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Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Es geht hier primär um den Arbeitsmarkt und den Umgang der Bundesregierung mit demselben. Der Bundeskanzler hat sich heute hierhergestellt und erklärt, wie großartig nicht alles sei, denn Österreich gehöre ja bei den Förderungen zu den Besten. – Das mag stimmen, Herr Bundes­kanz­ler, aber offensichtlich kommen sie nicht an, denn sie haben nicht die Wirkung, die sie bei dieser Höhe erzielen könnten.

Wir haben die schlechtesten Wirtschaftsdaten in Europa, wir haben die höchste Arbeits­losigkeit in Europa – also irgendetwas ist faul in dem System. Das zeigen ja auch die zahllosen E-Mails von Unternehmern – ich nehme an, auch Sie werden sie bekommen –, die verzweifelt sind, weil sie immer noch keine Hilfszahlungen bekommen haben. Das heißt, Sie haben zwar große Beträge versprochen, die auch hier beschlossen wurden, aber diese kommen nicht dort an, wohin sie gehören. Da ist ein Fehler im System, und für diesen ist die Bundesregierung zuständig! (Beifall bei der FPÖ.)

Das gesamte Land Österreich befindet sich in einem wirtschaftlichen Chaos. Sie wollen das nicht hören. Die Kollegen von der ÖVP haben bei der Rede meines Vorredners jetzt gerade gesagt, sie wollen sich das, was die Opposition sagt, nicht anhören, denn es komme nur Blödsinn heraus. – Das ist der Zugang: Man sagt, die Opposition brauche man sich nicht anzuhören, man wisse eh alles besser – und jetzt sehen wir, wie Öster­reich dasteht, meine Damen und Herren!

Was haben wir denn jetzt? – Wir haben die höchste Arbeitslosigkeit in der Zweiten Republik. Wir haben Menschen, die zu Hause verzweifelt sind. Wir haben Bürger, die nicht wissen, wie es weitergehen wird, die vielleicht nie wieder Urlaub machen können.

Sie stellen sich hierher, beklatschen sich selber, weil das Testen in Österreich so gut funktioniert. – Herr Bundeskanzler, Sie wissen ganz genau: Das Testen hat nie gut funktioniert, aber dann haben Sie es zum Zwangstesten gemacht! Jeder muss sich jetzt einem Zwangstest unterziehen. Das geht hinunter bis zu den Jüngsten! (Abg. Wöginger: Das würde euch auch nicht schaden, einmal testen lassen!) – Herr Kollege Wöginger, melden Sie sich zu Wort, wenn Sie glauben, das sei so super! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Dieser Sadismus, der von der ÖVP kommt, der unseren Kindern den Schulbesuch verunmöglicht, wenn sie sich nicht testen lassen, und das sind dann die Fach- - (Abg. Wöginger: Genau! Ja, genau!) – Ja, ganz genau. Sehen Sie - - (Abg. Wöginger: Ja, weil ihr fest husst mit euren Funktionären!)

Herr Präsident, vielleicht könnten Sie Kollegen Wöginger einmal sagen, er soll sich ein bissl zusammennehmen. (Abg. Wöginger: Du schreist die ganze Zeit, und wir dürfen nichts sagen! So weit kommt es noch! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Kollege Wöginger, ich bin jetzt am Wort! Das ist der Unterschied: Ich habe jetzt das Wort! Wenn Sie etwas sagen wollen, dann stellen Sie sich hier heraus!

Es ist eine Tatsache: Sie von der ÖVP haben das Land gegen die Wand gefahren, Herr Bundeskanzler! (Abg. Wöginger: Sie mit Ibiza!) Jede Woche wird eine Teststraße irgendwo in Österreich eröffnet – das haben Sie von der ÖVP Niederösterreich gelernt: Der ehemalige Landeshauptmann Pröll hat jede Woche einen Kreisverkehr eröffnet. Das bringt uns aber wirtschaftlich nicht weiter, Herr Bundeskanzler! (Abg. Wöginger: ... hat den jemand geglaubt auch?)

