15.43

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir merken (auf die leere Ministerbank weisend): Minister Blümel interessiert das nicht, ihn interessiert parlamentarische Kontrolle nicht. Das ist natürlich ein Riesenproblem, aber wir sind es von ihm gewohnt, dass er Untersuchungen und Kontrolle, was seine Person betrifft, nicht sehr gerne hat. (Abg. Wöginger: Fristsetzung! Hallo!)

Wir debattieren hier die Frage, wie das Parlament mit der Kontrolle der Cofag umgeht. Was ist die Cofag? – Das ist so eine Erfindung von Finanzminister Blümel, über die sage und schreibe 15 Milliarden Euro Hilfsgelder durchgeschleust werden.

15 Milliarden Euro: Es gibt keinen einzigen Budgetposten in Österreich, der diese Größe hat. Das ist mehr Geld, als wir für alle Pensionen im gesetzlichen Bereich ausgeben, das ist mehr Geld, als wir für alle Beamtenpensionen ausgeben, das ist mehr Geld, als wir im Jahr für Bildung ausgeben, das ist mehr Geld, als wir für Sicherheit ausgeben, das ist mehr Geld, als wir in dieser Republik für irgendetwas anderes ausgeben.

Wenn er aber – weil Kollege Faßmann hier war – eine Subvention von 5 000 Euro oder 10 000 Euro an einen Verein vergibt, dann unterliegt das der parlamentarischen Kon­trolle. Die ÖVP will aber nicht, dass wir als Parlament Kontrolle darüber haben, was mit 15 Milliarden Euro passiert, keinerlei Kontrolle will die ÖVP da zulassen. Das geht nicht. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von FPÖ und NEOS.)

Erinnern wir uns daran zurück, wie das im März 2020 – vor ein bisschen weniger als einem Jahr – war! Da hatte die Regierung eigentlich die weitaus beste Opposition, die man sich wünschen kann. Da gab es Praktikerinnen und Praktiker aus allen Oppositions­fraktionen – egal ob das bei den Sozialdemokraten, beispielhaft nur, Kollege Matznetter oder Kollegin Ecker war, ob bei den Freiheitlichen Kollege Angerer oder Kollege Fuchs oder bei den NEOS Kollegin Doppelbauer oder Kollege Schellhorn –, die aus ihrer beruflichen Praxis, aus dem, was sie gelernt haben, aus dem, was sie als Beruf machen, hier ohne jede Parteipolitik, ohne irgendwelche Hintergedanken an Wahlen, ohne irgend­welche ideologischen Scheuklappen, sondern nur aus Sorge darüber, wie wir durch diese Pandemie kommen, mit Engagement, mit Kompetenz, mit Leidenschaft und mit Erfahrung ganz viele unterschiedliche Vorschläge gemacht haben, was man da am besten machen kann.

Eines der Dinge, die fast alle hier als Vorschlag hatten, war, dass man die Hilfe über die Finanzämter regeln sollte. Wieso über die Finanzämter? – Aus guten Gründen: Dort gibt es Tausende Mitarbeiter, eine funktionierende Infrastruktur mit ganz vielen Außenstellen in ganz Österreich, eine funktionierende EDV. Das sind erfahrene Leute, die ihre Firmen kennen, die ihre Kleinbetriebe kennen, die ihre Mittelbetriebe kennen, seit vielen Jahren ihre Bilanzen, ihre Zahlen haben und sie wissen. Die müssen sich sowieso wegen Stundungen et cetera an sie wenden, die haben Kontakt mit diesen Firmen.

Alles, was die Praktiker von der Opposition hier gesagt haben, war: Bitte machen wir das über die Finanzämter! Das haben auch andere Länder natürlich, aus diesen guten Gründen, so gemacht, doch aus irgendeinem Grund hat die ÖVP – und zwar vollkom­men egal ob es um die Kleinen gegangen ist, um den Härtefallfonds – immer so Umweg­konstruktionen erfunden: über die WKO, wo man dann über Nacht EDV-Programme schreiben musste, wo man Hunderte Mitarbeiter ausbilden musste. Das hat natürlich alles nicht funktioniert, das war dann zu langsam, zu bürokratisch, zu spät, die Mitar­beiter waren überfordert – engagiert, aber überfordert.

Bei der Frage jetzt geht es ja gar nicht darum, dass die Hilfen zu spät, zu langsam, zu bürokratisch waren, sondern da geht es um die Frage der Kontrolle.

Das ist das, was die ÖVP durch ihre Umwegkonstruktionen gemacht hat, und zwar egal ob es bei den Kleinen ist, über die WKO, oder im Großen, wo vor allem auch die Groß­spender der ÖVP ja dann auch die sind, die sich um die Hilfen angestellt haben. Dass bei der Cofag die parlamentarische Kontrolle ausgeschaltet werden soll, ist ja der Hinter­grund dessen, weil die Arbeit im Hintergrund über die Finanzämter läuft: Die Zahlen im Hintergrund sind ja dann eh über die Finanzämter gelaufen, die Kontrollen laufen über die Finanzämter. Natürlich passiert die Arbeit dort, weil es dort die Leute, das Know-how und das Personal gibt, aber es werden Konstruktionen geschaffen, um die Kontrolle in Wahrheit auszuschalten.

