16.06

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte mich bei allen Meinungsverschiedenheiten bei Kollegen Schwarz bedanken, weil das eine Form der Auseinandersetzung ist, die man auch sehr gut so führen kann, wenn man nicht derselben Meinung ist. Nobel war das, finde ich – da darf man auch klatschen. (Beifall bei den NEOS.)

Zur Frage der Kurzarbeit – Kollege Haubner und der Herr Finanzminister haben es schon angesprochen –, dass wir sagen, wenn die nächste Phase kommt, dann muss diese anders aussehen, als das bisher ausgesehen hat, möchte ich ein bisschen etwas ausführen: Die Deutschen haben im April einen Höchststand bei der Kurzarbeit mit 6 Mil­lionen Kurzarbeitern gehabt und stehen jetzt bei einem Zehntel davon, bei gut 600 000. Österreich hat im April den Höchststand mit 1,3 Millionen Kurzarbeitern gehabt und hat jetzt immer noch ein Drittel mit über 400 000. Offensichtlich hat es sich also in Deutsch­land viel stärker reduziert als bei uns. Das hat natürlich unter anderem auch strukturelle Gründe, weil wir einen höheren Tourismusanteil haben, aber eben nicht nur, sondern: Die Kurzarbeit ist in Österreich besonders günstig für die Betriebe. Sie haben praktisch null Mehrkosten pro Stunde, wenn sie in der Kurzarbeit sind.

Das ist für eine kurze Phase auch in Ordnung und war sicher im März/April der richtige Weg. Für eine Langzeiteinrichtung aber, die die Kurzarbeit jetzt geworden ist, muss man sich anschauen, ob man nicht irgendwie die Treffsicherheit und den Kontrollmecha­nismus, den Regulationsmechanismus erhöht. Kontrolle im Sinne von hingehen und in die Bücher schauen funktioniert nicht. Sie finden den Kurzarbeitsbetrüger nicht, wenn Sie nicht vor das Geschäft einen Kontrollor hinstellen, der aufschreibt, welche Mitarbeiter wann kommen und gehen – oder nur in den seltensten Fällen.

Jeder von Ihnen, Kollegen Abgeordnete, hat sicher in den letzten Wochen und Monaten und bis heute immer wieder Anrufe erhalten, in denen darauf aufmerksam gemacht wird, dass Betriebe die Kurzarbeit missbrauchen.

An den Zahlen im Vergleich zu Deutschland sieht man auch, dass in Österreich mehr Mitarbeiter als notwendig in Kurzarbeit sind. Das heißt nicht, dass – wie es Kollege Haubner ausgelegt und natürlich wissentlich verkehrt ausgelegt hat – wir vorschlagen, dass die Betriebe diese Mitarbeiter hinauswerfen, im Gegenteil: Diese Mitarbeiter, die unnötig in der Kurzarbeit sind, gehören wieder in die Vollzeit geholt! (Beifall bei den NEOS.)

Dafür braucht es einen Anreiz, denn wenn es für meinen Betrieb keine Rolle spielt, ob der Mitarbeiter in Kurzarbeit ist oder nicht, lasse ich ihn jetzt einmal in der Kurzarbeit und dann schauen wir einmal weiter. – Das entzieht ja dem Arbeitsmarkt auch Potenzial. Fragen Sie einmal die Leute, die wirklich im Wirtschaftsleben stehen! Da rufe ich wo an, und dann heißt es: Wir sind in Kurzarbeit, der Mitarbeiter ist erst am Freitag wieder da, und so weiter. Ich kann auch Geschäfte nicht weitertreiben, wenn wir so viel Kurzarbeit haben, dass wir dem Arbeitsmarkt und der Wirtschaft die Dynamik entziehen.

