wir doch einen gemeinsamen Zugang! Wir haben von der ersten Sekunde der Pandemie an gesagt: Die Impfung ist die große Chance, die Pandemie in den Griff zu bekommen, und dann können wir auch wieder optimistisch in die Zukunft gehen, dann wird das Wirt­schaftswachstum, das wir zum Beispiel auch für unseren Arbeitsmarkt dringend brauchen, wieder anspringen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Zwei Dinge noch: Es gibt ein Zitat, das mir persönlich sehr intensiv durch den Kopf geht. Die meisten Parlamentarier werden es kennen. Dieses Zitat lautet: „Die Freiheit des Einzelnen endet dort, wo die Freiheit des Anderen beginnt.“ (Zwischenruf des Abg. Kickl.) – Dieses Zitat müssen wir als Parlamentarier uns schon zum Maßstab nehmen. Wir haben eine Verfassung beschlossen, Verfassungsgesetze, wir geben uns Gesetze, wir geben uns Spielregeln, die das Zusammenleben der Menschen ordnen, damit wir gut miteinander leben können. Dieses Zitat verstehe ich schon auch ein bisschen als Appell an jene, die immer meinen, nur die Freiheit des Einzelnen ist alles. Wir brauchen schon auch Solidarität in der Gesellschaft – das ist mir sehr wichtig –, Zusammenhalt und Solidarität in der Gesellschaft, dann werden wir letztendlich auch diese Pandemie besiegen. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Kickl: Soll der Staat den Menschen dienen oder die Menschen dem Staat?)

Abschließend noch ein Wort zu Moria: Ganz ehrlich, mir gehen, uns allen gehen diese Bilder natürlich nahe, aber ich halte ausdrücklich fest, dass wir in dieser Frage eine klare Linie haben. Christlich-soziale Nächstenliebe ist auch Hilfe vor Ort. (Ruf bei der SPÖ: Ja, ja!) Wir haben die Mittel des Auslandskatastrophenfonds sehr stark erhöht. Es gibt ein neues Programm der Bundesregierung mit SOS-Kinderdörfer, 500 Kinder vor Ort zu betreuen. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek. – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Vergessen Sie auch nicht, dass wir im Rahmen des normalen Asylverfahrens dieses Jahr 5 000 Kinder aufgenommen haben. Das ist christlich-soziale Politik. – Herz­lichen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.)

18.38

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Nussbaum ist zu Wort gemel­det. – Bitte.