Ganz ehrlich: Wenn die ÖVP 15 Milliarden Euro im Dunkeln verteilt, unter anderem an ihre Großspender, dann ist Misstrauen angebracht. Da ist es ganz wichtig, dass wir dort den Scheinwerfer hinhalten und dort Licht in das hineinbringen, was die ÖVP im Dunkeln machen will. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von FPÖ und NEOS.)

Wir wissen ja aus dem Untersuchungsausschuss, wie die ÖVP mit den Wünschen ihrer Großspender umgeht, egal ob das bei den Privatspitälern oder anderswo ist – etwa bei der Premiqamed, die sich mehr öffentliche Gelder gewünscht haben und sich gleich hingesetzt haben und mit Minister Löger und mit Minister Blümel den Gesetzestext ausverhandelt haben, was dazu führt, dass der Großspender pro Jahr 5 Millionen Euro mehr aus öffentlichen Geldern erhält. (Zwischenruf des Abg. Strasser.) – Das ist pas­siert, das ist dokumentiert, das weiß auch die Staatsanwaltschaft, die WKStA. Ich weiß, die mögen Sie nicht. Die schaut Ihnen nämlich auf die Finger, und das ist gut so. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir wissen auch genau, wie das bei der Novomatic war und ist. Ich meine, hinter mir sitzt ja quasi ein Symbolbild für ÖVP und Novomatic. Es ist vollkommen egal, was der Herr hinter mir macht, immer steht einer von der Novomatic mit der Kreditkarte um die Ecke und zahlt die Spesen. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Wenn er gerade irgendwo dirigiert – die Novomatic zahlt die Spesen. Wenn er gerade irgendwie bei einem Verein, bei einem vorwissenschaftlichen Institut präsidiert – die Novomatic zahlt die Brötchen. Wenn er Parteisitzungen abhält und sich einen Referenten einlädt: Wer zahlt das Honorar? – Die Novomatic. Es ist nie direkt eine Spende, immer über Umwege, verdeckt, heimlich im Dunkeln.

Wir wissen wie Minister Blümel hüpft, wenn er ein SMS vom Novomatic-Chef bekommt. Wir haben ein kleines Problem in Italien – dann kommt gleich das SMS: „Tu es für mich“. Hilf doch! (Ruf bei der ÖVP: Das ist eine Unterstellung!) – Was ist eine Unterstellung? Was ist eine Unterstellung? Der Minister hat selbst gesagt, das macht er jeden Tag, dass er Firmen hilft, Steuern zu sparen, wenn sie Steuern zahlen sollten. Er hat gesagt, das macht er jeden Tag. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn die ÖVP Milliarden Euro verteilt – auch an ihre Großspender –, geht es nicht darum, dass Vertrauen gut ist, da geht es darum, dass Kontrolle besser ist. Und Sie wollen uns als Parlament diese Kontrolle verbieten, bieten uns einen sogenannten Beirat an, in den einer von jeder Fraktion hineingehen darf. Der darf dann auch Einsicht in die Bücher nehmen. Wisst ihr aber, was passiert, wenn er dort hineineingeht? – Man näht ihm den Mund zu! Das ist, was passiert. (Ruf bei der ÖVP: Ja, genau!) Er darf mit niemandem darüber sprechen, was er sieht. Und ich sage Ihnen eines – und da schaue ich auch zu den Grünen –: Glauben Sie wirklich, dass Gabi Moser in einen Buwog-Vergabebeirat gegangen wäre, wenn ihr beim Eingang der Mund zugenäht worden wäre? (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von FPÖ und NEOS.)

Die hätte sich dagegen gewehrt und hätte gesagt: Da gehe ich doch nicht rein! Ich lasse mir doch als Parlamentarier nicht den Mund verbieten. Ich bin hier für Kontrolle, ich bin hier für Sauberkeit, und ich bin hier für Ordnung. Ich schaue mir die Sachen genau an, und dann rede ich über das, was ich dort sehe.

Dieser Beirat verbietet dem, der dort hineingeht, zu reden, und ich sage Ihnen: Kein Parlamentarier, der etwas auf sich hält, geht in diesen Beirat, sondern er stimmt endlich zu. Seit Mai liegt der Vorschlag am Tisch, und Sie vertagen hier immer nur die Kontrolle. Jeder Parlamentarier, der etwas auf sich hält, stimmt dafür, dass die Kontrolle startet, und nicht dafür, dass sie vertagt wird, stimmt zu, dass die ÖVP nicht mehr im Dunkeln Milliarden ohne Kontrolle durch das Parlament vergeben kann. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von FPÖ und NEOS.)

15.52

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Leichtfried. – Bitte.

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