Das könnte man wissen, das könnte man auch beim Wirtschaftsbund wissen, das will man aber nicht wissen. Wenn man auf die NEOS schlagen kann, ist das immer eine willkommene Gelegenheit, egal, welche Keule sich da anbietet. (Zwischenruf des Abg. Haubner.) – Empfindlich bin ich nicht. Ich teile gern aus, ich halte auch viel aus, und ich halte es von der ÖVP besonders gut aus, denn die teilt ja nur dann aus, wenn man sie an einem empfindlichen Punkt getroffen hat. (Weiterer Zwischenruf des Abg. Haubner.) Es hat nämlich auch Arbeitsminister Kocher gesagt, dass wir Anreize für Betriebe finden müssen, dass diese ihre Leute aus der Kurzarbeit wieder zurückholen. Wir müssen aus der Kurzarbeit heraus, hat er in einem Antrittsinterview gesagt.

Klar, die Kurzarbeit ist zu billig, und auf Dauer hält sie auch den Strukturwandel auf, weil in Verbindung mit Kurzarbeit in Milliardenhöhe gestützte Betriebe den gesunden Konkur­renz machen und ihnen Arbeitskräfte entziehen, die woanders in Vollzeit gebraucht würden. Daher hätten wir gerne, dass das AMS Leute, die in Kurzarbeit sind, in freie Vollzeitjobs vermittelt. (Beifall bei den NEOS.)

Was wir am Arbeitsmarkt noch brauchen, um wieder aus dem Loch herauszukommen, werden natürlich Einstellungsförderungen und Kombilöhne sein, ohne das wird es wahr­scheinlich nicht gehen, das sind aber nur Teilaspekte.

Was die ÖVP gerne verschweigt, was der Finanzminister verschweigt und was der Wirt­schaftsbündler Haubner verschweigt, ist, dass die Sozialversicherung angekündigt hat, nicht im Nachhinein, sondern jetzt die gestundeten Beiträge einzufordern. Während un­ser Vorschlag darauf abzielt, den Betrieb nachher, wenn er sich wieder erholt hat, ein bisschen Steuer zurückzahlen zu lassen, dem Steuerzahler ein bisschen zurückzuge­ben, was der Betrieb vorher bekommen hat, will die SVS jetzt, noch mitten in der Krise, die gestundeten Beiträge eintreiben. Und das ist ein Wirtschaftsbundfunktionär! (Beifall bei den NEOS.)

Dieser unfähige Wirtschaftsbundfunktionär Lehner steht jetzt auch noch an der Spitze des Dachverbandes der Sozialversicherungsträger. Man muss ja wirklich gar nichts kön­nen, um an die Spitze der Sozialversicherungen zu kommen; es gibt keine Qualifikations­anforderung. (Rufe bei der ÖVP: Hallo! Unglaublich!)

Dann noch zu den Ersatzleistungen: Angeblich hilft die Regierung ja so großzügig. Fragen Sie einmal die Betriebe, deren Mitarbeiter in Quarantäne geschickt worden sind, die jetzt nach § 32 Epidemiegesetz einen Ersatz für die Lohnkosten bekommen sollten! Betriebe, die im März 2020 Mitarbeiter in Quarantäne gehabt haben, haben bis heute keinen Ersatz dafür gesehen. Da gibt es Bundesländer, die haben noch keinen einzigen Bescheid draußen, und es gibt Bundesländer, die erdreisten sich, in einer Gesetzesbe­gutachtung zu fordern, dass man die Säumnisfrist für das Bundesland auf zwölf Monate ausdehnt, weil sie mit den Bescheiden nicht nachkommen. Das ist unerhört! Geld, auf das die Betriebe Anspruch haben, bekommen sie nicht, weil Ihre Regierungsbürokratie das nicht auf die Reihe bekommt. (Beifall bei den NEOS.)

Zur Cofag, die angeblich so super ist, wie der Minister gesagt hat: Sie bekommen als Betrieb, wenn Sie bei der Cofag einen Antrag stellen, keinen Bescheid, den Sie anfech­ten können, weil Sie der Meinung sind, es steht Ihnen mehr zu oder etwas anderes. Wenn Sie als Betrieb von der Cofag etwas nicht bekommen, von dem Sie glauben, dass es Ihnen zusteht, müssen Sie es beim Zivilgericht einklagen – ein Betrieb, dem das Wasser bis zum Hals steht! Das ist die Hilfspolitik, die diese Regierung umsetzt. (Beifall bei den NEOS.)

16.13

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Ottenschlä­ger. – Bitte.