Gestern hat die Friseurinnung Alarm geschrien, indem sie gesagt hat, die Hälfte aller Friseure wird wahrscheinlich in Konkurs gehen. (Abg. Wöginger: Ist ja nicht wahr! Ja, weil ihr nicht hingeht zum Friseur!) Dann haben wir noch die Gastro: Die ist nicht mehr nur dabei, die ist schon mittendrin! Jeder zweiter Gastronomiebetrieb wird vermutlich nicht mehr aufsperren können. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Bundeskanzler! Sie und Ihre Bundesregierung haben Leid, Perspektivlosigkeit und Armut über dieses Land gebracht (Ruf bei der ÖVP: Unfassbar!), und Sie stellen sich hierher und klopfen sich an die Brust. Das Einzige, womit Sie in den letzten Wochen beschäftigt waren, war, dass Sie staatliche Institutionen schlechtgemacht haben, dass Sie diese delegitimiert haben. Da stellt sich dann Ihre Kanzleramtsministerin, Ihre Verfassungsministerin ins Fernsehen und beschimpft auch noch die WKStA, damit sie Ihnen einen Gefallen tut, Herr Bundeskanzler. Wissen Sie, was? Das ist die stellver­tretende Leiterin dieser Dienstbehörde! Sie hat dort zwar keinen Tag gearbeitet, aber sie hat sich hineingeschummelt aufgrund Ihrer politischen Intervention, das ist richtig (Zwischenruf des Abg. Hörl – weitere Zwischenrufe bei der ÖVP)  ja, Sie können schreien –, und beschimpft ihre eigene Dienststelle! Da höre ich auch nichts vom Justiz­minister – normalerweise müsste so etwas ein Disziplinarverfahren nach sich ziehen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Bundeskanzler! Kommen Sie mir nie wieder mit Ungarn oder mit Russland oder mit China (Abg. Hörl: Na, na, na! Jetzt hören wir auf!) und damit, dass Sie sich über die dortigen Verhältnisse aufregen. Dort gehört möglicherweise dieses faschistoide (Ruf bei der ÖVP: Hallo!), dieses autokratische System zur politischen Kultur, aber bei uns in Österreich gehen Sie von der ÖVP her und führen hier unter dem Deckmantel der Demokratie wieder ein austrofaschistisches System ein. (Beifall bei der FPÖ. – Lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Das ist das System, das Sie machen: Kontrolle, Vernaderung und Überwachung der Bürgerinnen und Bürger, das Bilden einer Zweiklassengesellschaft, ein Spalten der Gesellschaft in die Braven, die sich testen lassen, und in die Bösen, die sich nicht testen lassen. Das machen Sie! Wer brav ist, der hat Vorteile, und wer böse ist, hat diese Vorteile nicht. Das hat gestern auch die Mitarbeiterin des Gesundheitsministeriums bestätigt, darüber wurde in der Regierung schon gesprochen.

Meine Damen und Herren! Das ist kein Österreich, wie wir es wollen. Wir wollen keine Diskriminierung von Menschen, die sich nicht impfen lassen. Wir wollen auch keine Diskriminierung von Menschen, die sich nicht testen lassen können oder wollen. Auch das gibt es, meine Damen und Herren der ÖVP: Dutzende Eltern, die verzweifeln, - -

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Das Schlusswort bitte!

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (fortsetzend): - - weil sie schwer kranke Kin­der haben, die nicht getestet werden können. Sie machen sich darüber lustig! (Abg. Wöginger: Nein!) Sie haben in diesem Land einen Sarkasmus und einen Sadismus entwickelt, dass es schauderhaft ist, meine Damen und Herren! (Abg. Wöginger – in Richtung Rednerin weisend –: Das ist schauderhaft!) Herr Bundeskanzler Kurz, treten Sie zurück! (Beifall bei der FPÖ.)

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