23.10

Abgeordnete Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Frau Ministerin! Werte Kollegen und Kolleginnen! Machen wir uns nichts vor: Es ist tatsächlich so, dass die Demokratie als Regierungsform weltweit auf dem Rückzug ist. Auch wenn sich die Menschen beispielsweise in Belarus mittlerweile seit August zu Hundert­tau­senden gegen einen Autokraten erheben, auch wenn sich die Bürger und Bürgerinnen Hongkongs mit allen Mitteln gegen den Raub ihrer demokratischen Rechte wehren und auch wenn vor nicht allzu langer Zeit der Diktator im Sudan gestürzt worden ist, ist die Situation insgesamt recht ernüchternd.

Seit 2006 registrieren Nichtregierungsorganisationen wie Freedom House sogar eine traurige Trendwende: Die Zahl der Länder, in denen die Demokratie Fortschritte macht, nimmt ab, und die Zahl der Länder, in denen die Demokratie demontiert wird, nimmt leider zu. Das betrifft die ganze Welt. Ja, wir haben auch in Europa traurige Beispiele wie Polen oder Ungarn. Und ja, auch ich – gerade ich – und die grüne Fraktion haben immer schon vor genau diesen Entwicklungen auch in Österreich gewarnt.

Umso stärker müssen unsere Anstrengungen sein, diesem autoritären Backlash entge­genzutreten, und dazu gehört natürlich die entschlossene Verteidigung der verfassungs­mäßigen Ordnung und des Rechtsstaats. Dazu zählt aber natürlich vor allem auch die Unterstützung all jener Personen, die oft unter Einsatz ihres Lebens und ihrer Freiheit darüber berichten, wie sich ihr oder ein anderes Land entwickelt, die sachlich und offen informieren, die kritisch kontrollieren, die den Mächtigen auf die Finger schauen und dabei jene bloßstellen, die ihre einflussreichen Positionen zum persönlichen Vorteil nutzen.

Kurz: Ohne freie Medien und JournalistInnen, die sich ihrer wichtigen Rolle bewusst sind, kann keine Demokratie funktionieren.

Mindestens 387 Journalistinnen und Journalisten und andere Medienschaffende saßen allein 2020, also im Vorjahr, nur aufgrund ihrer Arbeit im Gefängnis, mehr als die Hälfte von ihnen in nur fünf Ländern – die Länder wiederholen sich –: China, Saudi-Arabien, Ägypten, Vietnam und Syrien.

Natürlich müssen und dürfen wir dieser Entwicklung nicht tatenlos zusehen. Wir haben zahlreiche Möglichkeiten, diese Entwicklung nicht nur zu kritisieren, sondern konkrete Maßnahmen dagegen zu setzen, sei es über die Mitgliedschaft in internationalen Gre­mien wie dem UN-Menschenrechtsrat oder dem Unesco-Exekutivrat.

Wer sich für die Sicherheit von Journalisten und Journalistinnen einsetzt, der setzt sich klarerweise und gleichzeitig auch für die Verteidigung der Demokratie ein.

Es ist mir wichtig, Folgendes in diesem Rahmen auch zu sagen, damit es nicht nur die Opposition ist, die das erwähnt: Natürlich ist Pressefreiheit auch in Österreich nicht nur etwas Wichtiges, sondern auch etwas, das es stets zu verteidigen gilt. Und natürlich haben wir Grüne, aber auch unser Koalitionspartner da noch einige Hausaufgaben zu erledigen, und natürlich gehört das Verbieten von Zitaten aus Ermittlungsakten oder das Erschweren der Auswertung der Kommunikation nicht dazu, sondern im Gegenteil: Die Einschränkung der Pressefreiheit ist für uns, ist für Österreich, ist vor allem für uns Grüne nicht verhandelbar. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

23.14

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Brandstätter ist zu Wort gemel­det. – Bitte.